„Wutbürger“ unter neuem Namen

200 Begleitschützer „trauern“ in Köln mit Beleidigungen und Hass.

Mittwoch, 07. August 2019
Jennifer Marken

Die Ermordung eines achtjährigen Jungen am Frankfurter Bahnhof durch einen in der Schweiz lebenden Mann aus Eritrea hat ein Wiedererstarken diverser rechtspopulistischer und rechtsradikaler Gruppierungen zur Folge gehabt – auch in Köln.

2018 hatte der selbst ernannte „Begleitschutz Köln“ sowie die ihm zuzuordnende Facebook-Gruppe „Internationale Kölsche Mitte“ knapp zehn kleinere Kundgebung mit starker Hoolbeteiligung durchgeführt; so versammelten sich im November 110 „Wutbürger“ auf dem Kölner Neumarkt. (bnr.de berichtete) Bald dominierten dann neonazistische Kräfte die Gruppierung, so wurde bei den Auftritten in Köln mehrfach der Hitlergruß gezeigt. (bnr.de berichtete) Ende vergangenen waren die „Wutbürger“ dann öffentlich untergetaucht und hatten sich eine „Politikabstinenz“ aufgelegt.

Nach sieben Monaten, nach dem Mord, ist die Gruppe wieder zurück, allerdings unter neuem Namen: „Schützt unsere Kinder Köln“ nennt sich nun die Facebook-Gruppe. Dort wurde für die Kundgebung vor dem Kölner Hauptbahnhof massiv mobilisiert.

Gewaltdrohungen und Gebrüll

Am 2. August versammelten sich anfangs gut 200 „Wutbürger“ auf dem Domvorplatz hinter Sperrgittern, vorgeblich um um den getöteten Jungen zu trauern. Hierzu aufgerufen und diese wohl auch angemeldet hatte die Betreiberin eines Kerpener Tattoo-Sudios. Vor dem Sperrgitter versammelte sich in vorderster Reihe jedoch die altbekannte Mischung aus Hools, Türstehern und einzelnen Rechtsradikalen; es waren jedoch auch vereinzelt Familien mit Kindern da. In einem auf Facebook verbreiteten Demo-Aufruf durch Giordanos N., dem Vater der Tattoostudio-Betreiberin und Mitorganisator der Kundgebung, war von „Trauer“ eher wenig zu spüren. Vielmehr wütete er über „Fotzen“, „Linksfaschismus“, „Linkes Dreckspack“, über die „Wichser von der Antifa" und den „linksfaschistischen Staat", der die Rechten „fertigmachen“ wolle. Wir würden „umgebracht und es passiert nichts“. Verantwortlich hierfür seien „abgefuckten Wixer-Richter“, die „milde Urteile" fällten. Das Video erreichte binnen sechs Tagen 60.000 Aufrufe. In späteren Videos versuchte er moderatere Worte zu wählen.

Die von den Aufrufern erbetene weiße Kleidung trug nur ein kleiner Teil der Teilnehmer am Freitag. Auf der Kundgebung wurden Blumen und Kerzen auf dem Boden hinterlegt, es wurden auch zahlreiche Zettel mit Aufschriften verteilt und dann hochgehalten. Akustisch und szenisch dominierten jedoch Gewaltdrohungen und Gebrüll, zusätzlich angeheizt durch eine größere Anzahl von verbal stark provozierenden Mitgliedern „roter Gruppen“, die sich unter die gleichfalls 200 Gegendemonstranten gemischt hatten. Die Veranstaltung der selbst ernannten Frauen- und Kinderschützer schmolz nach bereits 30 Minuten sehr stark zusammen. Ein Teil der Teilnehmer fühlte sich offenkundig durch die permanenten Provokationen und verbalen Beleidigungen durch die Hools in der ersten Reihe abgestoßen und verließ die rechte Versammlung. Zu direkten Auseinandersetzungen kam es, bis auf eine kleine Szene am Bahnhofseingang, nicht, die Polizei war sehr stark präsent und hielt die beiden Gruppen auf Abstand.

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