Rettende Finanzspritze

Der vermögende Parteineuling Patrik Brinkmann eröffnet der „pro“-Truppe neue Perspektiven für den Wahlkampf – das Problem mit der dünnen Personaldecke bleibt allerdings bestehen.

Donnerstag, 21. Januar 2010
Tomas Sager

Patrik Brinkmann ist da – und der Bettelbrief, mit dem „pro Köln“ bis vor wenigen Tagen um Spenden warb, um einen „finanziellen Vernichtungsschlag“ abzuwehren, ist von der Homepage der Rechtspopulisten wieder verschwunden. 33 775 Euro hatten sie zahlen sollen, weil sie nach der Kommunalwahl im August mehr als 1300 ihrer Plakate nicht wieder eingesammelt hatten und das Ordnungsamt zur Tat schreiten musste.

Drei Wochen später ist von der Gefahr eines „finanziellen Ruins“ bei „pro Köln“, der Landespartei „pro NRW“ und dem bundesweiten Zweig „pro Deutschland“ keine Rede mehr. Dort scheint man statt dessen in neuen Finanzdimensionen zu schwelgen und zu denken, nachdem man den als Millionär gehandelten deutsch-schwedischen Unternehmer Patrik Brinkmann als Neumitglied begrüßen konnte. Wie viel sich die Partei ihren Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen nun kosten lassen will und kann, hat sie bislang zwar nicht verraten – nur, dass der „finanzstarke Unternehmer aktiv den pro-NRW-Landtagswahlkampf unterstützen“ werde. Eine konkrete Summe wird hingegen schon einmal für den im kommenden Jahr anstehenden Wahlkampf in Berlin genannt. „Unser Etat bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus wird nach dem Einstieg von Brinkmann insgesamt siebenstellig sein“, erklärt „pro Deutschland“-Chef Manfred Rouhs. Eine Rechnung über 33 775 Euro verliert angesichts solcher Summen deutlich an Dramatik.

Auf größere Finanzspritzen ist „pro“ auch dringend angewiesen, um überhaupt erst wahlkampffähig zu werden: Geld statt manpower. Allein auf die bescheidene Zahl der wirklich aktiven Mitglieder zu bauen und auf deren Bereitschaft, mit Infoständen und Verteilaktionen um Stimmen zu werben, wäre im größten Bundesland völlig illusionär. Die immer neuen Erfolgsmeldungen über die Gründung „kampagnenfähiger“ Kreisverbände sind abseits vom Rheinland und von Teilen des Ruhrgebiets weithin nur Schall und Rauch. Zwar hat „pro NRW“ nach eigenen Angaben bisher mehr als 60 Direktkandidaten nominiert und damit etwa die Hälfte der 128 Landtagswahlkreise abgedeckt. Doch abgesehen vom rheinischen Stammpersonal und einer Handvoll von den Republikanern gewechselter Kommunalpolitiker handelt es sich häufig um Nobodys, die zwar keine Vorleben in der extremen Rechten aufweisen und damit aus der Sicht der „pro“-Oberen vorzeigbar erscheinen, politisch aber völlig unerfahren sind.

Dabei soll es, glaubt man den Berichten von Teilnehmern solcher Veranstaltungen, angesichts der dünnen Partei-„Basis“ vor Ort bei der Aufstellung der Kandidaten zuweilen etwas ungewöhnlich zugehen. Öffentlich unwidersprochen beispielsweise zitierte der Dürener NPD-Kreisvorsitzende Ingo Haller den Versammlungsleiter einer Kandidatennominierung von „pro NRW“ so: „Weil nur ein einziges Mitglied anwesend sei, benötige man noch zwei ‘Freiwillige’, die für mindestens einen Tag bei ‘PRO’ Mitglied werden würden, damit ein Kandidat aufgestellt werden könne.“ Rechtlich sei das einwandfrei, habe es geheißen. Es sei zudem darauf hingewiesen worden, dass sogar „nur für die Dauer der Versammlung eine Mitgliedschaft notwendig sei, damit die Formalien bei der Kandidatenaufstellung gewahrt seien“.

Bislang bildet neben dem rheinischen „Stammland“ vor allem das Ruhrgebiet den Schwerpunkt der „pro“-Aktivitäten. Genau dort plant „pro NRW“ am letzten März-Wochenende seine „Anti-Minarett-Konferenz“. Vorgesehen ist samstags in einer nicht genannten Ruhrgebietsstadt ein Parteitag unter Beteiligung anderer rechtspopulistischer Parteien aus Europa und sonntags ein „Sternmarsch“ zur Duisburger Merkez-Moschee. Dass es der „Bürgerbewegung“ tatsächlich gelingen könnte, bis direkt vor die Moschee im Stadtteil Rheinhausen zu ziehen und noch dazu von mehreren Startorten im Ruhrgebiet aus, darf man angesichts der personellen Kapazitäten von „pro NRW“ auf der einen Seite und des gesellschaftlichen Widerspruchs, auf den die Rechtspopulisten bereits mehr als zwei Monate vor der Aktion stoßen, bezweifeln. Doch ähnlich wie bei den in Köln 2008 und 2009 angekündigten „Anti-Islamisierungs-Kongressen“ geht es Beisicht & Co. auch gar nicht vorrangig darum, wirklich konferieren und demonstrieren zu können. Ziel ist vor allem mediale Resonanz. Der Inhalt der Berichte ist weniger wichtig. Hauptsache Schlagzeile.

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