Vernetzungstreffen mit AfD und III.WEG in Ostbayern
Auf Einladung von Ewald Ehrl, einem seit Langem in der extremen Rechten aktiven Kader trafen sich in Ostbayern Anhänger diverser extrem rechter Gruppierungen zum gegenseitigen Austausch. Ziel sei es „getrennt zu marschieren“, aber am „Tag X gemeinsam zu kämpfen“. Mit dabei ein AfD-Kreisvorsitzender sowie die Landesvorsitzende der Neonazi-Partei III.WEG.
Wie der Infoticker Passau auf Twitter aufmerksam machte, kam es kürzlich im Raum Cham zu einem parteiübergreifenden extrem rechten Treffen. Ausgerichtet und später medial aufbereitet wurde die Zusammenkunft von der Kleinstpartei „Deutsche Konservative“, einer Mini-Partei, deren Personenpotential das Landesamt für Verfassungsschutz mit fünf Personen angibt, inklusive einem dreiköpfigen Landesvorstand. Veranstaltungen von Ehrl haben aber eine gewisse Strahlkraft und sollen auch schon dreistellige Teilnehmendenzahlen angezogen haben. 60 Personen hätten laut Aussage des Bundesvorsitzenden Dieter Jochim beim Vernetzungstreffen teilgenommen. Überprüfbar ist das nicht.
AfD mit dabei
Bedeutsam wird die Versammlung wegen der eingeladenen Parteifunktionäre. Gleich nach der Eröffnung von Ehrl durfte Wolfgang Pöschl, Bezirksrat für die AfD in der Oberpfalz und Vorsitzender des Kreisverbandes Schwandorf-Cham, ein Grußwort halten. Namentlich wurde noch ein zweiter AfD-Funktionär namens Lothar Köppl willkommen geheißen, ist aber nicht im Video zu sehen.
Pöschl begrüßte ,den lieben Ewald" und die Zuhörer, obwohl er nicht Gastgeber war, auch „im Namen des AfD-Kreisverbande Schwandorf-Cham". In seinem Grußwort sprach er von einem „autoaggressiven Präsuizidalsyndrom" bei den Nachkriegsgenerationen, sowie von „Gehirnwäsche der Massenmedien". Sie hätten die Gesellschaft in großen Teilen in eine Ansammlung von „verweichlichten, denkfaulen ,bequemen linksgrünversifften Transgender Gaga- lndividuen verwandelt."
Ohne Beispiele kam dagegen seine Aussage aus, wonach der Lebensstandard in den letzten Jahrzehnten dramatisch gesunken sei. Verantwortlich machte Pöschl dafür „Volksverräter" der "Kartellparteien" die das Geld in die Taschen "globalistischer Superreicher" umlenkten.
Namentlich nannte er hier die Feindbilder der Neuen Rechten wie den jüdischen Philanthropen George Soros, Klaus Schwab vom Weltwirtschaftsforum, Bill Gates und, etwas überraschend, den neuen englischen König Charles III. Diese Leute würden laut Pöschl immer neue Krisen ausnützen, wozu er Corona, den Ukraine-Krieg und die Klimafrage zählte, um in einer „Allianz mit machtgierigen Neo-Marxisten" ihr „durch Unrecht gerafftes Geld" zu schützen.
... und III.WEG
Ehrl bedankte sich bei Pöschl für das Grußwort und lobte den Umgang der rechten Kräfte im Kreis Cham miteinander. Da würde sich niemanden für den „anderen schämen" und diese als .,Nazis" oder „Radikale" ausgrenzen. Entsprechend war auch die Versammlung weiter besetzt.
Besonders begrüßte Ehrl die Landesvorsitzende des neonazistischen III.WEGs, Jasmine Eisenhardt, selbst auch aus dem Raum Cham, die unmittelbar vor Pöschls Grußwort namentlich erwähnt wurde. Sie hatte den Landesvorsitz nach den Wirren um die Pokeraffäre ihres Vorgängers übernommen. Bei der Bundestagswahl hat sie nicht kandidiert. Eingeladen und aus terminlichen Gründen verhindert war dagegen ein Vertreter der rechtsextremen „Freien Sachsen“.
Extrem rechte Integrationsfigur Ehrl
Auch Ausrichter Ehrl ist in der extremen Rechten kein Unbekannter. Bei der rechtsextremen Deutschen Partei (DP) schaffte es Ehrl in den Bundesvorstand, 2009 kandidierte er im Wahlkreis Cham für die NPD und kooperierte mit der örtlichen Neonazi-Kameradschaft „Widerstand Cham“, wie der Störungsmelder 2014 sein damaliges Wirken zusammenfasste.
2017 bewarb er sich als Einzelbewerber für den Bundestag und erhielt hier die Unterstützung der neonazistischen Kleinstpartei III.WEG, die selbst damals nicht antrat, aber „weltanschauliche und programmatische Schnittmengen“ erkannt haben wollte. Der damalige Stützpunktleiter Ostbayern, Walter S., trat dann laut Homepage der Partei bei einer Versammlung als Fürsprecher für Ehrl auf. 1.586 Erststimmen entfielen im Landkreis Cham auf Ehrl. Der Dritte Weg holte 2021 mit 57 nur einen Bruchteil davon. Gesundheitsbedingt gab der Chamer den Landesvorsitz der Deutschen Konservativen ab.
Vernetzung mit rechtsaußen als Tendenz in der gesamten AfD
Die Offenheit, mit der über das Treffen berichtet wird, folgt einer in der AfD zu beobachtenden Grundtendenz, offen den Schulterschluss mit schon länger im Visier des Verfassungsschutzes stehenden Organisationen und Einzelpersonen. So war beim Bundeskongress der „Jungen Alternative“ (JA) alles an Vorfeldorganisationen der Neuen Rechten eingeladen, was schon von der Bundespartei als Verdachts- bzw. Prüffall oder gesichert extremistisch beim Bundesamt für Verfassungsschutz geführt wurde.
Hannes Gnauck konnte mit großer Mehrheit Bundesvorsitzender der JA werden, obwohl bekannt war, dass ihn der Militärische Abschirmdienst als „Extremisten“ führt. Franz Schmid, Schatzmeister der JA in Bayern und im Bund erkundete am 9. November mit zwei zentralen Aktivistinnen der rechtsextremen Identitären Bewegung den Bayerischen Landtag. Auch hier war das Motto wieder „Partei trifft Vorfeld“. An einer am gleichen Tag statt gefundenen Veranstaltung der Landtagsabgeordneten Martin Böhm und Ingo Hahn im Maximilianeum, bei der namentliche Anmeldung obligatorisch war, hatte auch der frühere NPD-Landesvorsitzende und rausgewählte Münchner Stadtrat Karl Richter teilgenommen.
Eine Vernetzung als AfD so tief ins neonazistische Spektrum wie dem III.WEG ist außergewöhnlich. Gerüchte über solche Treffen in der Region hatte es allerdings schon länger gegeben.
02.12.2022 Mitteilung der Redaktion: Inzwischen hat uns eine e-Mail von Wolfgang Pöschl (AfD) erreicht. Er widerspricht darin unserer Darstellung der Zusammenkunft am 19.11.2022 in einem Gasthaus in Daberg als Vernetzungstreffen. Er will vielmehr spontan zu der Veranstaltung eingeladen worden sein. Anlass sei der Rückzug Ewald Ehrls aus der Politik gewesen.
Wir finden in dem Video von der Veranstaltung wenig Anhaltspunkte für seine Darstellung. Ehrl verkündet vielmehr bei der Veranstaltung sein „politisches Comeback“ nach einer schwerwiegenden Erkrankung. Die Deutschen Konvervativen haben den Clip mittlerweile von ihrem YouTube-Kanal entfernt.
16.01.2023: unseren Webhoster hat ein Schreiben im Auftrag von Herrn Pöschl erreicht. Er behauptet eine angebliche Verletzung seines Urheberrechts. Wir haben die Passagen bis zur rechtlichen Klärung und auch den Screenshot aus dem Video vom YouTube-Kanal der Deutschen Konservativen vorläufig entfernt.
09.07.2024: Nachdem alle Klagen von der Gegenseite in Leere gelaufen sind, Artikel wieder hergestellt.