Spanische Rechte auf dem Vormarsch

Bei der Parlamentswahl in Spanien am 10. November rechnet die fremdenfeindliche „Vox“ mit einem guten zweistelligen Ergebnis. Erstmals seit Francos Tod 1975 spielen Ultranationalisten wieder landesweit eine Rolle.

Mittwoch, 25. September 2019
Anton Maegerle / Hans Stutz

Nach monatelangen Verhandlungen ist die Bildung einer neuen Regierung durch den geschäftsführenden Premier Pedro Sanchez von der sozialdemokratischen PSOE gescheitert. In Spanien sind Neuwahlen für den 10. November angekündigt. Die rechtsnationale Partei „Vox“ rechnet mit einem guten zweistelligen Ergebnis.

Bei der Parlamentswahl am 28. April 2019 hatte „Vox“ (Die Stimme) 10,3 Prozent erzielt und zog mit 24 Abgeordneten ins Madrider Parlament ein. Vox-Generalsekretär Javier Ortega Smith kommentierte das Wahlergebnis folgendermaßen: „Landsleute, der Widerstand ist jetzt innerhalb des Kongresses. Ab morgen werden Millionen Spanier, die zum Schweigen gebracht und vergessen worden waren, eine Stimme haben.“ Bei der vorausgegangenen spanischen Parlamentswahl 2016 war Vox gerade mal auf 0,2 Prozent der Stimmen gekommen. Erstmals seit dem Tod des spanischen Diktators Francisco Franco 1975 spielen nun Ultranationalisten wieder landesweit eine Rolle. Das Gespenst der spanischen Geschichte, der Franquismus, ist damit auf die politische Bühne zurückgekehrt.

Zum 40. Jahrestag der demokratischen Verfassung hatte die am 17. Dezember 2013 als Abspaltung der konservativen Partido Popular Volkspartei (PP) gegründete Partei Vox ihren ersten parlamentarischen Erfolg erzielt und zog dank des Ergebnis von elf Prozent mit zwölf Abgeordneten in das Regionalparlament von Andalusien ein. Die rechtspopulistische Partei holte bei der Wahl am 6. Dezember 2018 vor allem in gutbürgerlichen Stadtvierteln und an Orten mit hohem Ausländeranteil Ergebnisse von mehr als 20 Prozent. Andalusien ist mit 8,4 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste Region Spaniens.

Rückkehr zu einem „geeinten großen Spanien“

Die offen islamophobe, frauenfeindliche und ultranationalistische Vox lehnt Zuwanderung ab und will weniger europäische Integration. Die Partei ist auf die traditionelle Familie ausgerichtet, agitiert gegen Abtreibung und gegen gleichgeschlechtliche Ehe. Vox-Politiker setzen sich für alles ein, was sie für typisch spanisch halten – von Stierkämpfen und der Monarchie bis hin zum Gedenken an historische Ereignisse wie die Vertreibung der Muslime von der iberischen Halbinsel im 15. Jahrhundert.

Lieblingsthema von Vox und ihrem Parteiführer Santiago Abascal Conde (Jg. 1976), einem gebürtigen Basken, ist die Einheit und Identität des Landes. Propagiert wird die Rückkehr zu einem „geeinten großen Spanien“, einem Zentralstaat. Autonomiebestrebungen wie in Katalonien werden kategorisch abgelehnt. Vox will Regionalparlamente und gleich alle autonomen Regionen in Spanien abschaffen, die nur dazu dienten, „Freunde auf Posten ohne jeden Nutzen unterzubringen“, so Abascal. Gefordert wird die „Aufhebung der katalanischen Autonomie bis zur völligen Niederlage des Putschistentums“. Vox steht aber auch für ein hartes Vorgehen in Sachen Migration. Man will die umstandslose Abschiebung aller illegalen Einwanderer und fordert den Bau einer „unüberwindbaren“ Mauer zwischen Marokko und Spaniens Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla, die dort den sechs Meter hohen Grenzzaun ersetzen soll.

Recht auf Waffenbesitz für alle Spanier

Vox wendet sich gegen „Genderideologie“ und für die Aufhebung des „Gesetzes zum historischen Gedenken“ über die Aufarbeitung der klerikal-faschistischen Franco-Diktatur. Abascal ist der Ansicht, dass die Angehörigen jener, die im Spanischen Bürgerkrieg auf Francos Seite kämpften, dafür keinesfalls um Entschuldigung zu bitten hätten. Die „größten Feinde Europas" seien „Regierende wie Angela Merkel, die zur massiven Immigration aufgerufen haben und zur Zerstörung der christlichen Wurzeln Europas“ beitragen würden. Abascals großes Vorbild ist der ungarische Premier Viktor Orban. An Donald Trump bewundert Abascal, dass dieser „die Diktatur der politischen Korrektheit“ herausgefordert habe. Ferner propagiert der Vox-Chef das Recht auf Waffenbesitz für alle Spanier.

Ihren jüngsten Wahlerfolg erzielte Vox im Mai bei der Wahl zum EU-Parlament. Die rechtsnationale Partei erreichte 6,2 Prozent und zog mit drei Abgeordneten zum ersten Mal ins EU-Parlament ein. Dort ist Vox Mitglied der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR). Dieser Fraktion gehören neben anderen die polnische Partei für Gerechtigkeit (PiS), die rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“ und die weit rechts außen stehenden „Fratelli d’Italia“ an. Zur EKR-Fraktion zählt auch die Familien-Partei Deutschlands (Familie), die mit einem Abgeordneten in Straßburg vertreten ist.

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