Scheinfeld wehrt sich – nach dem Nazi-Konzert

Dienstag, 15. Oktober 2013
Rüdiger Löster
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Etwa 1500 Menschen sind am Montag in Scheinfeld auf die Straße gegangen, um unter dem Motto "Scheinfeld ist bunt" nach dem Nazi-Konzert am vergangenen Samstag gegen rechte Umtriebe zu demonstrieren. In der Diskothek „Nachtwelt“ hatte das von Patrick Schröder (NPD) und Axel Michaelis (Landesgeschäftsführer der bayerischen NPD) organisierte und von ca. tausend Nazis besuchte Konzert mit den Nazi-Bands Divison Germania, Faustrache, Act of Violence, White Resistance und Sachsonia stattgefunden.

Kinder und Jugendliche aller in Scheinfeld vertretenen Schulen sowie deren Lehrer und zahlreiche weitere Scheinfelder setzten in der kurzfristig angesetzten Kundgebung am Montag ein Zeichen gegen Rechts. "Wir müssen zeigen, dass unsere Stadt keine Heimat für Rechtsradikale ist", sagt Bürgermeister Claus Seifert (SPD).

Am kommenden Wochenende werde es einen Info-Stand der Stadt geben. In den Schulen soll es Unterrichtseinheiten mit den Liedtexten der in Scheinfeld aufgetretenen Bands geben, um die Strategie und Ideologie der Nazis aufzudecken.

So gut diese Aktionen sind, sie hätten auch eher stattfinden können und müssen. Das Nürnberger Bündnis Nazistopp kritisierte die Behörden scharf, weil diese im Vorfeld nichts bekanntgaben und damit Gegendemonstrationen verhindert hätten. "Das war Nazi-Förderung erster Klasse!", heißt es in der Erklärung des Bündnis Nazistopp.

"Wir sind arglistig getäuscht worden", so der Bürgermeister von Scheinfeld dazu. Das Nazi-Treffen war als eine private Geburtstagsfeier getarnt worden. Allerdings hätte man hellhörig werden können: Immerhin soll es sich bei dem „Geburtstagskind“ um Axel Michaelis, dem Landesgeschäftsführer der bayerischen NPD gehandelt haben. Organisator des Konzerts – das ursprünglich in den neuen Bundesländern stattfinden sollte – war Patrick Schröder, ein bekannter NPD-Funktionär. Und es ist seit Jahren in der Naziszene üblich, die konspirativ organisierten und durchgeführten Konzerte als „Geburtstagsfeiern“ zu tarnen. Und auch diese „Geburtstagsfeier“ in Scheinfeld wurde sehr konspirativ organisiert: der Veranstaltungsort wurde nicht öffentlich kommuniziert, die TeilnehmerInnen wurden über die Raststätte Geiselwind, die den ersten Anlaufpunkt darstellte, zum Veranstaltungsort gelotst.

Immerhin: der Polizei war offensichtlich klar, dass es hier nicht um eine private Geburtstagsfeier ging, sie hatte sich auf einen Großeinsatz vorbereitet. Allerdings wurde in der Vorbesprechung mit dem Landratsamt vereinbart, nichts zu diesem Konzert an die Öffentlichkeit zu geben. Damit wurde ganz bewusst verhindert, dass Demokratinnen und Demokraten vor Ort gegen die Nazi-Veranstaltung demonstrieren konnten, dass sie den Nazis zeigen konnten, dass diese in Scheinfeld unerwünscht sind. Zwar beschloss der Stadtrat lt. Medienberichten noch in der Samstagnacht, also während der Veranstaltung, einstimmig eine "Resolution gegen Rechtsrock in Scheinfeld". Aber es wäre ein deutliches Zeichen von Zivilcourage gewesen, nicht nur eine Resolution zu beschließen, sondern die EinwohnerInnen von Scheinfeld noch am gleichen Abend zu einer Demonstration gegen die Naziumtriebe vor der Diskothek aufzurufen. Denn spätestens seit dem Dokumentarfilm "Blut muss fließen" von Thomas Kuban müsste allen klar sein, welche Bedeutung diese Konzerte für die Nazis, insbesodere auch zur Rekrutierung von Nachwuchs, haben und was auf solchen Konzerten geschieht.

Nachtrag, 16.10.2013
Aus einer Presseerklärung des Bündnis gegen Rechts im Landkreis Neustadt / Aisch - Bad Windsheim:
"Die Gegenkundgebung in Scheinfeld, bei der etwa 1.500 Bürgerinnen und Bürger ihren Unmut über das Auftreten der Neonazis äußerten, setzte ein klares Zeichen für die demokratische Einstellung der Stadt. Diese wurde jedoch nie bezweifelt. Wirkungsvoller wäre es gewesen, dies gleich am Wochenende - vor Ort, im direkten Widerspruch zum Neonazi-Konzert - zu tun. Gräfenberg ist der Beweis: Ungestörte Aktionen betrachten
die Neonazis als Einladung. Sie ziehen sich aber zurück, wenn ihnen unmittelbarer, vielfältiger, unüberhörbarer Widerstand gezeigt wird. Die verspätete Gegenkundgebung in Scheinfeld wird den Neonazis aber nicht in unangenehmer Erinnerung bleiben, sie werden sich nur an das gelungene, unbehelligte Konzert erinnern."

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