Schwarz-rote Fahne
„Sleipnir“-Herausgeber Peter Töpfer kreiert einen braunen Anarchismus.
Wenn auf einer Nazi-Demonstration eine schwarz-rote Fahne auftaucht, konnte man bisher annehmen, dass sich ein Antifaschist versehentlich ins falsche Lager verirrt hat. Doch so sicher kann man da wohl jetzt nicht mehr sein. Es könnte sich bei dem Fahnenträger um Peter Töpfer handeln, der sich seit einiger Zeit krampfhaft bemüht, einen anarchistischen Flügel des „nationalen Widerstands“ zu etablieren.
Töpfer ist in der rechten Szene kein Unbekannter. Seit 1995 gibt er gemeinsam mit Andreas Röhler im Verlag der Freunde das Magazin „Sleipnir“ heraus. Wegen Verbreitung neonazistischer Propaganda und Verdacht auf Volksverhetzung wurden die Zeitung häufig beschlagnahmt und der Verlag und die Privaträume der Herausgeber durchsucht.
Kein Wunder, kommen doch in dem Blatt unter anderem bekannte Figuren der Negationistenszene wie Fred Leuchter, Gerd Honsik und Germar Rudolf zu Wort. Auch Beiträge osteuropäischer Rechtsextremisten, wie Tomislaw Sunic aus Kroatien, Alexander Barkaschow aus Russland und Tomasz Gabic aus Polen füllen regelmäßig das Blatt. Immer wieder wurden aber auch Artikel von Personen aus dem linken Spektrum abgedruckt und groß auf dem Titelblatt vermerkt, in der Regel oh-ne Wissen und gegen den Willen der Verfasser. Die-se Querfrontstrategie verfolgt Töpfer jetzt primär im anarchistischen Umfeld, wo er in Analogie zum Nationalbolschewismus einen Nationalanarchismus kreieren will. Dafür hat er in letzter Zeit verstärkt das Internet zu seinem Medium erkoren.
Was Töpfer dabei unter Anarchismus versteht, macht er im Internet unter der Rubrik „AAARGH International. Deutsche Selektion“ deutlich. Dort beantwortet Töpfer die selbstgestellte Frage „Was ist Revisionismus und warum eignet die nationale Anarchie sich ihn an?“„Revisionismus, wie wir ihn verstehen, heißt Herstellung dieser Freiheit, heißt Kampf um totale Gedanken- und Meinungsfreiheit, gleich, ob es um Schuld, Geschichte... was auch immer geht: Freiheit als Selbstzweck, Freiheit um der Freiheit willen, Freiheit als Genuss. ... Wenn der Revisionismus verteufelt wird, liegt es daran, dass er ins Herz der Ideologie der heute Herrschenden stößt, und Herrschaft heißt immer Freiheitsberaubung.“ Auch gegen Flüchtlinge wird so agitiert: „Ich als Anarchist brauche überhaupt keine Rechtfertigung. Ich nehme mir, was ich will, und frage niemanden danach. Und ich ... entscheide ganz einfach und souverän, u.a. dass ich unter meinesgleichen leben möchte. ... Ich habe keinen Bock auf ‘Asylanten’ aus aller Herren Länder: So einfach ist das.“
Nach dem Modell von „Sleipnir“ taucht auf der Internetseite ein vermeintlicher Briefwechsel mit dem libertären Journalisten Egon Günther auf. Der hatte sich allerdings in einem Brief an Töpfer heftig dagegen verwahrt, dass der seine rechten Sprüche mit dem Anarchisten-Label schmückt und bezeichnete die vermeintlichen Nationalanarchisten als Nazimaoisten. Was Töpfer nicht daran hinderte, Egon Günther mit einem mehrseitigen Brief zu behelligen und beides ins Internet zu stellen. Auch der Briefwechsel zwischen Töpfer und dem Neonazikader Worch kann im Internet eingesehen wer-den. Töpfer über seinen Briefpartner: „Christian Worch war in den 70er Jahren einer der Protagonisten des sog. ‘Neonazismus’: Junge Deutsche standen auf und taten etwas, was bis dato niemand für möglich gehalten hatte: Sie marschierten in Knobelbechern und mit Hakenkreuzarmbinden durch Hamburg. Darin lag ein Affront, ein radikales und archaisches Aufbegehren, eine emanzipatorische Explosion gegen das verlogene westliche System ohnegleichen, das die nationale Anarchie bei aller ihrer entschiedenen bis ablehnenden Kritik am (Neo)Nationalsozialismus würdigt.“
Anlass für den Briefwechsel war das Verhalten von Mitgliedern der „Freien Kameradschaften“, die Töpfer Schläge androhten, als er im September ‘98 auf einer NPD-Demonstration in Rostock mit einer Anarchiefahne aufkreuzte. Neben persönlichen Überlegungen „Obwohl ich natürlich doch davon träume, im Fahnenmeer einer nationalen Demo auch die schwarz-rote Fahne der Anarchie flattern zu sehen!“ nehmen in der Korrespondenz Fragen der Strategie und Taktik im rechten Lager großen Raum ein. „Glauben die Nationalen ohne Bündnisse auskommen zu können? Wenn nein: Wie gestalten sich konkret solche Bündnis-se? Welches Verhältnis habe ich zu meinem Bündnispartner?“ Mit seiner Anarchofahne und seinen mit „Deutsche Anarchisten“ unterschriebenen Flug-blättern ist Töpfer auch bei den Aktivitäten von Horst Mahler gerne dabei.