„Unzuverlässige Waffenbesitzer“
In Bremen beschlagnahmte die Innnenbehörde bei NPD-Mitgliedern Jagdgewehre, Pistolen, Schreckschusswaffen sowie Schalldämpfer und Munition.
Am Nikolaustag erlebte die braune Szene an der Weser eine Überraschung. Erfreut dürften die Betroffenen allerdings nicht gewesen sein. Am 6. Dezember hat in Bremen die Polizei mit Mitarbeitern des Stadtamtes sechs Neonazis aufgesucht und rund 20 Waffen sichergestellt. Keine illegalen Waffen. „Wir haben überprüft, wer aus der rechtradikalen Szene beantragt hat, eine Waffe zu besitzen, und haben dann die Waffen beschlagnahmt“, erklärt der Pressesprecher der Innenbehörde, Rainer Gausepohl. Der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) begründet die Maßnahme: „Wir sind der Auffassung, dass Waffen nicht in die Hände von Rechtsradikalen gehören“.
Vor der Maßnahme hatten die Behörden ihre Datenbanken abgeglichen. Sechs Namen spuckten die Computer aus. Vier der Betroffenen sind Mitglieder der NPD, zwei Personen gehören oder gehörten der DVU an. Mögliche Namen möchte die Behörde nicht bestätigen. Einer von ihnen sei aber ein Jäger, heißt es. Und Gausepohl sagt über die NPD-Mitglieder: „Einer ist Mitglied im Landesvorstand, einer gehört einem Kreisverband an“. Außer den Waffen: Jagdgewehre, Pistolen und Schreckschusswaffen, stellten die Beamten Schalldämpfer und Munition sicher. Für die Waffen lagen zwar die Erlaubnisdokumente vor. Doch auch diese wurden nun mitgenommen.
Gewaltbereite Rechtsextremisten im Stadtstaat
Das Waffengesetz lasse diese Maßnahme zu, erklärt Stadtamtsleiterin Marita Wessel-Niepel. Denn, wenn die Person, die einen Waffenschein besitzt, sich doch als „unzuverlässiger Waffenbesitzer“ erweist, kann die Erlaubnis entzogen werden. Dazu zählen auch „Personen mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen“, sagt sie. Verstöße gegen das Lagern der Waffen lägen aber auch vor.
Die Maßnahme löste keine neuen Erkenntnisse über die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) aus. Zurzeit seien keine Verbindungen von der Zwickauer Gruppe zur Bremer Szene bekannt, betont die Innenbehörde. Der Leiter des Verfassungsschutz Joachim von Wachter sagt aber für hanseatische Verhältnisse nun recht offen, dass es in Bremen und Bremerhaven rund 150 Rechtsextremisten gebe, von denen 30 Anhänger als gewalttätig und gewaltbereit gelten. Daher ist es „überhaupt nicht überraschend, dass bei NPD-Mitgliedern Waffen gefunden werden“, so Wachter.
Im August hatten sich auch vor dem Bremer Landgericht die Anführer des „Sturms Wiking“ wegen Gewalt- und Straftaten zu verantworten. Vor Gericht versuchten Gerold und Markus S. ihre Aktivitäten als „Spielerei“ abzutun. Im Jahr 2008 wurde vom „Sturm“ allerdings die Jugendbildungsstätte Lidice-Haus mit Steinen attackiert. Zuvor hatten sich „Sturm“-Aktivisten, bewaffnet mit Pfefferspray und Knallkörpern, zusammengerottet, um eine Demonstration gegen Rechts anzugreifen. Einen Monat später, im September, standen sieben rechtsextreme Hooligans wegen eines Überfalls auf eine Party der antirassistischen Fangruppe „Racaille Verte“ vor dem Bremer Amtsgericht.
Anklagen wegen Volksverhetzung und Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz
Die NPD hat auf die Beschlagnahmung der Waffen reagiert. Jens Pühse, NPD-Bundesvorstandsmitglied, kündigte via Facebook an, dass „selbstverständlich“ die betroffenen Personen alle rechtlichen Schritte prüfen“ und gegen die „Willkürmaßnahme“ vorgehen wollen. Er selbst, der in Bremen ihren Bürgerschaftswahlkampf 2011 leitete, ist aber nicht betroffen. Auch der damalige Spitzenkandidat Matthias Faust nicht, wie Gausepohl bestätigt.
Ebenfalls am Nikolaustag hat der Staatsanwaltschaft jedoch gegen Faust, Pühse und dem NPD-Landesvorsitzenden Horst Görmann Anklage erhoben – wegen Volksverhetzung. Im Wahlkampf hatte die NPD einen Online-Zeichentrickfilm auf ihrer Homepage angeboten. In dem Spiel „Faust räumt auf“ wurden Zuwanderer als „kriminell“, „gewaltbereit“, „drogendealend“ und „sozialschmarotzend“ dargestellt. Per Mausklick verteilte Faust als Comic-Figur „Rückkehr-Tickets“. Ziel des Spiels war es, in kurzer Zeit, „möglichst viele derer, die hier nicht hingehören, mit dem freundlichen Abschiedsgruß ,Gute Heimreise!' gen Heimat zu schicken“, hieß es damals auf der NPD-Website.
Pühse und Görmann sind zudem wegen des Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz angeklagt. Die Vorabversion einer Schülerzeitung, die über das Internet verbereitet worden war, stuften die Ermittler als „jugendgefährdend“ ein. Die Anklage wurde beim Amtsgericht Bremerhaven eingereicht.