Zweite Karriere
Ein Oberstleutnant a.D. und Stadtrat kennt keine Berührungsängste nach rechtsaußen.
Mit 1,2 Prozent der Stimmen schaffte eine Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) bei den Kommunalwahlen den Sprung ins Bonner Rathaus. An markigen Sprüchen besteht im Programm und den Veröffentlichungen der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) Bonn kein Mangel: Damit sich die Bürger „wohlfühlen“, trete sie für „mehr Polizeipräsenz“ und „gegen Unkunst“ ein, ließ sie die Wählerinnen und Wähler wissen. Auf ihrer Website behauptet die UWG, die sich „alten Werten“ wie „Ehre, Anstand und Treue“ verpflichtet fühlt, Deutschland werde von den Amerikanern „besetzt“ und „unterdrückt“. Und den Medien wirft sie vor, eine „an der Wahrheit ausgerichtete Berichterstattung“ sei von ihnen nicht zu erwarten. Schließlich handele es sich dabei um „Lizenzpresse = Besatzerpresse = Feindpresse“.
Einer der Verantwortlichen für diese scharfen Worte ist Claus Plantiko. Der 66-jährige Oberstleutnant a.D. war viele Jahre Referent im Bundesministerium der Verteidigung. Nach seiner Dienstzeit absolvierte er ein Jurastudium und ist seitdem als Rechtsanwalt tätig. 2004 kandidierte Plantiko für die von ihm angeführte UWG für das Amt des Oberbürgermeisters. Zwar erreichte Plantiko nur bescheidene 0,8 Prozent. Als Stadtrat gelang ihm allerdings der Sprung ins Rathaus.
Berührungsängste zeigt er weder in seinem neuen Beruf noch als Politiker. Als Anwalt vertritt Plantiko neuerdings auch Dominique Oster. Der 32-Jährige wurde 1999 für die NPD in den Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises gewählt. Im September 2004 trat er auf der Liste des extrem rechten Bündnis für Deutschland an und kandidierte in Siegburg für den Stadtrat. Oster wurde unmittelbar vor der Wahl wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung in Untersuchungshaft genommen. Plantiko, der sich von seiner Wählergemeinschaft einen „mutigen und entschiedenen Einsatz für seine Mandanten“ attestieren lässt, weil er „schon viele Male vor Gericht bewiesen hat, dass er den Feind auch dann anzugreifen wagt, wenn dieser unangreifbar zu sein scheint“, verbindet seine Tätigkeit für bekannte Rechtsextremisten allerdings auch mit einem grundsätzlichen Anliegen. Mandanten wie Oster, die er als „sog. Rechtsextremisten“ verharmlost, nehme er nicht zuletzt deshalb an, „weil die politische Klasse im ‘Kampf gegen Rechts’ Rechtsstaat, Meinungsfreiheit und auch Menschenwürde am meisten gefährdet“, behauptet er.
Ähnlich dürfte das vermutlich auch der UWG-Ratskandidat Josef Schüßlburner sehen, der unter anderem im Jahrbuch der Gesellschaft für freie Publizistik und in den „Staatsbriefen“ publiziert hat. Eine im April 2004 im „Lindenblatt Media Verlag“ erschienene Veröffentlichung, setzt sich mit dem „Demokratie Sonderweg Bundesrepublik“ auseinander. Der Regierungsdirektor (Jahrgang 1954), in der Abteilung Luft- und Raumfahrt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen tätig, kommt darin zu dem Ergebnis, dass dem politischen System der Bundesrepublik „totalitäre Tendenzen innewohnen“, die die demokratische Freiheit gefährdeten. Die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ lobte das 798 Seiten starke Werk als „überaus scharfsinnig“.
Plantiko wiederum schießt auch verbal regelmäßig über das Ziel hinaus: Weil er als Verteidiger in mehreren Verfahren Richter der Rechtsbeugung und eines verbrecherischen Tuns bezichtigt haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Beleidigung in vier Fällen gegen ihn. Und als der neue Stadtrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat, beschwerte er sich lautstark über das „Bonner Machtkartell“ und dessen „demokratiewidrige[s] Verhalten“, das ihm „Mitwirkungsrechte durch Ausgrenzung verweigern“ wolle.