Völkische Tagung hinter verschlossenen Türen

Wie seit mehr als vier Jahrzehnten hat der rechtsextreme „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)“ auch an diesem Osterwochenende seine jährliche Tagung in Dorfmark in der Lüneburger Heide durchgeführt.

Mittwoch, 24. April 2019
Julian Feldmann

Der „Bund für Gotterkenntnis“ (BfG), der sich auf die Schriften von Mathilde Ludendorff (1877-1966) beruft, traf sich wie in den zurückliegenden Jahren im Gasthaus „Zur Post“. Die nunmehr 47. Ostertagung lockte offenbar weniger Anhänger der rechtsextremen Ideologie an als in den Vorjahren. Kaum 100 Personen dürften an den Feiertagen im kleinen Ort Dorfmark an der Veranstaltung der völkisch-rechtsextremen Ludendorff-Anhänger teilgenommen haben.

Volkstanz, Musizieren und ein Osterspaziergang – das steht bei den Völkischen schon seit Jahren am Osterwochenende an. Auch rund zwei Dutzend Kinder und Jugendliche waren bei der Tagung, die augenscheinlich ein eigenes, von der Tagung unabhängiges Programm verfolgten. Bei der Tagung selbst war wie im vergangenen Jahr der als „Volkslehrer“ aktive YouTuber Nikolai Nerling aus Berlin anwesend. Teilnehmer kamen aus dem ganzen Bundesgebiet, darunter viele Ehepaare und Familien, die schon seit Jahrzehnten nach Dorfmark zu den Treffen des „Bundes für Gotterkenntnis“ fahren.

„Mythos Weltenbaum“

In „Ludendorffer“-Kreisen mit Spannung erwartet wurde ein Vortrag am Samstag. Der letzte Pfleger von Rudolf Heß, Abdullah Melaouhi, sollte über den Tod des Hitler-Stellvertreters sprechen. Ob der gebürtige Tunesier tatsächlich in Dorfmark aufgetreten ist, war am Osterwochenende zunächst unklar. Melaouhi selbst wollte es weder bestätigen noch dementieren. Rudolf Heß hatte sich 1987 in dem Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau das Leben genommen. Der letzte Krankenpfleger des Nationalsozialisten vertritt die These, dass Heß ermordet wurde. Melaouhi tritt als Redner regelmäßig vor Neonazis auf, so etwa im vergangenen Jahr in Chemnitz.

Wie aus Teilnehmerkreisen verlautete, beschäftigten sich die Ludendorff-Anhänger darüber hinaus hauptsächlich mit „kulturellen“ Themen, etwa dem „Mythos Weltenbaum“, der in der heidnischen Szene oftmals unter der Bezeichnung „Irminsul“ auftaucht. Referiert wurde zudem über „Osterbräuche“. Ausgiebig soll hinter den verschlossenen Türen des Gasthauses „Zur Post“ auch über die Werke von Mathilde Ludendorff gesprochen worden sein, etwa „Der Minne Genesung“ oder die „Schöpfungsgeschichte“. Die Werke Ludendorffs bilden bis heute die Grundlage der Ideologie des „Bundes für Gotterkenntnis“.

Antisemitische Denkmuster

Seine Aufgabe sieht der „Bund für Gotterkenntnis“ darin, die „religionsphilosophischen Erkenntnisse“ Mathilde Ludendorffs durch Wort und Schrift zu verbreiten. Dass die zweite Ehefrau Erich Ludendorffs eine überzeugte Antisemitin war und mit ihrem Mann eine eigene völkische Weltanschauung entwickelte, bleibt bei den Ludendorff-Anhängern meist unerwähnt. In den Schriften der heutigen „Ludendorffer“ finden sich diese antisemitischen Denkmuster jedoch oftmals wieder. Auch der „Bund für Gotterkenntnis“ vertritt laut Verfassungsschutzbehörden „die antiparlamentarischen, rassistischen und antisemitischen Thesen Mathilde Ludendorffs“. Deswegen wird die „rechtsextremistische Weltanschauungsgemeinschaft“, wie sie der bayerische Verfassungsschutz nennt, in mehreren Bundesländern beobachtet.

Jahrelang an der „Ostertagung“ teilgenommen hatte Harm Menkens aus Mohrkirch in Schleswig-Holstein, der Ende März verstarb. Als Mitglied des „Bundes für Gotterkenntnis“ und selbst ernannter „Reichsbürger“ war Menkens in der völkischen Szene sehr umtriebig – als Herausgeber von Büchern, Verfasser von eigenen Texten und Referent bei Vorträgen. Die Staatsanwaltschaft Flensburg erhob zuletzt Anfang dieses Jahres Anklage gegen Menkens wegen Volksverhetzung, weil dieser ein Buch des Holocaust-Leugners Gerard Menuhin verlegt und verkauft hatte. In dem Werk heißt es: „Nur fünfeinhalb Millionen Juden lebten vor dem Zweiten Weltkrieg in ganz Europa. Millionen überlebten. Wo kamen die ‚sechs Millionen Ermordeten‘ her?“

Kundgebungen und Demonstration gegen das „Ludendoffer“-Treffen

Außerdem ist darin von einem „Holocaust-Mythos“ die Rede und es wird behauptet, dass die „meisten Todesfälle in deutschen Konzentrationslagern“ auf Seuchen und Hunger zurückgingen, „die durch alliierte Flächenbombardierungen hervorgerufen wurden“. Zweimal hatten die Behörden wegen des Verkaufs des Buches Räumlichkeiten von Menkens durchsucht und insgesamt eine dreistellige Zahl an Ausgaben beschlagnahmt. Zu dem Buch „Wahrheit sagen, Teufel jagen“ des Schweizers Menuhin liegt zudem ein Beschlagnahmebeschluss vor. Dennoch bietet es der rechtsextreme Verlag „Der Schelm“ zum Kauf an.

In Dorfmark drückten wie in den zurückliegenden Jahren auch, Menschen aus der Region ihren Unmut über das Treffen der „Ludendorffer“ aus. Vor dem Tagungshaus wurden Kundgebungen am Karfreitag und Ostersamstag organisiert. Am Sonntag zog eine Demonstration linker Gruppierungen durch den Heideort.

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