Streit unter Dresdner Neonazis eskaliert

Richtungsstreitigkeiten prägen seit längerem die sächsische braune Szene. Die Verhaftung von sechs Kameradschaftsanhängern gibt Einblick in den Hintergrund der Differenzen.

Dienstag, 06. Dezember 2016
Andrea Röpke

Nachdem sechs Nachwuchsaktivisten der „Freien Kräfte Dresden“ vergangene Woche im Rahmen einer umfangreichen Razzia festgenommen wurden, (bnr.de berichtete) brach in den sozialen Netzwerken ein schwelender Konflikt zwischen den älteren Strategen aus. Maik Müller, langjähriger freier Anführer, der die seit längerem ein Verbot fürchtende „Kameradschaft Dresden“ 2014 mit unter in die Obhut der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) geführt hatte, griff den ehemaligen NPD-Landtagsabgeordneten René Despang bei Facebook an. Er beschuldigte den umtriebigen Despang, mit der nun als kriminell eingestuften Kameradschaft die „gutwillige Jugend“ verheizt zu haben. Müller bezeichnete Despang als „elende Drecksau“ und „Kameradenschwein“, der „potentielle JN-Interessenten“ für eine eigene Kameradschaft abgeworben habe und sich nun nicht um die Betroffenen kümmern würde.

Zum Hintergrund: Die ältere Generation der „Freien Kräfte Dresden“ hatte sich bereits in den 1990er Jahren gegründet und war unter  Führungskadern wie Ronny Thomas und Maik Müller lange aktiv. Müller selbst gibt an, seit 2004 Demonstrationen zu besuchen. Er gilt als gut vernetzt und konspirativ. Als etwa 2014 ein Verbot der Kameradschaft wahrscheinlicher wurde, schlüpften die Aktivisten um Müller bei der Parteijugend JN unter, machten sich weniger angreifbar. Einige der Jüngeren aber agierten als „Freie Kräfte“ in „Division Sachsen“-Shirts äußerst aggressiv weiter.

Bereits in Neuruppin sehr auffällig aufgetreten

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft der Gruppierung unter dem Aliasnamen „Freie Kameradschaft Dresden“ nun die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vor. Gegen 17 Beteiligte wird ermittelt, sechs Verdächtige wurden festgenommen. Die Gruppe steht im Verdacht, 14 Straftaten, unter anderem Beteiligung an der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, versuchte Brandstiftung, Landfriedensbruch im besonders schweren Fall, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen begangen zu haben. Zudem werden sie mit Gewalttaten im Bereich von Asylunterkünften in Freital, Heidenau, Dresden und bei Tathandlungen gegen Asylsuchende und politische Gegner in Verbindung gebracht.

Unter den Festgenommenen sind der Dynamo-Hool Nick F., geboren 1992, Benjamin Z., Florian N. und Robert St. Letzterer wurde kürzlich wegen des Angriffs auf eine Flüchtlingsunterkunft in Dresden-Stetzsch verurteilt. Die Gruppe trat bereits 2015 beim von Maik Müller seit Jahren mitorganisierten „Tag der deutschen Zukunft“ in Neuruppin sehr auffällig und aggressiv auf.

Dieter Riefling unterstützt Maik Müller

René Despang zog nach dem Tod des Abgeordneten Uwe Leichsenring 2006 in den Landtag in Dresden ein. Nach dem Wahlmisserfolg der NPD im Jahr 2014 blieb er als lokaler Abgeordneter in Dresden aktiv, organisierte aber vor allem Anti-Asyl-Initiativen mit und rief seine Anhänger zur Teilnahme an der „Festung Europa“-Kundgebung von Tatjana Festerling auf. Das behagte dem Kreis um Alt-Anführer Maik Müller scheinbar nicht, dessen Umfeld eher als Pegida-Befürworter gilt.

Nach den Festnahmen eskalierte der interne Zwist öffentlich. „Rene warum waren die Ermittlungsbehörden nicht auch bei dir ?? das Ganze stickt (stinkt) gewaltig...“ schrieb einer bei Facebook. Trotzig verteidigte Despangs Partnerin den Angegriffenen mit den Worten, er würde nur noch „seltenen Kontakt“ zu der jungen Gruppe pflegen, er hätte demnach gar nichts mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zu tun. Doch Müllers Vorwürfe gegen René Despang scheinen auch in der überregionalen Kameradschafts-Szene  Gewicht zu haben. So drohte der erst vor wenigen Monaten aus der Haft entlassene Dieter Riefling, Ex-„Blood&Honour“-Aktivist aus Hildesheim: Wer Müller angreife, „kann mal mit einem PKW aus Niedersachsen rechnen!“ Ein Angriff auf  den Dresdener Maik Müller (alias Maximilian Brown) bedeute einen Angriff auf ihn, so Riefling und damit: „Ende der Durchsage!“

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