„Vorbildlicher Kampf“

Die militante „Kameradschaft Aachener Land“ feiert ihr zehnjähriges Bestehen – immer wieder wird ein Verbot der Neonazi-Schlägerbande gefordert, die über Jahre sehr eng mit der regionalen NPD kooperierte.

Donnerstag, 02. Februar 2012
Michael Klarmann

Sie ist eine der ältesten aktiven Neonazi-„Kameradschaften“ in Deutschland, die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL). Nach ihrer Lesart wurde sie am 1. Februar 2002 gegründet. Zu diesem zehnjährigen Bestehen gratulieren per Videobotschaft einflussreiche Neonazis.

So lobt einer der Mitbegründer des Konzeptes der „freien Kameradschaften“, jener als „Organisation ohne Organisationen“ skizzierten und gegen staatliche Verbote oftmals resistenten Neonazi-Organisationsstruktur, Thomas „Steiner“ Wulff, den „vorbildlichen Kampf“ der KAL „um das Reich“. Axel Reitz lobt via Videobotschaft, er „freue“ sich darüber, dass die KAL „trotz Terror und Verfolgung, trotz Diffamierung und Lügen in den Medien als auch staatlichen Drucks immer noch die Fahne eines deutschen Sozialismus und einer völkischen Wiedergeburt unseres Vaterlandes“ hoch halte. Andere Gratulanten sind die Neonazis Dieter Riefling, Sven Skoda und Ingo Haller.

Sprengstoffdelikte und Geiselnahme

Eigentlich wurde die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) 2001 ins Leben gerufen, allerdings gibt sie seit geraumer Zeit selbst an, erst 2002 gegründet worden zu sein. KAL-Mitglieder fielen von Anbeginn durch zahlreiche Straftaten wie Körperverletzung, Sachbeschädigungen, Propagandadelikten, Bedrohungen und Volksverhetzungen auf. Mehrere aktive und ehemalige Mitglieder blicken auf zahlreiche Verurteilungen vor Gericht und sogar Haftstrafen zurück. KAL-Anhänger machten zudem schon wegen Sprengstoffdelikten (bnr.de berichtete) http://www.bnr.de/content/pyrotechniker-verurteilt) und einer Geiselnahme (bnr.de berichtete) http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/rassistisch-motivierte-bluttat) von sich reden. Wegen des radikalen Auftretens der Gruppe wurde wiederholt deren Verbot gefordert, derzeit fordern die Stadträte mehrerer Städte in der Städteregion Aachen erneut das Verbot der KAL.

Doch auch wenn die KAL zeitweise im früheren Kreis Aachen und der heutigen Städteregion Aachen besonders aktiv war, so orientiert sich das „Aachener Land“ im Namen an den alten Landkreis Aachen, zu dem auch der Kreis Düren gehört. Sowohl die beiden Gründer als auch der aktuelle Kopf der Neonazi-Gruppe, der einschlägig vorbestrafte „Kameradschaftsführer“ René Laube aus Vettweiß, haben ihre Wohnsitze im Kreis Düren. Auch der mehrfach strafrechtlich aufgefallene Denis U., der wegen „Wiederholungsgefahr“ in Untersuchungshaft sitzt und erst kürzlich wieder verurteilt wurde (bnr.de berichtete) http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/haft-fuer-bewaehrungsversager), wohnt in Düren. Unter Mitarbeitern des Landesverfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen galt U. bis zu seiner Festnahme als „Hirn“ und „Stratege“ der KAL.

Sprühaktionen  zu „Führers Geburtstag“

Zu dem „Aachener Land“ zählt für die KAL auch der Kreis Heinsberg, wo die Neonazi-Bande in den letzten Jahren auch vermehrt mit Sprühaktionen, Bedrohungen und Gewalttaten in Erscheinung trat.

Die KAL organisierte in den letzten Jahren zudem gemeinsam mit der NPD oder anderen Neonazis Aufmärsche in der gesamten Region. Zudem veranstaltete die KAL im Umland Treffen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden und die konspirativ vorbereitet wurden. Neben sich an den Nationalsozialismus orientierenden „Erntedankfestfeiern“, „Heldengedenken“ und „Julfesten“ war die KAL in den letzten Jahren auch verantwortlich für das „Schlageter-Treffen“, in dessen Rahmen jährlich der nationalsozialistischen Märtyrerfigur Albert Leo Schlageter gedacht werden soll.

2010 und 2011 kam es rund um den 20. April („Führers Geburtstag“) zu Sprühaktionen der KAL, in denen Adolf Hitler gehuldigt respektive ihm „gratuliert“ wurde. Auch auf ihrer Internetseite „gratulierte“ die KAL Hitler schon auf strafrechtlich relevanter Weise anlässlich des „Führer Geburtstags“. Unterdessen steht die Homepage wegen zahlreicher solcher Delikte auf dem Jugendschutzindex. (bnr.de berichtete http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/verhetzende-webseite)

Verschiedene Ämter in der NPD

Lange Jahre über kooperierte die auf rund 20 bis 30 aktive Mitglieder geschätzte Neonazi-Schlägerbande dabei sehr eng mit der regionalen NPD, was auch an der Doppelmitgliedschaft von Laube deutlich wurde. Der „Kameradschaftsführer“ bekleidete bis zum Streit mit dem NPD-Landesverband im Jahre 2010 seit vielen Jahren auch verschiedene Ämter regionaler NPD-Verbände: er war etwa stellvertretender Vorsitzender in den Kreisverbänden Aachen und Düren sowie Vorsitzender des NPD-Ortsverbandes Rhein-Erft. Auch Denis U. gehörte zeitweise dem Vorstand des NPD-Kreisverbandes Düren an. Laube wurde 2011 im Zuge eines Parteiausschlussverfahrens aus der NPD ausgeschlossen. (bnr .de berichtete http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/verdiente-mitstreiter-geschasst)

Bei dem Machtkampf zwischen der NPD in Düren und der KAL auf der einen und dem NRW-Landesverband der NPD auf der anderen Seite (bnr.de berichtete) http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/unertraeglicher-weichspuelerkurs) drohte die KAL indirekt 2010 dem Landesvorsitzenden Claus Cremer und dem Stolberger Beisitzer im NPD-Landesvorstand, Willibert Kunkel, Gewalt an. 2011, kurz vor Laubes Parteiausschluss, kam es denn auch im Zuge des Streites zu Handgreiflichkeiten zwischen KAL-Leuten und Kunkel. (bnr.de berichtete) http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/handgreiflichkeiten-in-der-szene)

Angeblich will die KAL in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Gerüchten zufolge könnte dies einerseits am kommenden Wochenende im Rahmen eines Neonazi-Treffens geschehen; anderen Gerüchten zufolge gab es Pläne, erst im Verlauf des Jahres eine größere Feier dazu abzuhalten.

 

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