Volksverhetzung
Ursula Haverbeck: Nächste Holocaustleugnung, nächste Haftstrafe
Wegen Volksverhetzung verurteilte das Landgericht Berlin Ursula Haverbeck heute zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Sie wurde erneut der Holocaustleugnung schuldig gesprochen, nur rund anderthalb Jahre nach ihrer Haftentlassung.
In der Urteilsbegründung gab die Richterin der 93-Jährigen, die im Zuge der dreitägigen Verhandlung immer wieder ihre kruden Thesen verbreitete, deutliche Hinweise mit auf den Weg: „Was Sie verbreiten ist pseudowissenschaftlicher Unsinn“, so die Richterin. Und weiter: „Das ist kein Wissen – das ist Gift.“ Haverbeck sei „einfach nur eine Holocaustleugnerin“, lasse sich dafür aber „als Grande Dame“ bezeichnen.
Zum Prozess hatten sich mehrere Sympathisanten der Holocaustleugnerin auf der Besuchertribüne eingefunden. Neben Nikolai Nerling fanden sich auch der NPD-Mann Uwe Meenen, Anhänger der neugegründeten Neonazi-Partei „Neue Stärke“ sowie weitere Personen, die ebenfalls mit kruden Holocaust-Thesen aufgefallen sind.
Strafverfolgung auch für Nikolai Nerling
Bei dem Prozess handelte es sich um zwei Berufungsverhandlungen, die zusammengelegt worden waren. Im Januar 2016 soll Haverbeck auf einer Veranstaltung in Berlin den Holocaust geleugnet haben. Dabei wurde ihr die Aussage, „nicht Hunderttausende und nicht Millionen“ seien gestorben, zugeschrieben. Öffentlich wurden ihre Aussagen, weil seinerzeit auch ein Journalist des NDR anwesend war. Das Amtsgericht hatte die Rentnerin dafür zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, gegen das sowohl Staatsanwaltschaft auch als die Verteidigung Berufung eingelegt hatten.
In einem zweiten Fall ging es um ein Video mit dem sogenannten Volkslehrer Nikolai Nerling, in dem Haverbeck ebenso den Holocaust geleugnet haben soll. Da Nerling das Video später veröffentlichte, wird auch gegen den erst vor wenigen Wochen nach seiner Kurz-„Auswanderung“ aus Brasilien zurückgekehrten Rechtsextremisten ermittelt.
Keine Reue
Seit mittlerweile knapp 20 Jahren muss sich die im nordrhein-westfälischen Vlotho wohnhafte Haverbeck immer wieder wegen Volksverhetzung vor Gericht verantworten – eine Einsicht hat trotz etlicher Prozesse offensichtlich nicht stattgefunden, was auch die Richterin später thematisieren würde. Reue sei bei Haverbeck nicht zu erkennen gewesen.
Dementsprechend musste sie nach mehreren Verurteilungen zu Geldstrafen und einer Bewährungsstrafe zuletzt für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis, erst Ende 2020 wurde Haverbeck aus der JVA in Bielefeld entlassen.
Volksverhetzungsparagraf
Im heutigen Plädoyer hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten gefordert, von denen allerdings vier bereits als vollstreckt gelten würden. Der Staatsanwalt sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte auf der Veranstaltung im Jahr 2016 eigene Schlussfolgerungen gezogen und vorsätzlich gehandelt habe. Die Verteidigung – wie bereits mehrfach ließ sich die 93-Jährige von Szene-Anwalt Wolfram Nahrath vertreten – hatte zuvor mehrfach argumentiert, dass Haverbeck lediglich Zitate wiedergegeben habe.
Selbstgefällig ging Nahrath in seinem Plädoyer ausführlich auf seine Biographie ein und versuchte darzulegen, warum es sich beim Volksverhetzungs-Paragraphen 130 im Strafgesetzbuch um einen „rechtspolitischen Anachronismus“ handeln würde. Haverbeck sei zudem keine Nationalsozialistin.
„Das kann doch nicht so weitergehen“
Die Holocaustleugnerin verstieg sich in ihrem Schussvortrag erneut in Aussagen über Todeszahlen und Zyklon B, das nicht als Massenvernichtungsmittel geeignet sei. „Das kann doch nicht so weitergehen“, so Haverbeck, dass ihr jedes Mal Gerichtsprozesse drohten, wenn sie nach Zahlen frage. Solche bewusst nebulös formulierten Aussagen zogen sich durch den gesamten Prozess. Oder auch: „Ich kann es nicht leugnen, weil ich nicht weiß, ob es stattgefunden hat.“ An anderer Stelle rutschte ihr das Wort „Irrtum“ in Verbindung mit dem Holocaust heraus.
Gegen das Urteil kann noch Revision beantragt werden.