Stelldichein von Holocaust-Leugnern
Am 11. Februar soll in Dresden ein von einer „Volkstreuen Bürgerrechtsbewegung“ um den Neonazi Gerhard Ittner angemeldeter „Trauermarsch“ stattfinden.
Der Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am 13. Februar rückt näher und damit auch das ritualisierte neonazistische Gedenken dazu. Die braune Inszenierung durch Instrumentalisierung eines geschichtlichen Ereignisses soll dabei schon am 11. Februar beginnen. Angemeldet wurde für den Samstag ein Trauerzug vom Dresdner Zwinger aus. Die verantwortliche Initiative nennt sich „Volkstreue Bürgerrechtsbewegung“. Dahinter steckt der notorische Revisionist Gerhard Ittner aus Zirndorf bei Nürnberg, der offenbar vornehmlich Holocaust-Leugnern eine öffentliche Plattform bieten möchte.
Beim „Trauermarsch“ will der Neonazi selbst ans Mikrofon treten und hat zudem nach eigenen Angaben noch mindestens sieben weitere Redner benannt. Er will angeblich auch bei Michele Renouf für eine Teilnahme angefragt haben. Sie lebt in Großbritannien und zählt zum international aktiven Netzwerk von Holocaust-Leugnern, zu dem auch der Zirndorfer gerechnet werden kann. Zu den aufgebotenen Rednern sollen Eigenangaben zufolge Bernhard Schaub, Hartmut Wostupatsch, Henry Hafenmayer, Peter Pawlak, Reza Begi, Dagmar Brenne und Alfred Schaefer gehören.
Antisemiten und Verschwörungstheoretiker
Der Schweizer Schaub ist bekannt als bekennender Antisemit und Holocaust-Leugner. Er ist einer der Köpfe der vorwiegend im deutschsprachigen Raum länderübergreifend agierenden „Europäischen Aktion“, die aber auch bis nach Frankreich und Großbritannien vernetzt ist. Wostupatsch kommt aus Würzburg, hat sich zwischenzeitlich mit der NPD überworfen und tauchte zuletzt immer wieder bei der rechtsextremen Konkurrenz-Partei „Die Rechte“ auf. Hafenmayer ist in Oberhausen anzutreffen und hat eine Selbstbezichtigung ins Internet gestellt, dass er den Holocaust als historische Tatsache bestreitet. Er steht auch für andere fantasievolle Verschwörungsergüsse. In letzterem Dunstfeld ist auch Pawlak einzuordnen, der seit Jahren als so genannter „Reichsbürger“ unterwegs ist. 2005 ging er als Kandidat der Linkspartei in Hessen an den Start, als Hartz IV-Gegner brachte er Proteste auf die Straße. Mittlerweile fühlt er sich auch im Umfeld der rechtsextremen „Thügida“-Bewegung wohl.
Begi ist Taxifahrer in Köln und hat iranische Wurzeln. Vor allem äußert er sich aber antisemitisch und beteiligte sich unter anderem an der „Merkel muss weg“-Demonstration am 30. Juli 2016 in Berlin. Initiiert wurde die von dem des rechtspopulistischen Bündnisses „Wir für Berlin und Wir für Deutschland“ (WfD), bei dem der „pro Deutschland“-Funktionär Enrico Stubbe maßgeblicher Strippenzieher ist. In einem Posting auf Facebook bezeichnete Begi Bundeskanzlerin Merkel zuvor bereits als Halbjüdin und Faschistin.
Brenne schwadroniert in Videoclips über eine rassistische jüdische Überlegenheit („Meisterrasse“) und greift rechtes Sprachvokabular wie den Begriff Umvolkung auf. Auch sie relativiert und verharmlost in ihren Ausführungen den Holocaust. Schaefer ist Deutsch-Kanadier und erreichte Bekanntheit als „9/11“-Verschwörungstheoretiker. Er spricht von der „Sechs Millionen-Lüge“. Seine Schwester Monika, eine Violinistin, zieht den Holocaust ebenfalls in Zweifel. Sie fühlte sich eigenen Worten zufolge durch Ausführungen des australischen Holocaust-Leugners Fredrick Toben in ihrem Denken ermuntert.
Demonstrationsanmeldungen bis 2020
Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte Gerhard Ittner jeweils zum braunen Februar-Gedenkmarsch in Dresden aufgerufen, was jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurde. Nach Behördenangaben liegen von ihm für die Sachsen-Metropole Demonstrationsanmeldungen bis 2020 vor. Eigenen Beteuerungen zufolge plant der Neonazi weitere Aufmärsche an geschichtsträchtigen Terminen und/oder Orten.
Ittner, der sich selbst als Nationalsozialist und Bürger des Deutschen Reiches bezeichnet, gilt als gut vernetzt. In Nürnberg stand er früher neben Ralf Ollert über Jahre für die NPD-nahe „Bürgerinitiative Ausländerstopp“. Er war ehemals Kandidat für die DVU und wurde 2002 nach einem Zerwürfnis sogar aus der NPD ausgeschlossen. Bekannte Namen der braunen Szene wie Manfred Roeder gehörten neben anderen zu seinen Weggefährten, Kontakte besaß er auch zum militanten „Thüringer Heimatschutz“. Auf der Anklagebank sitzend tauchte der Neonazi im März 2005 unter und setzte sich ins Ausland ab. Spuren zu ihm fanden sich im Iran, aber auch in Argentinien soll er angeblich gesichtet worden sein.
Im April 2012 wurde der mit internationalem Haftbefehl gesuchte heute 58-Jährige dann in Portugal festgenommen. Er beantragte dort politisches Asyl. Auf Begehren der deutschen Justiz wurde er aber fünf Monate später in sein Heimatland ausgeliefert. In Bayern saß Ittner dann eine 33-monatige Haftstrafe ab. 2015 musste er sich erneut vor dem Landgericht Nürnberg wegen Volksverhetzung verantworten, weil er Hetzbriefe aus der Haft verfasst hatte und wurde dort zu 18 Monaten Haft verurteilt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen und inzwischen beim Bundesgerichtshof anhängig.