„Rostock retten“ – AfD beginnt mit Montagsdemos

Nach über zwei Jahren mobilisierte die AfD erstmals wieder zu einer Demonstration nach Rostock. Rund 600 Anhänger folgten dem Aufruf gegen eine vermeintliche „Islamisierung“ der Stadt – 900 Gegendemonstranten hielten dagegen und sorgten mit einer Blockade für ein vorzeitiges Demoende.

Dienstag, 13. März 2018
Redaktion
Die AfD möchte Rostock retten
Die AfD möchte Rostock retten
 „Es ist wieder soweit“, hieß es auf dem von der AfD verbreiteten Flyern zur Mobilisierung für Montagabend. Im strömenden Regen versammelten sich etwa 600 Mitglieder und Anhänger der Partei im Stadtteil Evershagen. Dort sollte ursprünglich ein Gebetsraum für die hiesige islamische Gemeinde entstehen, doch die Pläne sind längst vom Tisch. Dies hielt Steffen Reinicke, Vorstandsmitglied des Rostocker Kreisverbandes und Versammlungsleiter am gestrigen Abend, dennoch nicht davon ab, auf eine mögliche Verbindung mit der Anmeldung der Demonstration hinzuweisen.

Blockade sorgt für vorzeitiges Demoende

Um einige Hundert Meter wurde der gestrige AfD-Treffpunkt umverlegt, es sollte nicht die letzte Änderung des Abends bleiben. Reden wurden witterungsbedingt verkürzt, auch der Streckenverlauf wurde mehrfach verändert. Nach der Rede des Landtagsabgeordneten Ralph Weber sollte es im weiteren Verlauf zurück zum Startpunkt gehen, doch eine Blockade verhinderte ein Weiterkommen. So musste die AfD-Frau Leyla Bilge ihre Rede vorzeitig abspulen. Bilge, die auch den Berliner „Frauenmarsch“ organisierte und im Nachgang ganz im Neonazi-Duktus Deutschland als „besetztes Land“ bezeichnete, sorgte am Abend mit einem Versprecher für Heiterkeit im Internet, als sie die AfD-Anhänger mit „Hallo Cottbus“ ansprach. Zu der Demonstration hatten auch rechtsextreme Gruppen mobilisiert, in den Zug hatten sich vereinzelt organisierte Neonazis der „Nationalen Sozialisten Rostock“ oder „Sektion Nordland“ eingereiht. Vorfälle wie zuletzt 2015, als diese ihre Banner in Kameras halten bzw. sich NPD-Kader prominent platzieren konnten, gab es jedoch nicht. Dafür sorgten auch gleich mehrere Mitglieder der Identitären Bewegung, die bereits in der Vergangenheit als Ordner eingesetzt wurden. Eine organisatorische Zusammenarbeit, die die AfD weiterhin abstreitet, findet in Rostock – mal mehr, mal weniger offen – bereits seit Längerem statt. Auch der in Evershagen ansässige IB-Bundeschef Daniel Fiß war zugegen und reihte sich zwischen AfD-Funktionären ein.

Erbe von Mvgida

Im Nachgang der Demonstration berichtet der Rostocker Kreisverband von „1.500 Patrioten“ – und somit zweieinhalb Mal mehr Teilnehmern als die offiziellen Angaben der Polizei hergeben. „Gemeinsam retten wir Deutschland“, heißt es weiter hochtrabend in dem Statement. Ergänzt wird dies um die Aufforderung Ralph Webers: „Geht aufrecht! Seid deutsch, sprecht und denkt deutsch und tragt dieses Deutschsein stolz nach Aussen!“


Pegida-Vize Siegfried Däbritz streamte die AfD-Demo

Am 9. April, erneut an einem Montag, will die AfD wieder durch Evershagen ziehen und gegen eine angebliche „Islamisierung“ ankämpfen. Neben dem gemeinsamen Wochentag hat der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern als einer der ersten eine deutliche Nähe zu Pegida aufgebaut. In den Jahren zuvor hatte die NPD über einen längeren Zeitraum noch die Montagabende bestimmt, unter dem Label Mvgida gab es Dutzende Aufmärsche in Mecklenburg-Vorpommern. Nun tritt die AfD das Erbe an. Die beiden Pegida-Kader Lutz Bachmann und Siegried Däbritz durften auf AfD-Veranstaltungen zwei Mal ihre Agenda vorstellen, Däbritz war auch Montagabend vor Ort und übertrug das Geschehen per Live-Stream an seine Pegida-Anhänger.

Interreligiöse Andacht

Das Bündnis Rostock nazifrei hatte unter dem Motto „Gemeinsam gegen rassistische Hetze und Ausgrenzung“ zu Gegenprotesten mobilisiert und mehrere Kundgebungen angemeldet. In unmittelbarer Nähe des AfD-Treffpunkts gab es zuvor eine interreligiöse Andacht. Dieser hatten sich auch die Vorsitzenden des Islamisches Bundes und der jüdischen Gemeinde angeschlossen und sich in ihren Reden deutlich gegenüber der AfD positioniert. Etwa 250 Personen waren dem Aufruf gefolgt und hatten sich im Anschluss in die Kundgebungen eingereiht.
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