Unverzichtbare Unterstützer
Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern startet mit dem Wahlkampf – mit dabei: Hitler-Verehrer und verurteilte Gewalttäter.
In den Landkreisen Ostvorpommern und Uecker-Randow ist der NPD-Wahlkampf für die Landtagswahl am 4. September angelaufen. Hier mobilisieren vor allem der „Jugendbund Pommern“ sowie Freie Kräfte aus den Reihen der „Aryan Warriors“, der „Völkischen Kampfgemeinschaft Eggesin“ oder der „Nationalen Sozialisten“. Am vergangenen Samstag trafen sich am Abend führende Anhänger aus dem regionalen Kameradschaftsspektrum, um im „nationalen Wohnprojekt Salchow“ bei Anklam den Eröffnungsreden des NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs und des Kreistagsabgeordneten Michael Gielnik zu lauschen. Wenige Stunden zuvor hatte Landtagskandidat Tino Müller gemeinsam mit Aktivisten wie dem Bauunternehmer Dirk Bahlmann oder dem Landesvorstandsmitglied Alexander Wendt das alljährliche Kinderfest im Ueckerpark der Haffstadt durchgeführt. Proteste gab es überhaupt keine.
Bei Hau den Lukas und Taubenstechen sowie Pony reiten und Eierlauf konnten ganze Familien sich kostenlos unter NPD-Sonnenschirmen amüsieren. Der altbewährte NPD-Clown Ferdinand alias Raimund Borrmann war durch einen neuen mit dem Namen Maex ersetzt worden – wohl eine Provokation gegen die Mobile Aufklärung Extremismus (MAEX) der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern. Scheinen doch insbesondere die Freien Kräfte nicht unglücklich darüber, dass der Clown Raimund Borrmann nicht wieder als Landtagsabgeordneter der NPD kandidiert.
T-Shirt mit Hitler-Unterschrift
Mit dabei beim Kinderfest auch die führenden NPDler Udo Pastörs und Stefan Köster. Ein Familienvater erschien mit Ehefrau und kleiner Tochter. Nur Insider erkannten den Schriftzug auf seinem blauen Shirt: die Unterschrift Adolf Hitlers. Junge Mütter unterhielten sich bei Sonnenschein, Männer standen in Gruppen herum und beaufsichtigten das Treiben. Ihr Auftreten und Aussehen ließ keinen Zweifel an der ideologischen Ausrichtung des Festes: So trug der Eggesiner NPD-Stadtvertreter Mathias Panhey ein auffälliges braunes Hemd mit einem Zitat aus dem Fahnenlied der Hitlerjugend. Zopfträger Panhey ist für den Rechtsextremismus-Experten Günther Hoffmann aus Ostvorpommern, „einer der aktivsten Kommunalmandatsträger der NPD im Land“. Kürzlich brachte der Neonazi die Werbezeitung „Kurz und knapp – Nachrichten aus der Eggesiner Stadtvertretung“ heraus.
Ein anderer Teilnehmer des NPD-Kinderfestes prahlte von sich als „Pommernjung“: Henry S. aus Eggesin. Der breitschultrige 32-Jährige mit dunkler Sonnenbrille gilt als führend im „Jugendbund Pommern“, dem Nachfolger des extrem rechten, völkisch-orientierten „Heimatbund Pommern“. Er soll zurzeit die Verteilaktionen der Partei in der Region koordinieren. Treffpunkt der Szene um S. herum ist eine Gartenlaube im Städtchen Eggesin. Im März 2011 wurde S. von dem NPD-Landtagsabgeordneten Müller in der 8. Kreistagssitzung im Landratsamt Pasewalk als „sachkundiger Einwohner“ Uecker-Randows für den „Ausschuss für Gesundheit und Soziales“ vorgeschlagen. Er sollte auf Heiko Krähenbrink als Ausschussangehöriger folgen. Tatsächlich wurde S. einstimmig bei fünf Enthaltungen gewählt.
„Sachkundiger Einwohner“ Uecker-Randows
Ein Vorgang, der nachdenklich stimmt. Denn S. hat eine mehrjährige Haftstrafe wegen einer außerordentlich brutalen Tat hinter sich, die für viele nicht in Vergessenheit geraten ist. Als 20-Jähriger sorgte er mit einer Gruppe von jüngeren Rechten für bundesweites Entsetzen und schaffte zugleich einen Präzedenzfall. Denn es war das erste Mal, dass die Bundesanwaltschaft unter Kay Nehm wegen einer rechtsextremen Tat die innere Sicherheit der Bundesrepublik bedroht sah, bei der niemand zu Tode kam. Doch die beiden angegriffenen Vietnamesen, die nur ein Bier bei einem Volksfest in Eggesin trinken wollten, waren aus rassistischen Motiven derart schwer verletzt worden, dass ein „Fall von besonderer Bedeutung“ vorlag. Die Schläger um S. traten die am Boden liegenden Opfer mit Springerstiefeln und Stahlkappenschuhen. Ein Vietnamese erlitt dabei eine lebensbedrohliche Hirnblutung, der andere trug erhebliche Nierenverletzungen davon. Die Angreifer von damals zählten zum „Arischen Widerstand Eggesin“. Vor Gericht bedauerten sie ihre Tat und baten um milde Beurteilung. Sie erhielten jedoch Freiheitsstrafen zwischen vier und sechs Jahren.
Für die NPD und ihre unverzichtbaren regionalen Unterstützerkreise werden zahlreiche weitere Aktionen folgen. Die erste Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen Partei fand bereits am 9. Juli in Karow im Landkreis Parchim statt. Unter dem Motto „Unsere Heimat – Unser Auftrag“ hielt unter anderem Udo Pastörs nach NPD-Angaben eine 60-minütige Rede. Zu Beginn der Saalveranstaltung sei mit einer „berührenden Gedenkfeier“ des kürzlich verstorbenen „nationalen Publizisten und unermüdlichen Streiters für Deutschlands Einheit und Freiheit Herbert Schweiger“ gedacht worden, heißt es auf deren Homepage. Auch hier wird eine äußerst radikale Linie des Landesverbandes und ihres Umfeldes deutlich: Schweiger genoss vorrangig Kultstatus innerhalb der Szene, weil er einstmals Angehöriger der „Leibstandarte Adolf Hitler“ war.