Sachsen: NPD-Abtrünnige übernehmen Leitung der Partei Die Rechte

Der neue Landesvorsitzende: Alexander Kurth
Auf dem Landesparteitag, den Die Rechte am Wochenende durchführte, wurde der ehemalige Leipziger NPD-Funktionär Alexander Kurth nach Angaben der Partei einstimmig zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Diese Entscheidung verwundert nicht, da er bereits zuvor als „Landesbeauftragter“ bezeichnet wurde. Zu seiner Stellvertreterin wurde Daniela Stamm gewählt. Die Bautzner Stadträtin war ebenfalls bis November letzten Jahres in der NPD aktiv. Durch sie erhielt Die Rechte in Sachsen ein Stadtratsmandat. Die restlichen Mitglieder des Vorstandes, deren Namen nicht veröffentlicht wurden, kämen aus Chemnitz, dem Vogtland und Ostsachsen.
Neben den sächsischen Aktivisten waren auch der Landesvorsitzende aus Thüringen, Bert Müller, und Philipp Hasselbach vom bayerischen Landesverband anwesend. Frank Rohleder, eigentlich NPD-Anhänger und Mitinitiator der „Freundeskreise Udo Voigt“‚ habe sich ebenfalls auf dem Landesparteitag blicken lassen und eine Rede gehalten.
Die Rechte als Auffangbecken für ehemalige NPD-Funktionäre
Der Grund für den Parteiwechsel der ehemaligen NPD-Kader waren die zunehmend öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten nach dem knapp verpassten Wiedereinzug in den sächsischen Landtag Ende August 2014. Im Anschluss wurden über Facebook immer wieder gegenseitige Beleidigungen verbreitet und angeblich Verantwortliche für die Wahlmisere angeprangert. Neben dem massiven Bedeutungsverlust hat die NPD mit einer massiven Austrittswelle ihrer Aktivisten zu kämpfen.
So legten Paul Rzehaczek, gleichzeitig JN-Landeschef, und Torsten Hiekisch ihre Posten im Landesvorstand der NPD nieder, der ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende Maik Scheffler und der Leipziger Funktionär Alexander Kurth verließen die Partei ganz. Kurth hatte zuvor für einen Eklat bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 gesorgt, bei der er in einem Leipziger Wahlkreis für die NPD kandidierte.
Im Jahr 2003 hatte er mit einem „Kameraden“ den Sänger der Band „Die Prinzen“, Sebastian Krumbiegel, und ihren Schlagzeuger Ali Ziemer attackiert. Wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes wurde er zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Im Jahr 2009 folgte die nächste Gefängnisstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung, Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Betruges.
Da man nach einer Verurteilung mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe aber seine Wählbarkeit für fünf Jahre verliert, hätte Kurth bei der Kommunalwahl nicht antreten dürfen, sodass die Wahl im betreffenden Wahlkreis wiederholt werden musste. Im Anschluss trat Kurth zunächst als „Schutz für die Partei“ aus der NPD aus, beteiligte sich aber weiterhin an deren Veranstaltungen.
Der endgültige Bruch mit den Nationaldemokraten erfolgte dann im Oktober 2014. In dieser Zeit warf ihm der damalige Landesvorsitzende Holger Szymanski vor, für „einen schweren Ansehensverlust der NPD“ verantwortlich zu sein, der auch zu der Niederlage bei den Landtagswahlen geführt habe. Er habe sich geweigert, Kurth erneut einen Mitgliedsausweis auszustellen. Im Anschluss habe Kurth die Vorwürfe als „lächerlich“ zurückgewiesen und verkündet, sich künftig in der Partei Die Rechte engagieren zu wollen.
Im November 2014 verließ dann auch Daniela Stamm, bis dahin für die NPD im Bautzner Stadtrat, die Partei und kündigte ebenfalls an, in Zukunft für Die Rechte aktiv zu sein. In ihrer NPD-Austrittserklärung, die über Facebook verbreitet wurde, beschwerte sie sich über die mangelnde Kooperation mit freien Kräften und eine Partei, aus der „ein Haufen von VS-Leuten, alters senilen und machtbesessenen Rentnern [geworden sei], die nur ans eigene Wohl denken“. Fast gleichzeitig verabschiedete sich auch der gesamte Kreisvorstand der Görlitzer NPD.
Die NPD kann seitdem ihre Krise nicht überwinden, immer mehr Kader verlassen die Partei: Zuletzt kollabierte der Bautzner Kreisverband und auch der sächsische Landesvorsitzende Holger Szymanski trat „aus persönlichen Gründen“ von allen Ämtern zurück. Inzwischen hat sich aber das Gerücht verbreitet, Szymanski habe die Partei wegen auf seinem Computer gefundener Pornos verlassen.
Nach erster Pleite nun Reaktivierung der Rechten in Sachsen
Die Rechte hatte bereits im Oktober 2013 einen sächsischen Landesverband gegründet, scheiterte aber mit dessen Etablierung kläglich. Damals wurde der bis dahin völlig unbekannte Sebastian-Daniel Risse zum Chef des Landesverbandes gewählt, der im neuen Vorstand offenbar keine Funktion mehr inne hat.
Da weder vom neuen Landeschef noch von anderen Anhängern nennenswerte Aktivitäten ausgingen, wurde der Verband schon im März 2014 wieder aufgelöst. Mit einem Konzert, das von den baden-württembergischen und nordrhein-westfälischen Gliederungen im November des vergangenen Jahres veranstaltet wurde, sollte der Landesverband wieder reaktiviert werden. Scheinbar hatten sich die ehemaligen NPD-Aktivisten schon damals zusammengetan, um ihre politischen Ziele nun unter dem Dach der Rechten weiter zu verfolgen.
Doch bisher gingen von der rechtsextremen Partei trotz übergelaufener Funktionäre kaum öffentlich wahrnehmbare Aktionen aus. Die Internetseite des Verbandes ist verwaist, „die Netzseite befindet sich noch im Aufbau“, heißt es dort. Über Facebook werden die Anhänger aufgerufen, an Demonstrationen teilzunehmen, die meist in anderen Bundesländern stattfanden.
Auch die Inszenierung des Parteitages am Wochenende über Facebook wirkt wie eine Durchhalteparole für die eigenen Anhänger. So wurde lediglich noch einmal manifestiert, was vorher schon naheliegend war. Darüber hinaus wurden keine Informationen über weitere Ziele oder anstehende Veranstaltungen veröffentlicht. Das wird nicht zuletzt daran liegen, dass die Rechte in Sachsen laut Verfassungsschutzbericht über lediglich zehn Mitglieder verfügt, wenn auch mit steigender Tendenz.
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