Kai Borrmann

„Sie wollten sie kränken“ – AfD-Politiker wegen rassistischer Beleidigung verurteilt

Wegen einer rassistischen Beleidigung und vorsätzlicher Körperverletzung gegenüber einer Musikjournalistin wurde am Amtsgericht Berlin der AfD-Kommunalpolitiker Kai Borrmann zu einer Geldstrafe verurteilt. Zu einer Entschuldigung konnte er sich bis zuletzt nicht durchringen.

Dienstag, 14. Februar 2023
Oliver Kreuzfeld
Kurz vor Verkündung des Urteils legte Borrmann noch ein Teilgeständnis ab, Reue zeigte er jedoch keine
Kurz vor Verkündung des Urteils legte Borrmann noch ein Teilgeständnis ab, Reue zeigte er jedoch keine

Die Richterin sah es als erwiesen an, dass Kai Borrmann, AfD-Politiker in der Berliner Bezirksverordnetenversammlung Mitte, die Journalistin Steph Karl in zwei Taten erst mehrfach als N**** beschimpft und sie anschließend in einer körperlichen Auseinandersetzung zusätzlich gebissen hat. Dafür wurde Borrmann zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Euro verurteilt, die sich aus 180 Tagessätzen zu je 60 Euro zusammensetzt.

Der 56-Jährige war im August 2021 in einem Berliner Café auf die Journalistin getroffen, beide waren dort privat unterwegs, der AfD-Mann mit seiner Partnerin, Steph Karl mit einer Freundin. Borrmann hatte offenbar Gesprächsfetzen der Konversation der beiden Frauen aufgegriffen und sich daran gestört, diese hätten „Unsinn“ geredet, gab es im Zuge der Gerichtsverhandlung zu Protokoll.

„Dann heult doch“

Die Versionen des anschließenden Ablaufs unterschieden sich jedoch fundamental. Karl hatte angegeben, dass Borrmann sich anfangs nur in das Gespräch eingemischt hätte, sie kurz darauf aber mehrfach mit dem N-Wort diskriminiert hätte. Im Zuge des sich entwickelnden Streits erklärte der Islamwissenschaftler, Politiker der AfD zu sein. Kurz darauf hätten die beiden Frauen den Ort verlassen und sich auf den Nachhauseweg begeben – auch um die Auseinandersetzung zu beenden. Doch der Politiker folgte den Frauen, auch weil seine Partnerin, die nicht zu Fuß unterwegs war, in derselben Richtung wohnen würde.

Borrmann ließ nicht von den mittlerweile deutlich aufgebrachten Frauen ab, rief ihnen „Dann heult doch, ihr N****“ entgegen und näherte sich ihnen. Kurz darauf eskalierte die Situation, es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in der Borrmann die 30-Jährige nicht nur in den Schwitzkasten genommen, sondern auch noch gebissen haben soll.

Zweifel an Aussage

Laut Borrmanns Version sei die Aggression jedoch von den beiden Frauen ausgegangen, die auf ihn zugestürmt seien und er nur in Notwehr gehandelt habe.

Die in den insgesamt drei Verhandlungstagen befragten Zeugen, sowohl Anwohner als auch Polizisten, die damals vor Ort waren, ließen jedoch zunehmend Zweifel an der Version Borrmanns aufkommen. Fast unisono berichteten mehrere Personen, dass sie die beiden Frauen als völlig aufgelöst wahrgenommen hätten. Ein Mann erinnerte sich zudem daran, dass sich das Auftreten des Politikers deutlich geändert hatte, nachdem die Polizei eingetroffen war. Anfangs hätte er ihn als aggressiv wahrgenommen, dann hätte er sich gegenüber den Beamten wie ein „kleines Kätzchen“ aufgeführt. Auch ein Mitarbeiter des Staatsschutzes berichtete von Zweifeln an Borrmanns Aussagen.

Angebliche Medienkampagne

Die Befragung der Soziologin Cornelia Koppetsch, die Partnerin des AfD-Manns, sei der Richterin zufolge unergiebig gewesen. Die Frau konnte sich an einige Details erinnern, an vieles andere jedoch nicht. Auch an die Nutzung des N-Wortes im Café habe sie keine Erinnerung mehr.

Borrmann nutzte den heutigen letzten Verhandlungstag, um sich und seine Partnerin als Opfer einer Medienkampagne darzustellen, die gegen die beiden aufgebaut worden sei. Zudem hätte er Drohungen per Twitter und E-Mail erhalten. Seine Aussagen kamen nach Ende der Beweisführung, Borrmann wollte jedoch einiges ergänzen. Wohl mit Blick auf die Höhe der Tagessätze fügte er an, dass er derzeit Arbeitslosengeld beziehe.

Teilgeständnis sei nur Lippenbekenntnis

Zudem legte der Mann ein kurzes Teilgeständnis ab, er räumte ein, „verbal ausfällig“ geworden zu sein. Der Anwalt Karls, die als Nebenklägerin aufgetreten war, nannte das Statement ein „Lippenbekenntnis“, da es nicht von Reue getragen sei.

Zuvor hatte der Anwalt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt auf einen Zeitraum von zwei Jahren gefordert und sich der Forderung der Staatsanwaltschaft, zusätzlich eine Geldstrafe von 5.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen zu müssen. Die Behörde hatte in ihrem Plädoyer eine Bewährungsstrafe von sieben Monaten gefordert. Die Anklage hätte sich im Wesentlichen bestätigt.

„Auf Herabsetzung ausgelegt“

Deutlich enttäuscht reagierte die Journalistin Karl, die mehrfach in Tränen ausbrach und der es deutlich schwer fiel, Borrmann gegenüber sitzen zu müssen, als das Urteil verkündet wurde. Zuvor hatte bereits ihr Anwalt geäußert, dass es mit einer Geldstrafe nicht getan sein könne.

Die Richterin zeigte sich in ihrer Urteilsbegründung überzeugt, dass der Vorfall sich so zugetragen hatte wie er von den beiden Frauen beschrieben wurde. „Sie wollten sie kränken“, attestierte sie Borrmann. Die Beleidigungen, die sie als rassistisch motiviert einstuft, seien „auf Herabsetzung ausgelegt“.

Der AfD-Politiker wiederholt gegenüber der Presse vor dem Verhandlungssaal den Vorwurf der angeblichen Medienkampagne, die gegen ihn gefahren worden sei. Auf die mehrfache Nachfrage, warum er sich bei der Frau nicht entschuldige, antwortete er ausweichend. Zuvor hatte er bereits geäußert, dass er dafür einen größeren zeitlichen Abstand benötige. Die Tat liegt knapp anderthalb Jahre zurück.

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