Sozialstruktur der Wählerschaft
Wer wählte (noch) die AfD in Schleswig-Holstein?
Die AfD blieb bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein unter fünf Prozent der Stimmen, womit man wohl auf die aktuelle Stammwählerschaft beschränkt blieb. Doch worin bestehen deren sozialstrukturelle Besonderheiten? Eine Analyse der Ergebnisse der Wahlforschung informiert darüber, wie es hier um Besonderheiten wie Berufstätigkeit, Bildung, Geschlecht oder Lebensalter steht.

Erstmals flog die AfD wieder aus einem Landtag hinaus, erhielt sie doch am 8. Mai in Schleswig-Holstein nur noch 4,4 Prozent der Stimmen. Dieses Ergebnis ist angesichts der Geschichte der Partei bemerkenswert, konnte sie doch in den letzten Jahren kontinuierlich in alle Landesparlamente einziehen. Ein Einbruch bei dieser Entwicklung zeichnete sich gleichwohl bereits bei den vorherigen Wahlen zumindest im Westen ab. Die AfD musste auch bei den Bundestagswahlen einen Rückgang ihrer Stimmenzahl hinnehmen. Indessen blieb man mit einer Fraktion in den Parlamenten präsent, was eben seit den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein nicht mehr so ist.
Auf die AfD entfielen dort nur noch 61.169 der hier entscheidenden Zweitstimmen, also 25.542 weniger als noch 2017. Dies entsprach 4,4 Prozent und damit einem Rückgang um 1,5 Prozent der Stimmen. Die Daten der Forschungsgruppe Wahlen und von infratest dimap liefern auch hier Informationen darüber, wie sich die eher gefestigten und verbliebenen Wähler sozialstrukturell zusammensetzen.
Frauen stimmten nur unterdurchschnittlich für die Partei
Dabei ergeben sich, es sei hier schon zu Beginn gesagt, keine besonderen Überraschungen. Für die folgenden Betrachtungen ist es wichtig, sich immer den Durchschnittswert von 4,4 Prozent zu merken. Denn demnach war mit 3,0 Prozent der Frauenanteil unterdurchschnittlich und mit 5,7 Prozent der Männeranteil überdurchschnittlich. Auch die Alterszusammensetzung entsprach den bisherigen Erfahrungen, war doch die Gruppe der 30 bis 44-Jährigen und 45 bis 59-Jährigen mit 6,6 und 5,1 Prozent überdurchschnittlich und die Gruppe der 18 bis 29-Jährigen und ab 60-Jährigen mit 3,8 und 2,8 Prozent der Stimmen unterdurchschnittlich präsent.
Eine Besonderheit zeigte sich indessen bei der formalen Bildung, wo die Anteile für Hauptschulabschluss und Mittlere Reife mit 4,6 und 5,4 Prozent leicht überdurchschnittlich waren. Aber auch bei der Hochschulreife gehörten 4,3 Prozent zu den Wählern, was eine bei zukünftigen Analysen beachtenswerte Feststellung ist. Beim Hochschulabschluss waren es indessen nur 2,0 Prozent, also ein stark unterdurchschnittlicher Wert.
Arbeiter als bedeutendste Berufsgruppe
Die Arbeiter bildeten die bedeutendste Berufsgruppe mit 6,8 Prozent, während etwa Beamte und Landwirte nur zu 3,7 und 1,0 Prozent in diese Richtung votierten. Gewerkschaftsmitgliedschaft hatte hier auch keine immunisierende Wirkung, stimmten doch 4,6 Prozent der Mitglieder und 4,1 der Nicht-Mitglieder für die Partei. Bei den Arbeitern als Gewerkschaftler lag mit 5,1 Prozent der Wert sogar besonders hoch. Auch hier hat man es aber nicht mit neuen Entwicklungen zu tun, liegen sie doch im Trend der früheren Wahlen.
Beachtenswert sind aber wieder die Abwanderungen, denn 9.000 ehemalige AfD-Wähler wechselten zur CDU, 6.000 zur FDP und 1.000 zu den Grünen. Demgegenüber gewann die AfD von der SPD 1.000 Stimmen. 7.000 ehemalige AfD-Wähler beteiligten sich nicht mehr an der Wahl. Auch an andere Parteien verlor man 13.000 Stimmen, inwieweit davon „Die Basis“ als Partei, die gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung agitiert, mit ihren 1,1 Prozent profitieren konnte, lässt sich aus den Wahldaten nicht ableiten.
Geringe Aufnahmebereitschaft für ukrainische Flüchtlinge
Wie es sich allgemein bei solchen Erhebungen zu den Wählern verhält, lassen sich daraus kaum Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Motivation ableiten. Auffällig ist die Einschätzung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage in Schleswig-Holstein, die von den Anhängern der anderen größeren Parteien alle mehrheitlich sehr gut oder gut eingeschätzt wurde. Bei der AfD verhielt es sich umgekehrt, hier äußerten 73 Prozent weniger gut oder schlecht.
Auch in einer anderen Frage gab es erkennbare Unterschiede: der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Während bei den Anhängern der anderen Parteien 80 Prozent und mehr dafür waren, lehnten dies bei der AfD 44 Prozent ab, während aber immerhin noch 38 Prozent dafür waren. Bilanzierend hat sich also die Sozialstruktur der Wählerschaft kaum verändert. Das Ergebnis steht auch nicht allgemein für den Niedergang der Partei, gleichwohl hat sie offenkundig bei Kandidaturen in den westlichen Ländern größere Probleme. Ohne ein eigenes Agitationsthema steht es indessen um die Mobilisierung von Wählern schlecht.