„Bürgerbewegung Pax Europa“
Streit um Stürzenberger geht in die nächste Runde
Das Oberlandesgericht München hat ein von Michael Stürzenberger angestrengtes Unterlassungsbegehren gegen seinen Widersacher bei der „Bürgerbewegung Pax Europa“ verhandelt. Unabhängig vom Ausgang wird der Streit wohl andauern.

Seit Dezember gibt es Zoff innerhalb der „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE), einer Organisation, die sich der angeblichen Aufklärung „über den politischen Islam“ verschrieben hat, in Person vom Hauptakteur Michael Stürzenberger in aggressiv-kämpferischen Kundgebungen aber pauschal gegen die Weltreligion und ihre Anhänger polemisiert und polarisiert. Die Organisation ist weiterhin gemeinnützig, trotz der jahrelangen Nennung ihres zentralen Akteurs – der Richter nannte Stürzenberger in der Verhandlung „die Rampensau des Vereins“ – in den bayerischen Verfassungsschutzberichten.
Diese steuerlichen Vorteile sieht Geuking, der im Dezember zum Vorsitzenden gewählt wurde, nun bedroht. Weniger durch die krude inhaltliche Ausrichtung Stürzenbergers, sondern durch den Umstand, dass der in München lebende Agitator es gewohnt war, sich für das Abhalten von Kundgebungen und die Produktion von Videos größere Summen auszahlen zu lassen, obwohl er selbst im Vorstand des gemeinnützigen Vereins war. Zudem lud er nach Versammlungen immer eine größere Anzahl an Anhängern auf Kosten des Vereins zum Essen sein. Stürzenberger wiederum wirft Geuking vor, seine Form der „Islamaufklärung“ torpedieren zu wollen. Vielmehr dürfte es jedoch um den unbeschränkten Zugriff auf die Finanzen des Vereins gehen, die ein bayerischer Unternehmer mit Spenden zudem kräftig aufbessern soll.
Querdenker-Anwalt Haintz soll für Stürzenberger Unterlassung erwirken
Der Vorstand um Geuking informierte am 22. März die Mitglieder in einem Rundbrief über die aus ihrer Sicht „üblen Missstände“ in den Finanzen des Vereins mit Doppelabbuchungen, nicht anerkennungsfähigen Belegen, vorsätzlichen Verstößen gegen die Abgabenordnung und dem Verdacht des Betrugs. Deshalb werde der Verein um die 157.800 Euro an ausbezahlten Beträgen zurückfordern, Stürzenberger träfe mit rund 76.000 Euro der größte Einzelbetrag.
Der wiederum sah sich durch das Schreiben des Vorstands verleumdet und versuchte wohl über den bekannten Querdenker-Anwalt Markus Haintz in einem Zivilverfahren Geuking zur Unterlassung bestimmter Äußerungen zu verpflichten. Jedenfalls war Haintz die rechtliche Vertretung im Ausgangsverfahren. Am Landgericht gab es bereits eine Niederlage für Stürzenberger, er legte allerdings Rechtsmittel ein. Am Montag vor dem Oberlandesgericht München wurde Stürzenberger in der mündlichen Verhandlung durch eine Münchner Kanzlei vertreten.
Mannigfaltige Versuche, Stürzenberger auszuschließen
Obwohl es nur um die in dem Schreiben gemachten Vorwürfe ging, holten beide Seiten immer wieder in den Gesamtstreit aus. Geuking vertritt dabei weiterhin die Position, dass Stürzenberger ausgeschlossen worden sei. Der Vorstand hätte ihn zunächst ohne Anhörung rausgeworfen. Das sei gekippt worden, weshalb ihm danach mit Anhörung die Mitgliedsrechte entzogen worden sein sollen. Ergänzend sei er wegen Mitgliedschaft in einer extremistischen Vereinigung ausgeschlossen worden, was die Satzung angeblich erlaube. Die Geuking-Seite bezog sich hier wohl auf Stürzenbergers Verbindungen – so stellt er es in seinem Video selbst dar – zum Hassblog „Politically Incorrect“, die bekannt waren und die jahrelang nicht gestört hatten. Zudem schaltet die BPE dort bis heute ein Werbebanner. Zu guter Letzt enthielt auch ein Vertrag zur finalen Streitbelegung wohl die Klausel, wonach sich Stürzenberger zum Rücktritt verpflichten wollte. Geuking präsentierte das von beiden Seiten unterzeichnete Papier im Gericht. Stürzenberger betrachtet den Vertrag als nicht zustande gekommen. Das Gericht bat um die Übermittlung einer Kopie.
Stürzenberger sieht sich dagegen weiterhin als Vereins- und Vorstandsmitglied, weil nur eine Mitgliederversammlung ihn ausschließen könne. Er hatte als Gegenmaßnahme gegen den neugierigen Vorstand eine schnelle Neuwahl forciert, was dann auch auf einer in Wertheim abgehaltenen Versammlung – den Bildern nach auf einer Wiese – passiert sein soll. Der dort gewählte Vorstand besteht zum Teil aus Angehörigen eines Gruppe, mit der Stürzenberger seine aggressiv-kämpferischen Kundgebungen abhält. Die Geuking-Seite erkennt wiederum die Versammlung nicht an.
Der Vorsitzende Richter Arnold erkannt schnell, dass eine Einigung in der zu verhandelnden Sache nicht zu erzielen war. Auch Appelle, beide hätten sich doch mal dem gleichen Vereinszweck unterworfen und der Streit lähme doch das Vereinsleben, fruchteten nicht. Er verstünde auch nicht, warum beide Seiten angesichts der Unversöhnlichkeit nicht endgültig getrennte Wege gehen würden. Allerdings steht für Stürzenberger neben seiner ideellen Lebensaufgabe ein gehöriger Teil seines finanziellen Auskommens auf dem Spiel. Einen mehr auf ihn zugeschnittenen Verein dürfte der mittlerweile feste Bestandteil des bayerischen Verfassungsschutzberichts nicht so schnell finden, dazu gemeinnützig. Mitglieder würden ihm wohl in großer Zahl folgen.
Die „Rampensau“ der BPE
Stürzenberger verbreitete auf Telegram nach der Verhandlung gegenüber seinen Followern Zuversicht. Den Hinweisen des Richters nach dürfte er den Fall allerdings verlieren. Die Meinungsfreiheit gehe in Deutschland sehr weit, dass wisse wohl niemand besser als Stürzenberger, der oft davon profitieren würde, so der Richter, der ein genaues Bild davon hatte, welche Art Akteure er da vor sich hatte. Ein Teil der Äußerungen, die Geuking unterlassen solle, seien definitiv geschützte Werturteile und der weite Rahmen der Meinungsfreiheit gelte auch für Streitigkeiten innerhalb eines Vereins. Stürzenberger sah das erwartungsgemäß anders.
Zudem sei durch den unpersönlichen Stil im Mitgliederbrief unklar, ob Stürzenberger mit den möglicherweise ehrverletzenden Bemerkungen gemeint sei. Er sei zwar, so der Richter, „die Rampensau“ des Vereins und der größte finanzielle Profiteur, deshalb müsse er nicht zwingend „der Beschuldigte“ des Schreibens sein. Das herauszuarbeiten wird Aufgabe der Schriftsätze sein, die Stürzenbergers Seite noch nachlegen muss.
Schlechte Aussichten für Stürzenberger
Und selbst strafrechtliche Vorwürfe seien im Rahmen der Meinungsfreiheit möglich, sie dürfte nur nicht ins Blaue geäußert werden. Die Regeln der Verdachtsberichterstattung forderten hier eine sorgsame Recherche. Hier konnte Geuking jedenfalls punkten. Er habe sich bei zwei Anwaltskanzleien erkundigt und beide hätten dem Verein geraten, die Gelder zurückzufordern. Diesen Rechtsrat nannte Richter Arnold jedenfalls nicht unplausibel, würde er sich doch in der Abgabenordnung widerspiegeln.
Abschließend gab die Kammer beiden Seiten noch folgenden Hinweise mit auf den Weg. Es sei eher unwahrscheinlich, dass Stürzenberger die Angelegenheit in allen Punkten gewänne. Für einen Sieg in einzelnen Teilen stehen die Chancen auch schlecht. Für die Geuking-Seite stünden die Prognosen wesentlich besser. Eine vollständige Abweisung von Stürzenbergers Anträgen sei möglich, aber nicht zwingend.
Die Entscheidung soll am 25. September verkündet werden. Den Streit zwischen Stürzenberger und Geuking, die sich noch einige Male im Gericht begegnen dürften, wird die Entscheidung nicht beilegen, soweit war sich der Richter am Ende sicher.