Auch CSU mit dabei
Zirndorfer stellen sich in großer Zahl schützend vor ihre Flüchtlingseinrichtung
800 Menschen setzten am Samstag ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und stellten sich, trotz eines zwischenzeitlichen Regenschauers, zwischen die Zentrale Aufnahmeeinrichtung in Mittelfranken und aufmarschierende Rechtsextremisten. Auf deren Seite kamen trotz intensiver Werbung nur 25 Teilnehmer.

600 Teilnehmer und die Leute strömen ja immer noch, hieß es bereits 5 Minuten vor dem offiziellen Beginn von Seiten der Polizei. Der Marktplatz in der mittelfränkischen Kleinstadt war proppenvoll, als Almut Held, Dekanin der evangelischen Kirchengemeinde St. Rochus, die Kundgebung am Nachmittag „Zirndorf heißt willkommen“ eröffnete.
Zu der Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit hatten alle demokratischen Parteien bis hin zur CSU, die Gewerkschaft ver.di sowie kirchliche Gruppen aufgerufen.
Zirndorf lebt seit Jahrzehnten mit Flüchtlingen zusammen
Held blickte vor allem auf die jungen Flüchtlinge. Sie bräuchten einen Zufluchtsort, den sie in Zirndorf auch bekommen. Sie verdienten eine freundliche, zumindest von Toleranz geprägte Aufnahme und geben diese Freundlichkeit zurück, indem sie fleißig die Sprache lernten und mit einem Schulabschluss auch eine Lebensperspektive entwickeln. Die Kirchengruppe ihre Gemeinde begleitet und unterrichtet seit 28 Jahren Asylsuchende. Die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung (ZAE) wurde bereits 1955 eingerichtet und ist für 650 Personen ausgelegt. Sie legte auch nachdenkliche Töne an den Tag. Natürlich könne Fremdes Ängste erzeugen und in der Flüchtlingsfrage seien nicht immer nur richtige Entscheidungen getroffen worden. Sie warb für Begegnung, denn, wen man kennt, der ist einem nicht mehr fremd.
Nicht willkommen waren weder für Held noch für den nachfolgenden Redner, Jürgen Göppner von ver.di Mittelfranken, die Teilnehmer der anderen Demonstration des Tages von „Franken wehrt sich“. Der Gewerkschafter bezeichnete die Köpfe dahinter als „in der Szene bekannte Rechtsradikale“ und „braunen Wanderzirkus“ mit faschistoiden Gedankengut.
Bedrohung des Bürgermeisters im Vorfeld
Einig waren sich beide auch in der Ablehnung der Methoden, mit der offenbar Rechtsextremisten versuchte hatten, Stimmung und ein Gefühl der Bedrohung im Vorfeld zu verbreiten. Im Netz war ein Video kursiert, in dem ein Plakat der Veranstaltung in Flammen aufging, unterschrieben mit „Thomas Zwingel, aus der Traum, bald liegst du im Kofferraum“. Eine Botschaft an den 1. Bürgermeister der Kreisstadt.
Eine durchaus bekannte Methode der Einschüchterung. Als sich die Partei Die Rechte im unterfränkischen Stammheim ansiedeln wollte, wurden mehrfach Banner des zivilgesellschaftlichen Gegenbündnisses entwendet. Der Landesverband der Neonazi-Partei postete damals ein Video von der Zerstörung eines dieser Banner, ebenfalls eine Verbrennungsaktion. Es wurde ihnen angeblich zugespielt und sie bedankten sich für das „deutliche Signal“.
Im Anschluss an die Veranstaltung auf dem Marktplatz zogen die Teilnehmer zur ZAE, um sich schützend vor die Bewohner zu stellen und warteten auf die angekündigte rechtsextreme Demonstration.
Brauner Wanderzirkus
Die Veranstaltung in Zirndorf ist die erste Aktion der unterfränkischen Aktivistin Monique Schober unter dem Label „Franken wehrt sich“, hervorgegangen aus dem früheren „Schweinfurt wehrt sich“. Wie schon bei ihren früheren Kundgebungen bleibt sie dem Prinzip treu, nur Rednern aus der rechtsextremen Szene zu Wort kommen zu lassen. Neben den angekündigten Dan Eising (Die Rechte / Nügida)
und David Köckert (Es-Organisationsleiter NPD Thüringen / Thügida) ist es am gestrigen Samstag noch Bernd Zeitler, aktiv bei einer „Kameradschaft Unterfranken“. Sein T-Shirt mit der bezeichnenden Aufschrift „Südtirol bleibt deutsch“ wird vom einschlägig bekannten „Bund Frankenland e.V.“ vertrieben. In seiner EU-feindlichen Rede, deren schädlichen Charakter er durch Comedian Mario Barth belegt sah, ging es nicht ohne Drohung ab, für die er bezeichnenderweise das Mikro weg legte. Eines Tages, so seine Prophezeiung, würden „die Völker Europas“ die EU-Politiker richten und dann könne ihnen nur noch Gott gnädig sein.
Alles war an dem Tag größer als die Neonazi-Demo
Schober und Eising hatten einiges in die seit mehreren Wochen bekannte Veranstaltung investiert. Angeblich wollten Unterstützer mehrere tausend Flyer verteilt haben. Schon die Anmeldung für angeblich 50 Personen nahm sich dem gegenüber doch sehr bescheiden aus, doch nicht mal die Zahl wurde erreicht. Mit dem offenbar alleine aus Thüringen mit dem Thügida-Mobil - angeschafft vom völkischen Liedermacher Frank Rennicke - angereisten Köckert brachte es Gruppe auf ganze 25 Teilnehmer. Darunter befanden sich mit Thomas Rohr und Rainer Biller einschlägig bekannte Aktivisten der Partei Die Rechte. Biller hatte in seiner früheren Zeit eine Verurteilung gesammelt für Verhöhnung eines NSU-Opfers, Rohr bediente sich bei seinen Reden eindeutigen NS-Jargon und forderte die Ausweisung aller, die nicht „deutschen oder artverwandten Blutes“ seien.
Am Sammelpunkte am Stadtpark stand dem Völkchen mit etwa hundert Gegendemonstranten eine deutlich größere Gruppe entgegen. Pünktlich zum „Spaziergang“ setzte dann allerdings ein heftiger Regenschauer ein, der die Neonazis über weite Teil der Strecke begleitete. Ohne die Straßensperrungen und die übermäßig laute Anlage am Thügida-Fahrzeug wäre den meisten Zirndorfern die Demonstration wohl vollkommen verborgen geblieben. Köckert und Eising bedienten aus dem trockenen Auto heraus die Umgebung mit allerlei Parolen. Vor der Erstaufnahmeeinrichtung hatte trotz des Regens die große Masse der Gegendemonstranten ausgeharrt und empfing die Neonazis mit einem lautstarken Pfeifkonzert. Köckert, als Direktor des „brauen Wanderzirkuses“ durchaus routiniert, versuchte mit den Gegnern zu spielen, was der guten Stimmung unter den Gegendemonstranten allerdings keinen Abbruch tat.
Rassistisch und fremdenfeindlich
An den Ausführungen von Dan Eising wurde der fremdenfeindliche und rassistische Charakter der Veranstaltung deutlich. Fremdenfeindlich, weil er sich nur über Straftaten von Ausländern echauffiert, rassistisch, weil er Staatsbürger mit Migrationshintergrund der „Ausländerseite“ zurechnete. Bürgermeister Zwingel war für ihn ein Schädiger des deutschen Volkes, der seine Arbeitszeit im Kofferraum liegend verbringen sollte. Eine Anspielung auf das Drohvideo.
Er warb für die anstehende Versammlung von Pegida Nürnberg am kommenden Donnerstag in Fürth. Deren Leiter Tegetmeyer hatte sich im Vorfeld von „Franken wehrt sich“ distanziert. Nach Reden und rechter Musik ging es zurück zum Stadtpark. Dort löste Schober die Veranstaltung auf und Eising bat die Teilnehmer noch um Spenden.