
Verfassungsschutzbericht: Radikalisierung im Schnelldurchlauf
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stellte am Donnerstag seinen Jahresbericht vor – und der hat Lücken. Unsere Analyse:
Ostritz: Die Massen blieben aus, die Pressefreiheit auch
Die zweite Auflage des Rechtsrock-Festivals „Schild und Schwert“ zog deutlich weniger Teilnehmer an, als das Neonazi-Event im April. Für Organisator Thorsten Heise ein Dämpfer, zeigt sich doch, dass der vielbeschworene Boom der rechtsextremistischen Musikszene auch Grenzen kennt. Allerdings schaffte es Heise erneut, sich als Macher zu inszenieren: Mithilfe juristischer Tricks und der Nachgiebigkeit einiger Polizeibeamter gängelte der NPD-Vize anwesende Pressevertreter und versuchte, die Berichterstattung einzuschränken.

Plauen: Fackelmarsch an Gedenktag
Am Montagabend zog der Dritte Weg erneut durch das vogtländische Plauen. Der Neonazi-Aufmarsch sorgte schon im Vorfeld für Aufsehen, da eine Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Deportation der Plauener Juden aufgrund von Sicherheitsbedenken abgesagt werden musste. Letztlich folgten dem Aufruf der Kleinstpartei nur etwa 150 Personen, während der Gegenprotest mindestens doppelt so viele Menschen auf die Straße brachte. Trotzdem drohen die Rechtsextremisten an Einfluss in der Region zu gewinnen und auch „Normalbürger“ schließen sich ihnen zunehmend an.

Chemnitz: Rechte Anschläge reißen nicht ab
Die Serie an mutmaßlich fremdenfeindlichen Straftaten in Chemnitz will scheinbar kein Ende finden. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag brannte ein türkisches Restaurant in der Stadt fast vollständig aus. Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Der Hintergrund der Tat ist noch unklar, allerdings häufen sich seit Beginn der Aufmärsche der rechtsextremen „Bürgerbewegung Pro Chemnitz“ Straftaten mit deutlichen Hinweisen auf rechtsextreme Motive.

Neonazi Tommy „Themar“ Frenck wegen Volksverhetzung verurteilt
Tommy Frenck, einer der zentralen Figuren hinter dem bundesweit bekannten Rechtsrock-Festival in Themar und Hildburghausener Ex-Landratskandidat, ist durch das Langericht Meiningen wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das Gericht sah es in einem Berufungsprozess als erwiesen an, dass Frenck aus Südthüringen volksverhetzende Videos auf Youtube hochgeladen habe. Frenck soll 2.500 Euro Strafe bezahlen. Die Verurteilung ist noch nicht rechtskräftig.

Polizeikarriere von Neonazi beendet
Die 27-jährige Polizeikarriere eines Berliners ist beendet. Das Bundesverwaltungsgericht entschied heute, dass das Land Berlin Andreas T. aus dem Beamtenverhältnis entfernen darf. Dem einschlägig bekannten Neonazi fehle die notwendige Verfassungstreue.

Rechtsrock-Großevent in Themar: „Wohlfühlzone“ für Neonazis
Gut 6.000 Rechtsrock-Fans, dutzendfache Hitlergrüße, „Heil“-Gegröhle und 17 indizierte Lieder – das thüringische Dorf Themar war am 14. Juli dieses Jahres eine „Wohlfühlzone“ für Neonazis. Strafrechtliche Konsequenzen blieben weitgehend aus, die Polizei führt 50 Ermittlungsverfahren, unter den Verdächtigen befinden sich „Szenegrößen“ wie die Sänger der Hassbands „Stahlgewitter“ und „Die Lunikoff Verschwörung“. Nach Behördenangaben waren außerdem Mitglieder von „Combat 18“, des militanten Arms des in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerkes, anwesend.

Harte Landung
Kaum einen AfD-Landesverband durchzieht ein derart tiefer Graben wie den niedersächsischen. Diese Streitigkeiten dürften nicht zuletzt ihren Anteil am vergleichsweise bescheidenen Abschneiden der selbsternannten Alternative bei der gestrigen, vorgezogenen Landtagswahl haben. 2,9 Prozentpunkte büßte die Mannschaft von Armin-Paul Hampel gegenüber der Bundestagswahl ein. Die NPD hingegen war in Niedersachsen erst gar nicht angetreten.

Radikale Neuausrichtung
Nach gut einem Jahr Landtagszugehörigkeit gab sich die AfD-Fraktion M-V in dieser Woche eine neue Führung. Viele der bisherigen „Köpfe“ wechseln nach der Bundestagswahl entweder nach Berlin oder haben die selbsternannte Alternative nach Streitigkeiten über den politischen Kurs verlassen. Nikolas Kramer, bislang eher Hinterbänkler, soll die angeschlagene AfD nun auf Kurs halten.

Fackelwurf auf Protestierende mit Haftstrafe geahndet
Am Neubrandenburger Amtsgericht wurde heute ein 48-Jähriger NPD-Anhänger zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich wurden dem Verurteilten 120 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt. Am 25. September 2015 hatte der Mann aus Holzendorf eine Fackel nach einer Gruppe Demonstrant:innen geworfen, die gegen eine Kundgebung der Neonazi-Partei protestierten.

YouTube sperrt 112 rechtsextreme Videos
Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Und doch darf das Vorgehen der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein als Erfolg gewertet werden. Innerhalb von zwei Tagen nahm YouTube nach einem Hinweis 112 indizierte Videos mit rechtsextremem Inhalt vom Netz.