Schonfrist verstrichen – NPD-Chef Franz zum Abschuss freigegeben
NPD-"Chef" Frank Franz: "Dressman" und "Marionette" (Foto: ENDSTATION RECHTS.)
100 Tage Schonfrist hatte der frühere NPD-Chef Udo Voigt seinem Nachfolger Frank Franz noch am Wahlabend eingeräumt. „Herr Franz hat genau 100 Tage, um zu zeigen, dass er den politischen Spagat zwischen den auseinanderstrebenden Fronten der NPD hinbekommt“, sagte der heutige Abgeordnete im Europaparlament, der durch seine strategische Neuausrichtung die NPD zurück in die begrenzte Erfolgsspur geführt hatte, zu Spiegel Online.
Hintergrund sind neben den fortwährenden Flügelkämpfen zwischen einer „radikaleren“ und einer „gemäßigteren“ Parteiströmung, die Voigt selbst durch die von ihm vorangetriebene Öffnung der „alten“ NPD für militante Neonazis befeuerte, die persönliche Feindschaft zwischen den beiden Parteischwergewichten. Als Voigt noch unter seinem Ziehsohn Holger Apfel, der ihn zuvor vom NPD-Chefsessel geputscht hatte, nach einer kurzen Zeit des Wundleckens seine Truppe in den sogenannten Freundeskreisen sammelte, sparte der damalige Bundespressesprecher Franz nicht mit Angriffen, die teilweise weit unter der Gürtellinie angesiedelt waren. Und ein Mann wie Voigt, der die Intrigen in der NPD kennt wie kein Zweiter, wird dem smarten „Emporkömmling“ die Tiefschläge nicht so schnell vergessen.
Frank Franz über Udo Voigt auf Twitter (Foto: Screenshot Twitter)
„Marionette“ von Pastörs` Gnaden Auf eine Erfolgsbilanz, wenn auch nur eine vorläufige, kann Franz, der in seiner saarländischen Heimat für die NPD im Stadtrat von Völklingen sitzt, nach rund drei Monaten im Amt nicht zurückblicken. Wahrscheinlich kommt es seinen Hintermännern aus der Parteihochburg Mecklenburg-Vorpommern nicht ungelegen, dass der dreifache Familienvater keine Ergebnisse außerhalb der Sozialen Medien aufweisen kann. Dort inszeniert sich der 36-Jährige als „Dressman-Politker der Marke Schwiegersohn“, dem die Farbe seines Einstecktuches wichtiger zu sein scheint als politische Inhalte. Auf den vier „Großbaustellen“, die Franz als neuer Vorsitzender angehen wollte, herrscht weiterhin Stillstand. In seiner Vorstellungsrede auf dem letzten Bundesparteitag betonte der damals noch designierte NPD-Chef, er wolle die operative Seite, die Jugendarbeit, die Bildungsarbeit und die Öffentlichkeitsarbeit verbessern. Sebastian Richter, frischgebackener Frontmann des Parteinachwuchses Junge Nationaldemokraten (JN), brachte den Zustand der NPD auf den Punkt: „Die kleinen und großen Skandale der jüngsten Vergangenheit lassen unsere Bewegung als lächerlichen Haufen dastehen. [...] Früher waren wir die Bösen, Gewaltbereiten oder auch Dummen. Heute sind wir einfach nur noch die Loser, die Verlierer, die Frauenschläger und die sexuell Desorientierten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Ein schwacher Vorsitzender der Bundespartei, von Udo Pastörs und seiner Männertruppe ins Amt gehievt, dem darüber hinaus mit Stefan Köster ein Aufpasser zur Seite steht, ist durchaus im Interesse der NPD Mecklenburg-Vorpommern. Schließlich versucht er keine Kurskorrektur in eine gemäßigtere Richtung, mit der einst schon Apfel am parteiinternen Widerstand gescheitert war, und die bei Pastörs, Köster & Co. genauso wenig Anklang findet wie bei Voigt und seinem Anhang.Für Frank Franz läufts - tatsächlich? (Foto: Screenshot Facebook)
Zwar betont Franz, es sei „Aufgabe der NPD, verantwortungsvolle Politik“ zu machen. Der „alternative Politikansatz“ ziele aber keineswegs darauf ab, „die staatliche Ordnung zu untergraben und die Demokratie abzuschaffen“, versichert der frühere Pressesprecher der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Thorsten Thomsen, in einem mit „Der Neue“ überschriebenen Artikel in der parteieigenen Postille Deutsche Stimme. Diese verbale Abrüstung ist neben dem miserablen Image auch dem laufenden Verbotsverfahren geschuldet. Ein Blick in den Verbotsantrag des Bundesrates reicht, um den antidemokratischen und rassistischen Kern der NPD offenzulegen. Impulse? Fehlanzeige Kritiker wie der Hamburger NPD-Chef Thomas Wulff werden sich an „Firle-Fanz“, wie der Neonazi den neuen Bundesvorsitzenden in einem Brandbrief abfällig titulierte, weiter abarbeiten. Franz steht nicht zum ersten Mal unter Beschuss. Seine früheren saarländischen „Parteifreunde“ werfen ihm vor, die dortige Gliederung zwischen 2005 und 2012 an die Wand gefahren zu haben. Der Wählerzuspruch ging deutlich zurück, außerdem machte die NPD Saar fortan vor allem mit Skandalen auf sich aufmerksam, in deren Mittelpunkt indes oft der frühere Generalsekretär und heutige Landesvorsitzende Peter Marx, der bis zum ihrem Zerwürfnis als politischer Ziehvater von Franz galt, stand. Wulff hatte sich zuvor auf Franz Vorgänger Pästörs eingeschossen. Der einstige Hoffnungsträger des radikaleren Parteiflügel ist auf ganzer Linie gescheitert. Angekündigt hatte er eine „harte Hand“, geboten hat er Lust- und Gleichgültigkeit. In Schwerin reiht sich Pastörs in die „Spaziergänge“ des dortigen Pegida-Ablegers Mvgida ein, ganz so wie Franz bei Dresdner Original. Dort sah die NPD ihre Positionen bestätigt, schließlich übernähmen den selbsternannten „Patrioten“ die Argumente und Worte der Partei. Trotzdem sei eine „Unterwanderung“ nicht angestrebt, beeilte sich der neue Bundesgeschäftsführer und gescheiterte sächsische Spitzenkandidat, Holger Szymanski, klarzustellen. Wie auch, über den Status von Zaungästen kamen Kader und Anhänger nicht hinaus. Udo Voigt, der einen strengen Blick auf Franz angekündigt hatte, hält bislang die Füße still. Dies hängt wahrscheinlich mit seiner Abgeordnetentätigkeit im Europarlament zusammen, die ihm wenig Spielraum lässt. Richtungsweisende Initiativen, die in seiner Amtszeit die NPD prägten, lässt er schon lange vermissen. Wie Franz – und die gesamte NPD.