Anfrage im Landtag

Wer oder was sind die Bavarian Vikings?

Rund 150 Polizisten waren im März dieses Jahres ausgerückt, um eine Durchsuchungsaktion durchzuführen bei einer Gruppe, von der vorher und nachher nichts zu hören war. Eine Anfrage im Landtag brachte nun etwas Licht ins Dunkel. Die Fragen bleiben.

Freitag, 01. Dezember 2017
Thomas Witzgall
Der Gruppe, die sich "Bavarian Vikings" nennt, wird von Seiten der Behörden vorgeworfen, sie hätten sich mit Elektroschockgeräten ausrüsten wollen. Symbolbild. Schiff: (C) Егор Власенко@123rf.com / Elektroschocker (C)  Aleksei Diuzhov@123rf.com
Der Gruppe, die sich "Bavarian Vikings" nennt, wird von Seiten der Behörden vorgeworfen, sie hätten sich mit Elektroschockgeräten ausrüsten wollen. Symbolbild. Schiff: (C) Егор Власенко@123rf.com / Elektroschocker (C) Aleksei Diuzhov@123rf.com

Eine Körperverletzung mit zwei ausländischen Opfern soll damals die Ermittlungen ins Laufen gebracht haben, die sich schnell ausweiteten. Von der Razzia am 14. März waren 21 Objekte, Wohnhäuser und Arbeitsstätten in drei Bundesländern betroffen. Der Verdacht damals wie heute lautet auf Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, bestehend aus Angehörigen der rechtsextremen Szene. Nur von dem Namen hatte vorher noch kein Szenebeobachter gehört. Anders als etwa im Fall der rechtsterroristischen „Oldschool Society“ (OSS) wurde auch danach nichts bekannt, keine führenden Personen oder Gruppe in einem sozialen Netzwerk.

Eher Bürgerwehr als Terroristen

Was es unter dem Namen im Netz gab, war ein „Professional Softair Sports Team“, das nichts mit der Sache zu tun hatte und einige Mühe hatte, den Verdacht zu zerstreuen. Die eigentlichen Beschuldigten bleiben unsichtbar. Kein Lokalreporter hat, soweit gesehen, Wind von der Durchsuchung bekommen und Näheres publiziert, wobei auch die Vorwürfe gegen die „Vikings“ deutlich niedriger angesiedelt sind als bei der OSS oder der Bamberger Gruppe, die Anschläge planten oder geplant haben sollen. Das Vorhaben der Gruppe soll es gewesen sein, sich in Tschechien mit Schlagringen und Elektroschockgeräten einzudecken, was nach hochgerüsteter Bürgerwehr klingt.

Der Tag der Razzia brachte vor allem dem bayerischen Innenminister wieder die Gelegenheit, sich als Mann der inneren Sicherheit zu präsentieren. Bayern dulde keinerlei rechtsextremen Umtriebe. Selbst bei geringsten Verdachtsmomenten würden alle Mittel des Rechtsstaats zum Einsatz kommen, verkündete der Minister. Besonders hinter die erste Aussage darf allerdings ein großes Fragezeichen gesetzt werden. Mindestens 230 öffentliche Auftritte von diversen rechtsextremen Gruppen zählten die bayerischen Sicherheitsbehörden seit 2016 (ohne Pegida), teilweise wurde ein Katz- und Mausspiel betrieben und viele Aktionen liefen an den Behörden vorbei. Angehörige des III. Wegs und einer Gruppe „Soldiers of Odin“ laufen teilweise in gleichartiger Kleidung Streifen und reklamieren für sich, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen.

Schwerpunkt in Neustadt an der Donau

Eine Anfrage im Bayerischen Landtag, gestellt von Florian Ritter, Sprecher der SPD-Fraktion für die Bekämpfung des Rechtsradikalismus, brachte nun etwas mehr Informationen, auch wenn weitergehende Fragen nicht beantwortet wurden.

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Es gibt mittlerweile 21 Beschuldigte. Bis auf einen Verdächtigen aus Bielefeld und einen aus Bernau im Landkreis Barnim in Brandenburg sind alle wohnhaft in Bayern. Der Schwerpunkt liegt mit sieben Beschuldigten, und damit einem Drittel, in Neustadt an der Donau im Landkreis Kelheim. Es wird weiterhin jeweils gegen zwei Personen aus Fürstenfeldbruck und Bamberg ermittelt. Jeweils einen Beschuldigten gibt es in Eichenau und Mammendorf (jeweils Landkreis Fürstenfeldbruck), Starnberg, Baar-Ebenhausen (Landkreis Pfaffenhofen), Augsburg, Weiden, Abensberg (Landkreis Kelheim) und Schweinfurt. So querbeet, wie die Verdächtigen verteilt sind, deutet das auf eine Bekanntschaft über das Internet hin.

Bei der Razzia seien teilweise Gegenstände mit rechtsextremem Bezug gefunden wurden, genannt werden in der Antwort auf die Anfrage allerdings nur fünf Hakenkreuzfahnen, ein Abzeichen mit Lebensrune und eine Notiz mit Hakenkreuz. Eine relativ geringe Ausbeute für ein solch große Gruppe. Keinerlei Auskunft gibt das antwortende Justizministerium auf die Frage, ob Kontakte der „Vikings“ zu anderen rechtsextremen Gruppen festgestellt wurden. In der Pressemitteilung des Innenministeriums war von diversem Propagandamaterial der rechtsextremen Szene die Rede, das bei der Razzia sichergestellt wurde, was normalerweise auf Aufkleber, Flyer oder Broschüren hindeutet. Auch hierzu gibt es keine Antwort, was einerseits mit dem laufenden Verfahren und dem Interesse an einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege begründet wird.

Die größten Fragen also bleiben. Wer oder was sind die Bavarian Vikings. Es bleibt wohl nur, auf den Abschluss der Ermittlungen zu warten.

Kategorien
Tags