„Bund für Gotterkenntnis“

Völkische unter Beobachtung

Der rechtsextreme „Bund für Gotterkenntnis“, der sich auf die Thesen der Antisemitin Mathilde Ludendorff beruft, orientiert sich zunehmend nach Süddeutschland. Die dortige Immobilie der „Ludendorffer“ gerät vermehrt ins Blickfeld der Öffentlichkeit.

Donnerstag, 23. Februar 2023
Julian Feldmann
Das vom Verein betriebene „Heim Hohenlohe“ im württembergischen Herboldshausen, Foto: Julian Feldmann
Das vom Verein betriebene „Heim Hohenlohe“ im württembergischen Herboldshausen, Foto: Julian Feldmann

Während bei den „Ostertagungen“ des „Bund für Gotterkenntnis“ (BfG) im niedersächsischen Dorfmark (Heidekreis) vor der Corona-Pandemie stets dreistellige Teilnehmerzahlen zu verbuchen waren, scheint die Zahl aktiver Ludendorff-Anhänger bei den Veranstaltungen zu schwinden. Wegen Corona-Beschränkungen fielen die „Ostertagungen“ 2020 und 2021 aus. Auch im vergangenen Jahr tauchten die Ludendorff-Anhänger am Osterwochenende nicht in Dorfmark auf. Für das diesjährige Osterfest hat sich in dem Heideort wieder eine antifaschistische Demonstration angekündigt. Ob die „Ludendorffer“ kommen werden, ist unklar.
 
Über Jahrzehnte hinweg fand sich die „Ludendorffer“-Gemeinschaft zu Ostern in Dorfmark in der Lüneburger Heide ein. Dort organisierte der als Verein tätige BfG auch seine Mitgliederversammlungen. Bis zu 300 Völkische reisten zu den Treffen an. Zur Mitgliederversammlung im Mai vergangenen Jahres trafen sich nur zwölf Mitglieder des rechtsextremen „Bundes“ in dem vom Verein betriebenen „Heim Hohenlohe“ im württembergischen Herboldshausen bei Kirchberg an der Jagst (Kreis Schwäbisch Hall). Die Immobilie ist neben dem „Haus Märkische Heide“ in Kirchmöser bei Brandenburg an der Havel und dem „Ferienheim Schönhagen“ im holsteinischen Schierensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) einer der Stützpunkte der „Ludendorffer“.

Neuer Vorstand

Bei der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr wurde auch der Vorstand des BfG neu gewählt. Neu dabei ist Dirk Pott aus dem bayerischen Baichach (Kreis Oberallgäu). Pott (Jg. 1963), der im BfG-Vorstand den verstorbenen Hans Roloff aus Sachsen-Anhalt ersetzt, ist auch stellvertretender Bundesvorsitzender der rechtsextremen „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO). Neben Pott führen die langjährigen Vorstände Gudrun Klink (Jg. 1962) aus dem württembergischen Ingelfingen (Hohenlohekreis) und Ingo Henn (Jg. 1972) aus Senden bei Neu-Ulm den Verein an. Henn tauchte in der Vergangenheit ebenfalls als Funktionsträger in der Vertriebenen-Jugend JLO auf.

Gudrun Klink, die langjährige Vorsitzende des „Bund für Gotterkenntnis“, Foto: Julian Feldmann
Gudrun Klink, die langjährige Vorsitzende des „Bund für Gotterkenntnis“, Foto: Julian Feldmann

In dem Heim in Herboldshausen treffen sich neben den „Ludendorffern“ auch regelmäßig andere rechtsextreme und insbesondere völkisch-ausgerichtete Gruppierungen wie die NPD-Jugend „Junge Nationalisten“ oder der Jugendbund „Sturmvogel“. Die Immobilie wird seit Jahren von den Sicherheitsbehörden als rechtsextremes Zentrum geführt. Nachdem im vergangenen Jahr Kritik an dem rechten Treiben laut wurde, äußerte sich der ansonsten eher im Verborgenen agierende BfG auch öffentlich.

Stadt warnt Verein

Die Rechtsextremen geben sich in Herboldshausen als vermeintliche verfolgte Minderheit. Nach Kritik an den Aktivitäten der „Ludendorffer“ in der Region, wandte sich die kommunale Politik an den BfG. Bemerkenswerterweise fordert die Stadt Kirchberg an der Jagst die Rechtsextremen dazu auf, keine rechtsextreme Ideologie zu verbreiten. „Die Stadt Kirchberg möchte Sie (…) darauf hinweisen, dass sowohl im Rahmen von vereinseigenen Veranstaltungen als auch künftigen Vermietungen kein rechtsextremistisches Gedankengut etabliert, verbreitet und konspirativ entwickelt werden darf“, heißt es in dem Schreiben von Stadtverwaltung und Gemeinderat.

Die Antwort des BfG folgte prompt. Der Vorstand wirft dem Bürgermeister „grundgesetzwidriges Verhalten“ vor. Und die Völkischen, die seit Jahrzehnten wegen ihrer rechtsextremistischen Gesinnung unter Beobachtung der Verfassungsschutzämter stehen, gerieren sich als Opfer einer angeblichen Verfolgung von Minderheiten. „Heute reicht es schon aus, die Corona-Politik der Bundesregierung kritisch zu hinterfragen, um als Rechtsextremist stigmatisiert zu werden“, schreibt der BfG-Vorstand an den Bürgermeister.

Vermeintlicher Widerstand gegen Nazis

Und die „Ludendorffer“ zeigen sich als vermeintliche historische Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime: „Übrigens gehören die Mitglieder unserer Weltanschauungsgemeinschaft zu den wenigen, die sich schon während des Dritten Reiches gegen das Hitler-Regime stellten und deswegen oft massive Repressalien erleiden mußten.“ Damit spielt der BfG auf eine Legende in der Szene der Völkischen nach 1945 an: Tatsächlich gab es inhaltliche Differenzen zwischen den Nationalsozialisten und den Völkischen Mathilde und Erich Ludendorff. Die damalige „Ludendorff-Bewegung“ verhöhnte teils offen Adolf Hitler und verspottete ihn als vermeintliche Marionette der Juden.

Widerstand gegen den mörderischen Antisemitismus der Nazis war das freilich nicht. Mathilde Ludendorff schrieb 1939 noch: „Wir wollen den Juden abwehren und über ihn siegen durch gründliche Enthüllung des jüdischen Glaubens und Aberglaubens und durch Entgegenstellen der Deutschen Einheit von Erbgut, Gotterkenntnis, Kultur und Wirtschaft.“ Bis heute gelten die Schriften Ludendorffs in Kreisen der Völkischen als Grundlage ihrer Weltanschauung.

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