Völkische Erlebniswelt

Das völkische Hochzeitspaar, Foto: Otto Belina
Zuerst erschienen beim „blick nach rechts“
Am Ortseingang von Jamel versammelten sich am Samstag gegen 13.00 Uhr die ersten Hochzeitsgäste. Alles was Rang und Namen hat im Umfeld der NPD in Westmecklenburg fand sich nach und nach ein: darunter die Abgeordneten David Petereit, Stefan Köster deren Mitarbeiter Frank Klawitter und Torgai Klingebiel, der Lübtheener Andreas Theißen, sowie Alf und Manfred Börm. Allesamt kamen sie mit ihren festlich gekleideten Familien. Als Trauzeuge des Brautpaares Tino Streif und Silke T. fungierte eine Freundin aus dem Dorf sowie das dortige politische Oberhaupt Sven Krüger. Streif, Vater von zwei kleinen Kindern, Maschinenbauingenieur, kandidierte mehrfach für die NPD und war eine Zeitlang NPD-Kreisvorsitzender in Nordwestmecklenburg. Seine Ehefrau Silke verkleidete sich 2011 bei einem Neonazi-Aufmarsch am 1. Mai mit einer Maske als Ministerpräsident Erwin Sellering.
Ein Gemälde mit der Aufschrift „Dorfgemeinschaft Jamel – frei, sozial und national“ ziert den Ortskern von Jamel. An der einzigen Kreuzung des Dorfes steht ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Braunau am Inn 855 km“. Für Krüger und seine Frau diente der Dorfplatz schon als Ort von Feiern. An diesem Tag aber verließen die Rechten mit ihrem Angehörigen den Ort. Gemeinsam fuhr eine verlesene Auswahl der Gäste im Konvoi zum nahen Hainbuchenwald Richtung Neu Jassewitz. Dort wurden die Fahrzeuge geparkt und Ehepaar und Gäste begaben sich zum ausgewählten Ritualplatz. Bei Sonnenschein wurde nach naturreligiösem Brauchtum dann wohl die so genannte „Eheleite“ vollzogen. So feiern zahlreiche völkische Neonazi-Paare den rituellen Beginn ihrer Hochzeit.
Eine „nationale Gegenkultur“ schaffen
Den nötigen „Eheleuchter“ mit Inschriften liefern Szene-Handwerker wie der Steinmetz Ilja Gräser aus Klaber. Die „Sippen“ (Familien) der Partner stellen sich zumeist auf einer Lichtung auf. Dann soll ein „Kultleiter“ die Zeremonie anführen, er verbindet die Hände des Paares symbolisch mit einem „Runenband“. Danach wird oft die Verbindung mit einem „Thorshammer“ geweiht und anschließend werden die Ringe getauscht. Nach altem Brauch adoptiert die „Sippe“ des Mannes die „sippenfremde“ Frau.
Der mehrfach vorbestrafte Sven Krüger war Trauzeuge Streifs, Foto: Otto Belina
Ehemalige Mitglieder der „Heimattreuen Deutschen Jugend“
An diesem Samstag Anfang Mai rollten mehrere Bullis, auch ausgemusterte deutsche Militärfahrzeuge neben Limousinen heran. Der Aufkleber der rassistischen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ war zu sehen. Viele Frauen und Mädchen trugen Zöpfe, Dirndl oder lange Gewänder. Die Männer ausrasierte Nacken und Scheitel. Auch glatzköpfige Anhänger der regionalen Kameradschaftsszene waren dabei. Kinderwagen wurden entladen. Auf dem Hof brutzelte ein großes Schwein über einem Feuer. Die JN-Aktivisten Julia Thomä und Andreas Kolb kamen an sowie auch Stephan Jandzinsky-Joecke aus Teldau. Der NPD-Anhänger kümmerte sich lange um das „Thinghaus“ in Grevesmühlen und zeigte sich dort auch schon mal in einem Shirt, auf dem die Unterschrift Adolf Hitlers abgebildet ist. Etwas am Rand standen zwei ehemalige Mitglieder der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) in schwarzen Zimmermannshosen. Der eine reiste aus Heringsdorf in Brandenburg an, der andere studiert in Mecklenburg-Vorpommern: Ragnar Dam. Der ehemalige Biologe wurde bekannt weil er in Niedersachsen eine „rassepolitische Schulung“ mit Jugendlichen mit durchgeführt hatte und dafür rechtskräftig verurteilt worden war. Im Laufe des Nachmittags spielte ein Akkordeonspieler auf und die ganze Schar begann den Rundtanz zu tanzen, den viele von ihnen von der inzwischen verbotenen HDJ her kannten.Kategorien