Sachsen: Zahl der Neonazis und Reichsbürger wächst deutlich
Am Dienstag stellte der Präsident des sächsischen Landesamts für Verfassungsschutz, Gordian Meyer-Plath, den Bericht für 2017 vor. Dieser zeigt, dass das rechtsextreme Personenpotential mit 2.600 Personen weiterhin sehr hoch ist.
Im Bereich der Parteien würden sich die Entwicklungen der letzten Jahre fortsetzen: Die NPD und ihre Jugendorganisation JN verlieren weiter Mitglieder und die meisten der noch vorhandenen neun Kreisverbände seien weitestgehend inaktiv. Durch den Mitgliederschwund im einst aktiven Landesverband waren im vergangenen Jahr hauptsächlich Wahlkampfveranstaltungen zu beobachten gewesen, die kaum Resonanz entfalteten und das schlechte Wahlergebnis bei der Bundestagswahl nicht verhindern konnten. Die Splitterpartei Die Rechte habe weiterhin kaum Einfluss im Freistaat.
Dem gegenüber stehe der Dritte Weg, der seine Mitgliederzahl um ca. 50 Prozent auf 90 Personen vergrößern konnte. Dazu kommt ein weites Netzwerk von Unterstützern. Mit der Eröffnung eines Parteibüros in Plauen, dass regelmäßig für Veranstaltungen genutzt werde, seien die bereits bestehenden Strukturen verstärkt worden. Das zeigte sich auch durch einen Anstieg an Aktionen wie Kundgebungen und kleineren Demonstrationen.
Rechtsextreme außerhalb der Parteien
Auch organisierte Rechtsextreme der freien Szene konnten ihr Personenpotential ausbauen, das jetzt bei etwa 900 Personen liegt. Diese Entwicklung liege an der Neustrukturierung der Szene, die nach dem Abflauen der Asylproteste versuche, mit eigenen Veranstaltungen Themen zu besetzen und sich dabei auf ihre alten Konzepte berufe. Es sei zu erwarten, dass sich diese Entwicklung weiter verstärke, da die Szene durch die vielen rechtsextremen Großveranstaltungen wie in Themar gut vernetzt sei und sich somit Gruppengründungs-Dynamiken ergäben. Hinzu komme die Zusammenarbeit mit nicht-rechtsextremen Vereinen, die die Akzeptanz in der Bevölkerung steigern soll. Als Beispiel wird der Verein „Unsere Heimat – Unsere Zukunft“ aus dem Erzgebirge genannt. Vorstand Maik Arnold, der als ehemaliger Anführer der 2014 verbotenen Kameradschaft „Nationale Sozialisten Chemnitz“ gilt, nutze den Verein, um rechtsextreme und nicht-rechtsextreme Strukturen zu verknüpfen. Der Verein selbst wird nicht von der Sicherheitsbehörde beobachtet. Ein ähnliches Konzept verfolge auch die Identitäre Bewegung, deren Mitgliedszahl konstant niedrig blieb, von der aber ein Ausbau der gefestigten Strukturen erwartet wird. Zusätzlich zählt der Geheimdienst etwa 1.200 Rechtsextreme, die nicht in Parteien oder festen Strukturen aktiv sind, durch die aber dennoch ein großes Gefahrenpotential ausgehe, wie die Radikalisierung der Mitglieder der „Gruppe Freital“ oder der „Oldschool Society“ gezeigt habe.Knapp 2.000 rechtsextreme Straftaten
Dass durch die hohe Anzahl von Rechtsextremen in Sachsen eine große Gefahr ausgeht, zeigt die Statistik der Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund. 1.959 Straftaten wurden 2017 insgesamt erfasst, was zwar einen Rückgang um 18 Prozent gegenüber 2016 bedeutet, allerdings ist das Niveau immer noch deutlich höher als in den Jahren vor 2014. Unter den knapp 2.000 Straftaten waren 95 Gewalttaten, wovon 70 einen fremdenfeindlichen Hintergrund hatten. Auch hier ist ein Rückgang zu beobachten, allerdings zeigt sich bei dem hohen Niveau der fremdenfeindlichen Gewalttaten, dass das Thema Asylfeindlichkeit noch immer eine große Rolle spielt.Sachsens Verfassungsschutz erklärt: Antifaschismus ist eine "destruktive Anti-Haltung". Jetzt wisst ihr Bescheid.
— Chronik gegen Rechts (@Chronik_ge_Re) 29. Mai 2018
Verfassungsschutzbericht 2017, S. 130 pic.twitter.com/Wj3n4FSeVQ