Themenwoche: Kriminelle Inländer - Auszug aus dem Strafregister von NPD-Anhängern

In regelmäßigen Abständen hebt die NPD die aus „Osteuropa importierte Kriminalität“ auf die Tagesordnung, stellt Kleine Anfragen an die Landesregierung oder wählt die Thematik als Motto einer Demonstration. Ein ums andere Mal versucht die NPD so, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und Schreckensszenarien aufzubauen; dabei liegt der Wert der nichtdeutschen Tatverdächtigen – wie die NPD-Fraktion selber zugibt – laut aktueller Polizeilicher Kriminalitätsstatistik mit 6,8 Prozent deutlich unter den Vergleichswerten der gesamten Bundesrepublik (21,1 Prozent).
Bezeichnenderweise haben NPD-Fraktionsmitglieder jedoch selbst bereits des Öfteren Kontakt mit der Justiz gehabt, und auch vielen Mitarbeitern ist Kriminalität alles andere als ein Fremdwort. Immer wieder setzen die Abgeordneten der NPD das Thema Ausländerkriminalität auf die Tagesordnung und versuchen so wohl auch von eigenen Machenschaften abzulenken.
Durch ihre Funktion als Abgeordnete des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern stehen die sechs NPD-Landtagsabgeordneten – wie die Abgeordneten der anderen Parteien auch – unter dem Schutz von Immunität und Indemnität. Die Immunität, also der Schutz von Abgeordneten vor der Strafverfolgung, sorgt dafür, dass die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sichergestellt ist, schützt Abgeordnete selbst aber nicht vor Strafe. Eine Staatsanwaltschaft kann gegen einen Landtagsabgeordneten zwar Ermittlungen durchführen, jedoch kann sie ohne die Aufhebung der Immunität keine Anklage erheben. Dafür berät der Rechtsausschuss über das Ersuchen und legt dem Landtag eine Beschlussempfehlung vor. Über diese haben die Abgeordneten des Plenums dann die finale Entscheidung. Erst wenn sich die Mehrheit für die Aufhebung der Immunität ausspricht, kann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Mit diesem Prozedere sind auch die Abgeordneten der NPD bestens vertraut. Jeder der Rechtsextremisten hat während der Legislaturperiode im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen bereits seine Immunität verloren – mit Ausnahme von Michael Andrejewski. In seinem knapp 20-jährigen Studium hat der Jurist offensichtlich die Vorzüge der mit dem Einzug in den Landtag erlangten Immunität und Indemnität zu schätzen gelernt.
Die höchste mediale Aufmerksamkeit im Zuge eines Prozesses erfuhr zweifelsohne der NPD-Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs. Während einer politischen Aschermittwochs-Veranstaltung der NPD-Saar am 25. Februar 2009 soll der gelernte Uhrmacher in einer Rede von einem „Finanzgebäude dieser Judenrepublik“ und im Zusammenhang mit türkischstämmigen Personen von „Samenkanonen“ gesprochen haben. Ein Radioredakteur des Norddeutschen Rundfunks ließ seinerzeit der Staatsanwaltschaft Saarbrücken den Mitschnitt der Rede zukommen und ermöglichte so eine Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden. Das Amtsgericht Saarbrücken verurteilte Udo Pastörs einige Monate später wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro. Nach Ansicht der Richter habe der Fraktionschef zum Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens und türkischer Abstammung aufgestachelt sowie diese verächtlich gemacht.
Zuvor hatte Pastörs durch einen juristischen Winkelzug noch versucht, die Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Seiner Meinung nach sei er damals im Zuge der Bundespräsidentenwahl noch Mitglied der Bundesversammlung gewesen und hätte somit noch Immunität genossen, das Gericht sah dies jedoch anders. Nach der Verurteilung ging Pastörs zwar in Berufung, das Amtsgericht Saarbrücken bestätigte im Oktober 2010 allerdings die Bewährungsstrafe.
Nur wenige Monate später, aber weitaus problematischer gestaltete sich ein erneuter Prozess gegen Udo Pastörs. Im April 2011 – und somit weniger als ein halbes Jahr vor der Landtagswahl – stand dem NPD-Mann eine erneute Anklage ins Haus. In der 88. Landtagssitzung im Januar 2010 hätte Pastörs nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Schwerin die bewusst wahrheitswidrige Behauptung aufgestellt, dass der Holocaust als die systematische Vernichtung der Juden durch die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft, für den Auschwitz als Symbol steht, erfunden sei. Dies stelle eine Verleumdung und zugleich eine Verunglimpfung des Andenkens der verstorbenen Opfer des Holocaust dar. Zwar darf weder Pastörs noch einer der anderen 70 Landtagsabgeordneten wegen einer Äußerung, die sie im Parlament oder dessen Ausschüssen getan haben, zur Verantwortung gezogen werden, da sie unter dem Schutz der Indemnität stehen. Jedoch stellt Verleumdung nach § 187 StGB die einzige Ausnahme von der Indemnität dar. Für den Lübtheener kann die Anklage zu kaum einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen, der Prozess wird voraussichtlich wenige Wochen vor der Landtagswahl geführt werden. Potentielle Wähler aus dem rechtskonservativen Spektrum dürften solche Töne wohl eher verschrecken und dazu führen, dass sie am Wahltag ihre Stimme einer anderen Partei geben.
Nach dem Einzug in den Schweriner Landtag im Jahr 2006 machte der Fraktionsvorsitzende der NPD Andreas Theißen zu seinem Wahlkreismitarbeiter. Theißen, gebürtiger Berliner, kann Pastörs aus strafrechtlicher Sicht durchaus das Wasser reichen. Als „erste Amtshandlung“ hatte Theißen am Abend der Landtagswahl 2006 einen Kameramann gewaltsam abgedrängt, so dass dieser leicht verletzt wurde. Das Amtsgericht Schwerin verurteilt den NPD-Politiker dafür im Sommer 2008 wegen Körperverletzung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro. Auch mit Sprengstoff scheint der sechsfache Familienvater durchaus vertraut zu sein. Genau zehn Jahre bevor Pastörs Theißen zu seinem Mitarbeiter machte, wurde bei ihm Sprengstoff gefunden. Daraufhin verurteilte ihn das Amtsgericht Hagenow wegen vorsätzlichen und fahrlässigen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung.
Am Rande eines NPD-Parteitags im Dezember 2004 trat Stefan Köster, Vorsitzender des NPD-Landesverbandes, auf eine am Boden liegende Demonstrantin ein – der Landesvorsitzende wurde daraufhin vom Amtsgericht Itzehoe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Auch Köster ging gegen das Urteil in Berufung, mittlerweile war er jedoch in den Landtag eingezogen und stand somit unter dem Schutz der Immunität. Bereits in der vierten Landtagssitzung wurde diese allerdings aufgehoben, der Landtag machte somit den Weg frei für die Berufungsverhandlung. Der Prozess endete jedoch schnell, die Verteidigung reduzierte ihren Widerspruch gegen die Verurteilung auf das Strafmaß; von der Bewährungsstrafe wurde abgesehen, Köster wurde lediglich zur Zahlung von 5.400 Euro verurteilt. Damit ist allerdings auch die „geständnisgleiche“ Anerkennung des erstinstanzlichen Urteilsspruchs verbunden; Köster ist seitdem rechtskräftig wegen Körperverletzung vorbestraft, was ihm im Parlament den unrühmlichen Titel „Frauenschläger“ einbrachte.
Obwohl Tino Müller als einer der radikaleren NPD-Abgeordneten gilt, hat er aus strafrechtlicher Sicht weniger auf dem Kerbholz als seine Landtags-Kollegen Udo Pastörs und Stefan Köster. Dennoch: Auch in der Causa Müller musste sich der Rechtsausschuss des Landtages mit der Immunität des Landtagsabgeordneten befassen. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelte gegen den gelernten Maurer, der im September 2008 eine nicht genehmigte Protestdemonstration in Ueckermünde initiiert und geleitet haben soll. Das Amtsgericht Ueckermünde verurteilte Müller wegen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“ zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro. Doch war dies nicht das einzige Mal, dass der NPD-Mann seit dem Einzug in das Schweriner Schloss mit dem Gesetz in Konflikt kam. Eine Alkoholfahrt im Februar 2010 endete für Tino Müller zunächst im Schnee, die Polizei stellte daraufhin einen Atemalkoholwert von 0,9 Promille fest und Müller entschuldigte sich öffentlich. Er habe wegen der „eisigen Kälte“ Glühwein getrunken und dabei die Wirkung des Alkohols „eindeutig unterschätzt“.
Mit einer Beichte dieser Art kann Birger Lüssow hingegen nicht aufwarten, der ebenfalls unter Alkoholeinfluss hinter dem Steuer saß. Sein Atemalkoholwert sei bei einer Fahrt im Oktober 2009 dermaßen hoch gewesen, dass eine „deutliche Fahruntüchtigkeit“ vorgelegen habe. Erwartungsgemäß folgte der Landtag der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses, hob in seiner 93. Sitzung die Immunität des NPD-Landtagsabgeordneten auf und machte somit den Weg frei für einen Strafbefehl. Nur am Rande: Lüssow war zu der Zeit für die NPD-Fraktion Mitglied des Verkehrsausschusses. Doch auch der gebürtige Rostocker ist mit der Aufhebung der Immunität bestens vertraut. Nur wenige Monate zuvor war diese bereits zum ersten Mal aufgehoben worden, da er auf einem Neonazi-Konzert Kleidung mit verfassungswidrigen Symbolen verkauft hatte und die Staatsanwaltschaft Rostock einen Strafbefehl gegen ihn erlassen wollte.
Auch mit Raimund Borrmann hatte sich die Oberstaatsanwaltschaft Rostock auseinanderzusetzen: Sie hatte beim Schweriner Landtag die Genehmigung der Strafverfolgung gegen den NPD-Landtagsabgeordneten beantragt, was zur Aufhebung seiner Immunität im Dezember 2010 führte. Die Staatsanwaltschaft ließ Borrmann daraufhin wegen Sozialbetrugs einen Strafbefehl über 7.500 Euro zukommen. In einer Berufungsverhandlung konnte er das Gericht jedoch seiner Unschuld überzeugen und wurde von allen Vorwürfen freigesprochen. Damit ist Raimund Borrmann der einzige NPD-Politiker im Landtag von Schwerin, dessen Aufhebung der Immunität – zumindest im Nachhinein – sich als unbegründet herausstellte.
Lediglich mit Michael Andrejewski musste sich der Europa- und Rechtsausschuss des Landtages, der für die Immunitätsfragen verantwortlich ist, noch nie auseinandersetzen. Der NPD-Landtagsabgeordnete ließ sich während seiner Amtszeit im Schweriner Schloss strafrechtlich nichts zuschulden kommen. Als es 1992 im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen zu tagelangen pogromartigen Ausschreitungen kam und ein Asylbewerberheim brannte, war dieser Gewalttat eine Flugblattaktion mit dem Titel „Widerstand gegen die Ausländerflut“ vorausgegangen, für die sich der NPD-Politiker verantwortlich zeigte. Dem Journalisten Thilo Schmidt zufolge galt auch Andrejewski daraufhin als „ideologischer Brandstifter“.
Über Fraktionsgelder hatte die NPD die Möglichkeit, etliche Mitarbeiter in ihr „Versorgungswerk“ aufzunehmen. Dass sich mehrere dieser Personen, die oft direkt der Kameradschaftsszene entstammen, in deutschen Gerichtssälen bestens auskennen, war für die rechtsextreme Partei nie ein Hinderungsgrund, sie in ihrer Fraktion anzustellen. Prominentester Mitarbeiter aus strafrechtlicher Sicht dürfte Michael Grewe sein, der als Landesorganisationsleiter im Vorstand des NPD-Landesverbandes vertreten ist. Im Juni 2007 wurde er im sogenannten Pölchow-Prozess wegen Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, zusätzlich zu gemeinnütziger Arbeit im Umfang von 150 Stunden. Anwaltlich vertreten wurde das NPD-Vorstandsmitglied damals im Übrigen vom Juristen Michael Andrejewski.
Der Kameradschaftskader Lutz Giesen stand bei der NPD-Fraktion ebenfalls in Lohn und Brot. Der Rechtsextremist dürfte Spitzenreiter sein, was die Verurteilungen anbetrifft. So ist Giesen wegen gefährlicher Körperverletzung, Erpressung, schweren Diebstahls, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, gemeinschaftlicher Nötigung, Hausfriedensbruchs und Volksverhetzung vorbestraft. Insgesamt waren gegen den Rechtsextremisten über 40 einschlägige Ermittlungsverfahren anhängig.
Vor allem ein NPD-Politiker trat in der jüngsten Vergangenheit – wenn auch des Öfteren wenig vorteilhaft – für die rechtsextreme NPD medial in Erscheinung: Sven Krüger. Der Bauunternehmer zeichnet sich verantwortlich für das sogenannte Thing-Haus in Grevesmühlen, welches sich seit der Fertigstellung 2010 zu einem festen Neonazi-Treffpunkt entwickelte und gleichzeitig die Bürgerbüros des Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs und des Landesvorsitzenden Stefan Köster beherbergt. Der NPD-Landesverband zeigte sich erkenntlich und hob den Unternehmer in den Landesvorstand.
Wenige Monate später wurde der bekennende Neonazi jedoch von der Polizei in U-Haft genommen. Ihm werden Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und gewerbsmäßige Hehlerei vorgeworfen. Während der Razzia wurden mehrere Baumaschinen beschlagnahmt, bei denen es sich um Hehlerware handeln soll. Zusätzlich fand die Polizei eine funktionstüchtige Maschinenpistole mit 200 Schuss Munition. Nachdem die Staatsanwaltschaft Schwerin wenig später Anklage gegen Krüger erhob, geriet die NPD mit Hinblick auf die Landtagswahl immer mehr unter Zugzwang. Fast täglich berichteten die Medien über den Vorfall. Krüger entschied sich, seinen Posten im NPD-Landesvorstand bis zur Klärung des Sachverhalts ruhen zu lassen; ein Kreistagsmandat, dass der bereits mehrfach vorbestrafte NPD-Politiker innehatte, legte er ganz nieder.
Der NPD-Landesverband hat nachweislich kein Problem mit schweren Straftaten, wenn es um ihre führenden Köpfe, Mitglieder oder Mitarbeiter geht. Lediglich zur Landtagswahl wird versucht, negativen Schlagzeilen vorzubeugen. Die radikaleren Neonazis werden gezügelt und auch im Internet publiziert die NPD spürbar gemäßigtere Inhalte.
Bezeichnenderweise haben NPD-Fraktionsmitglieder jedoch selbst bereits des Öfteren Kontakt mit der Justiz gehabt, und auch vielen Mitarbeitern ist Kriminalität alles andere als ein Fremdwort. Immer wieder setzen die Abgeordneten der NPD das Thema Ausländerkriminalität auf die Tagesordnung und versuchen so wohl auch von eigenen Machenschaften abzulenken.
Durch ihre Funktion als Abgeordnete des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern stehen die sechs NPD-Landtagsabgeordneten – wie die Abgeordneten der anderen Parteien auch – unter dem Schutz von Immunität und Indemnität. Die Immunität, also der Schutz von Abgeordneten vor der Strafverfolgung, sorgt dafür, dass die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sichergestellt ist, schützt Abgeordnete selbst aber nicht vor Strafe. Eine Staatsanwaltschaft kann gegen einen Landtagsabgeordneten zwar Ermittlungen durchführen, jedoch kann sie ohne die Aufhebung der Immunität keine Anklage erheben. Dafür berät der Rechtsausschuss über das Ersuchen und legt dem Landtag eine Beschlussempfehlung vor. Über diese haben die Abgeordneten des Plenums dann die finale Entscheidung. Erst wenn sich die Mehrheit für die Aufhebung der Immunität ausspricht, kann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Mit diesem Prozedere sind auch die Abgeordneten der NPD bestens vertraut. Jeder der Rechtsextremisten hat während der Legislaturperiode im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen bereits seine Immunität verloren – mit Ausnahme von Michael Andrejewski. In seinem knapp 20-jährigen Studium hat der Jurist offensichtlich die Vorzüge der mit dem Einzug in den Landtag erlangten Immunität und Indemnität zu schätzen gelernt.
Die höchste mediale Aufmerksamkeit im Zuge eines Prozesses erfuhr zweifelsohne der NPD-Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs. Während einer politischen Aschermittwochs-Veranstaltung der NPD-Saar am 25. Februar 2009 soll der gelernte Uhrmacher in einer Rede von einem „Finanzgebäude dieser Judenrepublik“ und im Zusammenhang mit türkischstämmigen Personen von „Samenkanonen“ gesprochen haben. Ein Radioredakteur des Norddeutschen Rundfunks ließ seinerzeit der Staatsanwaltschaft Saarbrücken den Mitschnitt der Rede zukommen und ermöglichte so eine Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden. Das Amtsgericht Saarbrücken verurteilte Udo Pastörs einige Monate später wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro. Nach Ansicht der Richter habe der Fraktionschef zum Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens und türkischer Abstammung aufgestachelt sowie diese verächtlich gemacht.
Zuvor hatte Pastörs durch einen juristischen Winkelzug noch versucht, die Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Seiner Meinung nach sei er damals im Zuge der Bundespräsidentenwahl noch Mitglied der Bundesversammlung gewesen und hätte somit noch Immunität genossen, das Gericht sah dies jedoch anders. Nach der Verurteilung ging Pastörs zwar in Berufung, das Amtsgericht Saarbrücken bestätigte im Oktober 2010 allerdings die Bewährungsstrafe.
Nur wenige Monate später, aber weitaus problematischer gestaltete sich ein erneuter Prozess gegen Udo Pastörs. Im April 2011 – und somit weniger als ein halbes Jahr vor der Landtagswahl – stand dem NPD-Mann eine erneute Anklage ins Haus. In der 88. Landtagssitzung im Januar 2010 hätte Pastörs nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Schwerin die bewusst wahrheitswidrige Behauptung aufgestellt, dass der Holocaust als die systematische Vernichtung der Juden durch die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft, für den Auschwitz als Symbol steht, erfunden sei. Dies stelle eine Verleumdung und zugleich eine Verunglimpfung des Andenkens der verstorbenen Opfer des Holocaust dar. Zwar darf weder Pastörs noch einer der anderen 70 Landtagsabgeordneten wegen einer Äußerung, die sie im Parlament oder dessen Ausschüssen getan haben, zur Verantwortung gezogen werden, da sie unter dem Schutz der Indemnität stehen. Jedoch stellt Verleumdung nach § 187 StGB die einzige Ausnahme von der Indemnität dar. Für den Lübtheener kann die Anklage zu kaum einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen, der Prozess wird voraussichtlich wenige Wochen vor der Landtagswahl geführt werden. Potentielle Wähler aus dem rechtskonservativen Spektrum dürften solche Töne wohl eher verschrecken und dazu führen, dass sie am Wahltag ihre Stimme einer anderen Partei geben.
Nach dem Einzug in den Schweriner Landtag im Jahr 2006 machte der Fraktionsvorsitzende der NPD Andreas Theißen zu seinem Wahlkreismitarbeiter. Theißen, gebürtiger Berliner, kann Pastörs aus strafrechtlicher Sicht durchaus das Wasser reichen. Als „erste Amtshandlung“ hatte Theißen am Abend der Landtagswahl 2006 einen Kameramann gewaltsam abgedrängt, so dass dieser leicht verletzt wurde. Das Amtsgericht Schwerin verurteilt den NPD-Politiker dafür im Sommer 2008 wegen Körperverletzung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro. Auch mit Sprengstoff scheint der sechsfache Familienvater durchaus vertraut zu sein. Genau zehn Jahre bevor Pastörs Theißen zu seinem Mitarbeiter machte, wurde bei ihm Sprengstoff gefunden. Daraufhin verurteilte ihn das Amtsgericht Hagenow wegen vorsätzlichen und fahrlässigen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung.
Am Rande eines NPD-Parteitags im Dezember 2004 trat Stefan Köster, Vorsitzender des NPD-Landesverbandes, auf eine am Boden liegende Demonstrantin ein – der Landesvorsitzende wurde daraufhin vom Amtsgericht Itzehoe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Auch Köster ging gegen das Urteil in Berufung, mittlerweile war er jedoch in den Landtag eingezogen und stand somit unter dem Schutz der Immunität. Bereits in der vierten Landtagssitzung wurde diese allerdings aufgehoben, der Landtag machte somit den Weg frei für die Berufungsverhandlung. Der Prozess endete jedoch schnell, die Verteidigung reduzierte ihren Widerspruch gegen die Verurteilung auf das Strafmaß; von der Bewährungsstrafe wurde abgesehen, Köster wurde lediglich zur Zahlung von 5.400 Euro verurteilt. Damit ist allerdings auch die „geständnisgleiche“ Anerkennung des erstinstanzlichen Urteilsspruchs verbunden; Köster ist seitdem rechtskräftig wegen Körperverletzung vorbestraft, was ihm im Parlament den unrühmlichen Titel „Frauenschläger“ einbrachte.
Obwohl Tino Müller als einer der radikaleren NPD-Abgeordneten gilt, hat er aus strafrechtlicher Sicht weniger auf dem Kerbholz als seine Landtags-Kollegen Udo Pastörs und Stefan Köster. Dennoch: Auch in der Causa Müller musste sich der Rechtsausschuss des Landtages mit der Immunität des Landtagsabgeordneten befassen. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelte gegen den gelernten Maurer, der im September 2008 eine nicht genehmigte Protestdemonstration in Ueckermünde initiiert und geleitet haben soll. Das Amtsgericht Ueckermünde verurteilte Müller wegen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“ zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro. Doch war dies nicht das einzige Mal, dass der NPD-Mann seit dem Einzug in das Schweriner Schloss mit dem Gesetz in Konflikt kam. Eine Alkoholfahrt im Februar 2010 endete für Tino Müller zunächst im Schnee, die Polizei stellte daraufhin einen Atemalkoholwert von 0,9 Promille fest und Müller entschuldigte sich öffentlich. Er habe wegen der „eisigen Kälte“ Glühwein getrunken und dabei die Wirkung des Alkohols „eindeutig unterschätzt“.
Mit einer Beichte dieser Art kann Birger Lüssow hingegen nicht aufwarten, der ebenfalls unter Alkoholeinfluss hinter dem Steuer saß. Sein Atemalkoholwert sei bei einer Fahrt im Oktober 2009 dermaßen hoch gewesen, dass eine „deutliche Fahruntüchtigkeit“ vorgelegen habe. Erwartungsgemäß folgte der Landtag der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses, hob in seiner 93. Sitzung die Immunität des NPD-Landtagsabgeordneten auf und machte somit den Weg frei für einen Strafbefehl. Nur am Rande: Lüssow war zu der Zeit für die NPD-Fraktion Mitglied des Verkehrsausschusses. Doch auch der gebürtige Rostocker ist mit der Aufhebung der Immunität bestens vertraut. Nur wenige Monate zuvor war diese bereits zum ersten Mal aufgehoben worden, da er auf einem Neonazi-Konzert Kleidung mit verfassungswidrigen Symbolen verkauft hatte und die Staatsanwaltschaft Rostock einen Strafbefehl gegen ihn erlassen wollte.
Auch mit Raimund Borrmann hatte sich die Oberstaatsanwaltschaft Rostock auseinanderzusetzen: Sie hatte beim Schweriner Landtag die Genehmigung der Strafverfolgung gegen den NPD-Landtagsabgeordneten beantragt, was zur Aufhebung seiner Immunität im Dezember 2010 führte. Die Staatsanwaltschaft ließ Borrmann daraufhin wegen Sozialbetrugs einen Strafbefehl über 7.500 Euro zukommen. In einer Berufungsverhandlung konnte er das Gericht jedoch seiner Unschuld überzeugen und wurde von allen Vorwürfen freigesprochen. Damit ist Raimund Borrmann der einzige NPD-Politiker im Landtag von Schwerin, dessen Aufhebung der Immunität – zumindest im Nachhinein – sich als unbegründet herausstellte.
Lediglich mit Michael Andrejewski musste sich der Europa- und Rechtsausschuss des Landtages, der für die Immunitätsfragen verantwortlich ist, noch nie auseinandersetzen. Der NPD-Landtagsabgeordnete ließ sich während seiner Amtszeit im Schweriner Schloss strafrechtlich nichts zuschulden kommen. Als es 1992 im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen zu tagelangen pogromartigen Ausschreitungen kam und ein Asylbewerberheim brannte, war dieser Gewalttat eine Flugblattaktion mit dem Titel „Widerstand gegen die Ausländerflut“ vorausgegangen, für die sich der NPD-Politiker verantwortlich zeigte. Dem Journalisten Thilo Schmidt zufolge galt auch Andrejewski daraufhin als „ideologischer Brandstifter“.
Über Fraktionsgelder hatte die NPD die Möglichkeit, etliche Mitarbeiter in ihr „Versorgungswerk“ aufzunehmen. Dass sich mehrere dieser Personen, die oft direkt der Kameradschaftsszene entstammen, in deutschen Gerichtssälen bestens auskennen, war für die rechtsextreme Partei nie ein Hinderungsgrund, sie in ihrer Fraktion anzustellen. Prominentester Mitarbeiter aus strafrechtlicher Sicht dürfte Michael Grewe sein, der als Landesorganisationsleiter im Vorstand des NPD-Landesverbandes vertreten ist. Im Juni 2007 wurde er im sogenannten Pölchow-Prozess wegen Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, zusätzlich zu gemeinnütziger Arbeit im Umfang von 150 Stunden. Anwaltlich vertreten wurde das NPD-Vorstandsmitglied damals im Übrigen vom Juristen Michael Andrejewski.
Der Kameradschaftskader Lutz Giesen stand bei der NPD-Fraktion ebenfalls in Lohn und Brot. Der Rechtsextremist dürfte Spitzenreiter sein, was die Verurteilungen anbetrifft. So ist Giesen wegen gefährlicher Körperverletzung, Erpressung, schweren Diebstahls, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, gemeinschaftlicher Nötigung, Hausfriedensbruchs und Volksverhetzung vorbestraft. Insgesamt waren gegen den Rechtsextremisten über 40 einschlägige Ermittlungsverfahren anhängig.
Vor allem ein NPD-Politiker trat in der jüngsten Vergangenheit – wenn auch des Öfteren wenig vorteilhaft – für die rechtsextreme NPD medial in Erscheinung: Sven Krüger. Der Bauunternehmer zeichnet sich verantwortlich für das sogenannte Thing-Haus in Grevesmühlen, welches sich seit der Fertigstellung 2010 zu einem festen Neonazi-Treffpunkt entwickelte und gleichzeitig die Bürgerbüros des Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs und des Landesvorsitzenden Stefan Köster beherbergt. Der NPD-Landesverband zeigte sich erkenntlich und hob den Unternehmer in den Landesvorstand.
Wenige Monate später wurde der bekennende Neonazi jedoch von der Polizei in U-Haft genommen. Ihm werden Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und gewerbsmäßige Hehlerei vorgeworfen. Während der Razzia wurden mehrere Baumaschinen beschlagnahmt, bei denen es sich um Hehlerware handeln soll. Zusätzlich fand die Polizei eine funktionstüchtige Maschinenpistole mit 200 Schuss Munition. Nachdem die Staatsanwaltschaft Schwerin wenig später Anklage gegen Krüger erhob, geriet die NPD mit Hinblick auf die Landtagswahl immer mehr unter Zugzwang. Fast täglich berichteten die Medien über den Vorfall. Krüger entschied sich, seinen Posten im NPD-Landesvorstand bis zur Klärung des Sachverhalts ruhen zu lassen; ein Kreistagsmandat, dass der bereits mehrfach vorbestrafte NPD-Politiker innehatte, legte er ganz nieder.
Der NPD-Landesverband hat nachweislich kein Problem mit schweren Straftaten, wenn es um ihre führenden Köpfe, Mitglieder oder Mitarbeiter geht. Lediglich zur Landtagswahl wird versucht, negativen Schlagzeilen vorzubeugen. Die radikaleren Neonazis werden gezügelt und auch im Internet publiziert die NPD spürbar gemäßigtere Inhalte.