Restlos ausverkauft – Rechtsrock-Konzert in Sachsen-Anhalt etabliert sich

In Nienhagen (Sachsen-Anhalt) findet an diesem Wochenende fast unbemerkt von der Öffentlichkeit eines der größten Skinhead-Konzerte Deutschlands statt. Rund 1.200 Rechtsrock-Anhänger erwarten die Veranstalter, die vollumfänglich die Auflagen der Behörden erfüllen, um einem eventuellen Verbot zuvorzukommen.

Donnerstag, 24. Mai 2012
Marc Brandstetter
Restlos ausverkauft – Rechtsrock-Konzert in Sachsen-Anhalt etabliert sich
„Ausverkauft!“ prangt in dicken Lettern auf der Webseite des für dieses Wochenende in Nienhagen (Sachsen-Anhalt) angekündigten Rechtsrock-Konzerts. Nach Angaben der Veranstalter sind alle 1.200 Karten vergriffen, auch an der Abendkasse wird es keine Tickets mehr geben. Deshalb sollten Besucher ohne gültige Eintrittskarten erst gar nicht anreisen, raten die Organisatoren.

In den letzten Jahren hat sich das nur 380 Einwohner zählende Dorf Nienhagen in der Nähe vom Halberstadt zur heimlichen braunen Konzerthochburg entwickelt. Bereits im letzten Jahr kam rund 1.000 musikbegeisterte Anhänger in die „Hopfendarre“ im Woltersweg. Nach Informationen des Blick nach Rechts setzte sich das Publikum überwiegend aus rechts orientierten Skinheads und offensichtlich dem Rockmilieu zugehörigen Personen zusammen. Auch die einschlägig bekannte Hooligan-Band „Kategorie C“ ist an einem anderen Termin schon in dem Dörfchen aufgetreten.

Dabei setzt Veranstalter Oliver Malina auf eine Kooperation mit den Behörden. Bereitwillig erfüllt er die Auflagen, die gestellt werden. Oberstes Ziel: die Durchführung des Open Airs unter keinen Umständen zu gefährden. David Begrich von Miteinander e.V. nannte diese Vorgehensweise im Gespräch mit ENDSTATION RECHTS. eine „Legalisierungsstrategie“.

Da womöglich indizierte Lieder gespielt werden, ist der Zutritt zum Konzertgelände erst ab 18 Jahren erlaubt. Die Ordner sind angewiesen, die Personalausweise der Zuhörer zu überprüfen. Außerdem werden die anreisenden rechtsextremistischen Skinheads gebeten, auf Kleidung mit Symbolen, die unter Paragraph 68a Strafgesetzbuch fallen, zu verzichten. Gleiches gilt für das Zeigen des „Grußes“.

Malina ruft die Konzertgänger, die aus ganz Deutschland und Europa anreisen werden, auf, während der Anreise auf Alkohol zu verzichten. Und er wünscht sich ein „ordentliches Verhalten im Dorf“. Dafür würden auch Ordner sorgen, die „alle Bahnreisenden vom Bahnhof zum Konzertort weiterleiten würden“.

Mit „Endstufe“ aus Bremen konnten die Veranstalter echte Szene-Veteranen als Headliner verpflichten. Die Band ist seit mehr als 30 Jahren im Geschäft, ihre ersten beiden LPs „Der Clou“ und „Skinhead Rock N Roll“, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert wurden, gelten als Klassiker.

Den Part des Co-Headliners übernimmt die baden-württembergische Band „Faustrecht“, die aus dem Umfeld der verbotenen Gruppierung „Skinheads Allgäu“ stammen soll. Direkt ihre erste Demoveröffentlichung wurde indiziert und beschlagnahmt. Die erste richtige CD „Blut, Schweiß und Tränen“, 1997 von „Pühses Liste“, dem Label des heutigen NPD-Bundesgeschäftsführer Jens Pühse, veröffentlicht, wurde ebenfalls indiziert. Daneben stehen auch drei internationale Kapellen auf dem Billing: „Brassic“ (USA), „Legittima Offesa“ (Italien) und „Les Vilains“ (Belgien).

Während in den vergangenen Jahren die Konzerte nahezu ohne zivilgesellschaftliche Gegenwehr über die Bühne gehen konnten, formiert sich nun Widerstand. Unter dem Titel „Bürger sagen Nein zu Nazi-Konzerten“ haben sich Politiker, Kirchenvertreter, Lehrer und ein Bürgerbündnis in einem offenen Brief gegen die Veranstaltung ausgesprochen, berichtet die Mitteldeutsche Zeitung.

Die Verwaltung habe keine Möglichkeit gehabt, dass Konzert zu verbieten, da dieses auf einem Privatgelände stattfinde, versicherte Knut Buschhüter, Ordnungsamtsleiter der Verbandsgemeinde Vorharz. Ein erster Verbotsanlauf sei bereits vor zwei Jahren gescheitert. Allerdings habe man das Spielen bestimmter Stücke verboten, wogegen der Veranstalter derzeit gerichtlich vorgehe.

Foto: Screenshot
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