Repräsentative Befragung
Sachsen-Monitor: Ein bisschen mehr Weltoffenheit
Vorbehalte Menschen, Kulturen oder Religionen gegenüber, die als fremd wahrgenommen werden, haben in Sachsen in den letzten Jahren überwiegend abgenommen. Nur bei jungen Sachsen ist das laut „Sachsen-Monitor“ zum Teil anders.
Besagte Befindlichkeitsbefragung wurde in dieser Woche vorgestellt. Der „Sachsen-Monitor“ erscheint seit 2016 jährlich, setzte allerdings 2019 und 2020 aus. Im Auftrag der Staatskanzlei werden dafür Menschen zu ihren Einstellungen und Meinungen befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die sächsische Bevölkerung ab 18 Jahren. Für den Monitor 2021/2022 befragte dimap zwischen dem 3. November und 14. März 2.013 Bürgerinnen und Bürger. Die Erhebung fand also überwiegend noch vor dem Ukraine-Krieg sowie etwaigen neuen politischen Entwicklungen statt.
Laut dem nun vorgestellten Monitor sind in Sachsen unterdessen fremdenfeindliche Einstellungen weniger verbreitet als in den vergangenen Jahren. Nun stimmten 40 Prozent der Aussage zu, die Bundesrepublik sei „durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Das sind 16 Punkte weniger als bei der Vorgängerbefragung von 2018. 38 Prozent fühlten sich demnach durch Muslime in Deutschland manchmal wie Fremde im eigenen Land. Hier liegt der Rückgang bei 11 Punkten. Demgegenüber meinten 29 Prozent, Muslimen müsse die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden – ein Minus von 12 Prozentpunkten.
Antisemitismus nahezu unverändert
Probleme damit, wenn Sinti und Roma sich „in meiner Gegend aufhalten“ haben dem neuen Monitor zufolge 35 Prozent. Gegenüber 2018 sind das 22 Prozentpunkte weniger. In den letzten drei Jahren ist zudem die Zahl der Befragten deutlich gestiegen, die eine stärkere Nähe zu den Menschen in Osteuropa als zu den Westdeutschen empfinden. Die Zahl jener Menschen stieg unter den Befragten von 17 Prozent im Jahr 2018 auf 29 Prozent jetzt. Die Zustimmung hat dabei besonders unter Befragten mit starken Ressentiments und einer geringen Demokratie-Zufriedenheit zugenommen. Osteuropa wird dabei offenbar mit eher autoritären Staaten oder Politikern gleichgesetzt.
Kaum Veränderungen gab es beim Thema Antisemitismus. Vorbehalte und Hass auf Juden sind dabei ein weitgehend stabiles Phänomen in Sachsen. 16 Prozent der Befragten stimmten der Frage zu, dass Juden zu viel Macht hätten. Die Macher des Monitors weisen hierbei selbst darauf hin, dass besagtes Narrativ an viele Verschwörungserzählungen im Kontext der Pandemie anknüpft. Weitere zehn Prozent der Befragten sagten zudem, nicht genau zu wissen, ob Juden zu viel Macht hätten. Als latente antisemitische Haltung interpretiert das der Beirat zum „Sachsen-Monitor“. Diesem gehören Wissenschaftler und zivilgesellschaftlich Engagierte an.
Junge Sachsen auffällig
Unter den 18- bis 29-Jährigen finden sich laut Monitor die wenigsten Ressentiments im Vergleich zu allen anderen Altersstufen. Gleichwohl gibt es auch hier ein Besorgnis erregendes Phänomen. So stimmen in der aktuellen Studie 18 Prozent der Aussage zu, die „Juden haben zu viel Macht in der Welt“. Auch die Zustimmung zu anderen rechtsextremen und vor allem rechtsautoritären Aussagen war in dieser Altersgruppe stark vertreten oder gegenüber früheren Befragungen ansteigend. So stieg die Zustimmung von zwölf auf 17 Prozent zur Aussage „Im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform“.
Die Zustimmung zur Aussage „Wie in der Natur sollte sich in der Gesellschaft immer der Stärkere durchsetzen“ stieg von elf auf 18 Prozent. Laut Monitor-Macher sind solche Entwicklungen auffallend, weil sie jeweils die höchsten Werte im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen bei solchen Fragen darstellen. Das trifft demnach auch auf die 16 Prozent zu, die der Aussage „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen” zustimmten.
Vertrauen in Demokratie und Wissenschaft
Wegen der hohen Werte in Sachen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hatten der Monitor 2018 bundesweit Aufsehen erregt. Die aktuellen Zahlen nähern sich laut Beirat nun aber bundesweiten Erhebungen an. Der Beirat wies aber darauf hin, dass noch immer viele Werte hoch seien und „Anknüpfungspunkte für rechte Mobilisierungsstrategien“ darstellten. Allerdings wurde auch festgestellt, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie relativ hoch ist und mit 59 Prozent fast unverändert zu 2018. Besonders wird betont, dass das Vertrauen in die politischen Institutionen seit 2018 gestiegen ist.
Großes Vertrauen in die Landesregierung haben demnach 53 Prozent der Befragten – ein Plus von sieben Prozent. Sehr hohes Vertrauen genoß unter den zwischen November und März Befragten die Wissenschaft. 71 Prozent äußerten großes bis sehr großes Vertrauen in sie. Auch den öffentlich-rechtlichen Medien und Tageszeitungen vertraute bei der Befragung eine Mehrheit von 62 respektive 60 Prozent. Das war laut Beirat allerdings ein deutlicher Vertrauensrückgang um 15 beziehungsweise zwölf Prozent seit dem ersten Monitor von 2016.