Veranstaltung in Thüringen
Schulverweigerer: „Schule der Zukunft“ formiert sich
Mit einem riesigen Sommercamp an einem Treffpunkt der rechten Szene sollen Schulverweigerer enger zusammen rücken.
„Liebe Lernbegeisterte, hier die Einladung zum Großevent in Thüringen „Lernen und Gesundheit!“ - die Brüder Ricardo und Elias Leppe sitzen im Werbevideo locker auf einem Canapé und werben für ihr Sommercamp vom 23. bis zum 25. Juni auf der Burg in Pfiffelbach in Thüringen. „Wenn ihr uns mal live sehen wollt“, sagt der vollbärtige Elias, „es ist Platz für 700 bis 800 Leute.“ Und Ricardo, der eigentliche Star der beiden, ergänzt: „Der Elias ist das ganze Wochenende da, den könnt´s ihr vollsülzen, vollquatschen, er kennt die meisten Lernthemen.“ Gedächtniskünstler und Zauberer Ricardo Leppe ist dann mit dem Projekt „Schule der Zukunft“ schon wieder in Bayern unterwegs. Das Sommercamp am kommenden Wochenende solle so eine „Art kleine Auszeit-Urlaub plus guter Wissensvermittlung“ werden, wird versprochen. Wie immer sind die Leppes bemüht um einen alternativen, harmlosen Anschein.
Auf dem dreitägigen Programm stehen Kinderbetreuungen, schamanische Tanzrituale oder Themen wie „Liebe erschafft Leben“ mit einer Frau namens Vanessa auf der Hauptbühne, „Gesundheit schafft Freiheit“ mit Elias oder „Vererbtes (Kriegs-) Trauma begreifen“ mit Ilona. Auch geht es um „Erfahrungen mit der Germanischen Heilkunde“, hier wird wohl Bezug genommen auf die antisemitische „Germanische Neue Medizin“ von Ryke Geerd Hamer. Hauptpunkt der Tagung sind aber zwei Vorträge Ricardo Leppes zur „Schule der Zukunft“.
„Glaubt’s nicht, was die euch da draußen sagen“
Die Corona-Pandemie verstärkte das Interesse am Thema Schulverweigerung und brachte den beiden umtriebigen Österreichern ungeahnten Zulauf. Leppe betonte unlängst: „Glaubt’s nicht, was die euch da draußen sagen, ich hab’ noch kein einziges Thema gefunden, wo sie uns nicht belügen“. Dementsprechend sollen eigene „Schulen der Zukunft“ gegründet werden, deren Konzepte eher vage erkennbar sind.
In Vorträgen hebt Leppe hervor, in der „Schule der Zukunft“ würden ein bis zwei Stunden Unterricht genügen, gängige Unterrichtsinhalte seien nicht nötig, aber es würde mehr Wissen über Natur- und Pflanzenwelt angeboten. Die Kinder sollten zudem auch voneinander lernen. Dieser ganzheitliche Ansatz deutet auf eine wissenschaftsfeindliche Grundhaltung hin. Zudem wird auch im Programm des bevorstehenden Sommercamps ein biologistischer Ansatz deutlich: „Wahre Männer braucht die Welt!“ nennt sich ein Vortrag auf der Hauptbühnr. Leppes Video-Kanal auf YouTube hat über 46.000 Abonnenten, auf anderen Plattformen erreichen sie weitere Tausende AnhängerInnen.
Szene-Treffpunkt in Thüringen
Mit dem Verein „Wissen schafft Freiheit“ fördern Ricardo und Elias Leppe die Gründung eigener Schulen und unübersichtlicher Lerngruppen. In Baden-Württemberg hat der Verein, mit Sitz in Gloggnitz, die meisten Gruppen. Auf der Webseite erklärt der Verein gleich: „Die Gruppen sind nicht öffentlich“. Auf dem Programm in Pfiffelbach gibt es den Tagungspunkt: „Rechtliches zur Schulgründung“.
Das Besondere am Sommercamp ist auch der Tagungsort. „Das Hotel `Pfiffelburg´ in Pfiffelbach hat sich als Treffpunkt extrem rechter Strukturen wie beispielsweise der Thüringer AfD, aber auch von Reichsbürgern etabliert“, warnt die Thüringer Linken-Landtagsabgeordnete und Kennerin der Szene, Katharina König-Preuss. Laut König-Preuss nahmen an Veranstaltungen u.a. auch Personen der Neonazi-Szene teil. Die Verbreitung von antisemitischen Narrativen und Verschwörungsideologie sei bei diesen Veranstaltungen Standard-Programm gewesen. „Die Pfiffelburg bedient ein spezielles Spektrum von Personen und Organisationen, die in vielen anderen Hotels und Kongresszentren aufgrund ihrer gefährlichen Ideologie als Mieter abgelehnt werden. In der Pfiffelburg in Pfiffelbach hingegen gibt es keine Hemmnisse, sie werden gar willkommen geheißen.“ Für König-Preuss ist es absolut unverständlich, warum das Hotel noch nicht als Immobilie der rechten Szene klassifiziert sei. „Dann könnten solche vermeintlich harmlosen `Sommercamps´ wie das am kommenden Wochenende eher verhindert werden.“