Verkappter Heß-Aufmarsch?
Karlsruhe – Neonazis aus Baden-Württemberg haben für den 21. August eine Demonstration in Karlsruhe angemeldet.
Angeblich richtet sie sich gegen Paragraf 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, der sich mit der Verletzung von Aufsichtspflichten in Unternehmen beschäftigt. Tatsächlich dürfte es den Veranstaltern aber um Paragraf 130 des Strafgesetzbuches gehen. Gestützt auf dessen Absatz 4 waren in den letzten Jahren die jeweils im August in Wunsiedel geplanten Aufmärsche von Neonazis aus Anlass des Todestages von Rudolf Heß verboten worden. Die Bestimmung untersagt bei Versammlungen die Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte eine Verfassungsbeschwerde des Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger gegen die 2005 beschlossene Ergänzung des Paragrafen im vorigen Herbst als unbegründet zurückgewiesen.
Auch das Motto der angemeldeten Demonstration deutet darauf hin, dass es den Neonazis sicherlich nicht um eine Bestimmung des Ordnungswidrigkeitengesetzes geht: „Trotz § 130 – Mord bleibt Mord!“ Seit Heß’ Suizid im August 1987 behaupten Neonazis, der ehemalige Hitler-Stellvertreter sei im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau ermordet worden.
Als Veranstalter der geplanten Demonstration, für die bei der Stadtverwaltung 500 Teilnehmer angekündigt wurden, sind auf einer eigens eingerichteten Internetseite die „Freien Kräfte Karlsruhe“ genannt. Unter diesem Label sind die „Autonomen Nationalisten“ aus der Region unterwegs. Einer der Redner soll der stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten (JN) Lars Gold sein, der auch den baden-württembergischen JN-Landesverband leitet. Außerdem werden nicht namentlich genannte Redner aus der Schweiz, aus Mecklenburg-Vorpommern, aus Dortmund und aus der Region angekündigt. (ts)