Eine Gruppe von mindestens 15 Neonazis hatte in der Nacht zum 9. Februar 2014 eine lokale Feier der Kirmesgesellschaft im Gemeindesaal überfallen und äußerst brutal zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt. Die Täter hatten ohne erkennbaren Grund und Vorwarnung auf die Anwesenden eingeschlagen und diese zum Teil noch verfolgt. Dabei wurden auch gefährliche Werkzeuge als Schlagwerkzeuge eingesetzt.
Haftstrafen für Neonazis
Nach einem langen Prozess hatte nun die 3. Strafkammer des LG Erfurt unter dem Vorsitzenden Richter Pröbstel das richtige Strafmaß zu finden. Im Ergebnis müssen zehn der 15 Angeklagten zwischen 42 und 26 Monaten ins Gefängnis. Ein Angeklagter wurde zu einer Bewährungs-Haft verurteilt. Für vier Angeklagte reichten die Beweise nicht für eine Verurteilung, sie wurden freigesprochen.
Die nun Verurteilten waren teilweise erheblich wegen Gewaltdelikten vorbestraft und galten schon im Vorfeld als äußerst gewaltbereit. Teile der Angeklagten traten in der Vergangenheit zudem regelmäßig als aggressive Gruppe auf. Aus dem Umfeld der Gruppe wurden rechtsextremistische Veranstaltungen und Konzerte organisiert.
Vertreter der Nebenklage werteten die Urteile als „wichtiges Signal“ für die Ballstädterinnen und Ballstädter. Zwar dürften einige Täter „ungeschoren davon gekommen“ sein, aber das Gericht habe trotzdem ein klares Signal ausgesandt.
Ausreden, Provokationen und Geheimdienstinfos während des Prozesses
Die vor Gericht oft zur Schau getragene Reue war bei den meisten Angeklagten nicht zu beobachten. Im Gegenteil:
Schon bei der Eröffnung des Strafprozesses Ende 2015 provozierten die fünfzehn Angeklagten durch eindeutige T-Shirts und offen getragene Tätowierungen mit Neonazi-Bezügen. „Mit ihrem Auftreten durch eindeutige Kleidungsstücke sowie Tätowierungen stellten die Angeklagten ihre Ideologie erneut für alle sichtbar zur Schau. Die Angeklagten gehören zum harten Kern der Thüringer Neonazi-Szene“, so der Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Maik Elster damals. Auch bei einem Vor-Ort-Termin des Gerichtes während der Verhandlungen zeigten sich die Tatverdächtigen und ihr Umfeld selbstbewusst, teils höhnisch.
Zeitgleich versuchte die Verteidigung der Neonazis, die Tat als wütende Reaktion auf einen Angriff auf den Treffpunkt der rechtsextremen Szene darzustellen. Dieser Treffpunkt hatte aber schon 2013 nicht zuletzt aufgrund einer Razzia wegen des Handels mit automatischen Sturmgewehren von sich Reden gemacht. Viele Einzelheiten zur Verstrickung der Ballstädter Neonazis im europäischen Rechtsextremismus kamen erst im Laufe des Verfahrens zur Sprache.
So wurde beispielsweise öffentlich, dass der Thüringer Verfassungsschutz die Verabredung zur Tat mitgeschnitten, aber erst nach dem erfolgten Überfall ausgewertet hatte. Der Vorsitzende Richter Holger Pröbstel nannte den Überfall laut MDR ein „herausragendes Ereignis, das über das bisher Erlebte weit“ hinausgehe.