Landtagswahl

Wer wählte warum die AfD in Niedersachsen?

Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen gelang der AfD nach einer Serie von Niederlagen wieder ein Erfolg. Man erhielt elf Prozent der Stimmen, noch dazu im Westen. Erstmals konnte die Partei auch wieder bei ganz jungen Wählern punkten. Der genaue Blick auf diese Entwicklung wie die anderen sozialen Spezifika der Wähler bleibt wichtig.

Dienstag, 11. Oktober 2022
Armin Pfahl-Traughber
Für Parteichef Tino Chrupalla dürfte der Wahlausgang nach etlichen Pleiten eine Genugtuung gewesen sein.
Für Parteichef Tino Chrupalla dürfte der Wahlausgang nach etlichen Pleiten eine Genugtuung gewesen sein.

Nachdem die AfD mehrmals hintereinander bei Landtagswahlen erhebliche Stimmenverluste verbuchen musste, gelang ihr bei den Landtagswahlen in Niedersachsen am vergangenen Sonntag erstmals wieder ein Wahlerfolg. Sie konnte ebendort 10,9 Prozent der Stimmen und damit ein Plus von 4,7 Prozent im Vergleich zur vorherigen Wahl verbuchen. Das waren 316.714 Stimmen. Nicht nur dieser Anstieg spricht für einen Erfolg: Erstmals seit 2018 gelang es auch in einem westlichen Bundesland wieder, ein zweistelliges Ergebnis vorzuweisen. Hinzu kommt noch als Einsicht, dass dafür fast nur externe und kaum interne Faktoren ausschlaggebend waren.

Mit internen Faktoren sind die Gegebenheiten um die jeweilige Partei selbst gemeint. Im niedersächsischen Parlament war es zuvor zu heftigen Konflikten gekommen, welche gar zum Verlust des Fraktionsstatus führten. Auf Bundes- wie Landesebene konnte man weder angesehene Personen noch überzeugende Programmalternativen präsentieren. Entscheidend waren hier die externen Faktoren.

Bekannte Auffälligkeiten bei Bildung und Geschlecht

Dies macht auch der Blick auf die soziale Zusammensetzung der Wähler deutlich, wobei dazu zunächst einmal die Basisinformationen präsentiert werden sollen. Es handelt sich dabei um Daten von infratest dimap. Meist bewegen sich die Angaben in Kontinuität zu früheren Wahluntersuchungen. Bei den folgenden Betrachtungen gilt es immer wieder, das Gesamtergebnis von 10,9 Prozent im Vergleich zu berücksichtigen. Demnach wählten hier Frauen mit acht unterdurchschnittlich und Männer mit 14 Prozent überdurchschnittlich stark die Partei.

Bezüglich der formalen Bildung gab es ebenfalls Kontinuität: Am wenigsten stimmten für die AfD die höher Gebildeten mit acht, am stärksten die mittel Gebildeten mit 14 Prozent und die geringerer Gebildeten lagen mit 11 Prozent in der Mitte. Auch hinsichtlich der Berufsgruppen gab es keine Besonderheiten. Arbeiter stimmten doppelt so stark wie im Bevölkerungsschnitt, hier genau mit 24 Prozent, für die Partei. Ansonsten lagen nur die Selbstständigen mit 13 Prozent knapp über dem Durchschnitt.

Junge Wähler überdurchschnittlich stark präsent

Besonderheiten ergaben sich dann aber hinsichtlich zweier Merkmale: Dazu gehörte zunächst das Alter, wo erwartungsgemäß die Gruppe der 35 bis 44-Jährigen mit 17 Prozent und dann die Gruppe der 45 bis 59-Jährigen mit 14 Prozent und die Gruppe der 25-34-Jährigen mit 13 Prozent jeweils überdurchschnittlich für die AfD votierten. Bei den Älteren gab es demgegenüber die geringste Zustimmung, bei den 60 bis 69-Jährigen neun Prozent und bei den über 70-Jährigen fünf Prozent. Die Besonderheit bestand hier darin, dass auch die 18 bis 24-Jährigen mit 12 Prozent überdurchschnittlich stark die Partei wählten.

Diesbezüglich verhielt es sich bei den früheren Wahlen anders, gehörten doch die ganz Jungen und ganz Alten zu den Wählern mit der geringsten Neigung zur AfD. Ob sich hier eine Änderung abzeichnet oder es sich nur um einen Zufall handelt, wird die Zukunft zeigen. Ansonsten wurde bezüglich der religiösen Ausrichtung auch die Kategorie „muslimisch“ aufgenommen: Davon soll die AfD von 8,1 Prozent gewählt worden sein. Hierfür gilt das Gleiche.

FDP verliert am meisten Stimmen an die AfD

Beachtung verdient darüber hinaus noch, woher die AfD ihre Stimmen bezog. Die CDU und die FDP verloren jeweils 40.000 Stimmen an sie. Berücksichtigt man, dass die FDP die kleinere Partei ist, war sie hauptsächlich negativ von dieser Wählerwanderung betroffen. Auch die SPD verlor 25.000 Wähler an die AfD, während die Grünen offenbar von diesem Trend gar nicht betroffen waren. Wie bereits ausgeführt, bilden eher externe Faktoren die Gründe für die Wahl der Partei.

Die Frage, ob man die AfD gewählt hat, weil man überzeugt von dieser Partei ist, bejahten 38 Prozent, und die Frage, ob man so seine Enttäuschung von anderen Parteien artikuliere, 53 Prozent. Besorgnis über die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland äußerten im Bevölkerungsschnitt 75 Prozent, von den AfD-Wählern aber 93 Prozent. Unzufrieden mit der Demokratie waren im Durchschnitt 39 Prozent, von den AfD-Wählern 83 Prozent. Demnach profitiert man auch von entsprechenden Einstellungen, aber primär von der Krise und damit verbunden Stimmungen.

Grafiken zur AfD-Wählerschaft bei der Tagesschau

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