„Reichsideologe“ mit Geschäftssinn
Am 19. und 20. September soll in Wittenberg wieder eine Messe im Zusammenhang mit dem selbst ernannten „Königreich Deutschland“ stattfinden.
Der auch als selbst ernannter König von Deutschland bekannte „Reichsideologe“ Peter Fitzek, der sich selbst auch als Peter I. bezeichnet, unterstreicht mal wieder seine weitreichende Vernetzung in obskure esoterische und rechte Kreise, aber auch zugleich seinen steten Geschäftssinn. Der 55-Jährige bewirbt seit knapp vier Monaten offen eine jetzt am Wochenende geplante Messe.
Hinweise auf Corona-Hygienevorschriften fehlen
Eingeladen wird nach Wittenberg zur KRD-Messe, wie sie bereits im vergangenen Herbst stattfand. Als Veranstalter fungiert eine KRD-Stiftung. Die Abkürzung KRD steht für „Königreich Deutschland“, welches Fitzek 2012 ausgerufen hatte, nachdem er zuvor seine Anhänger noch unter dem Titel „Neu-Deutschland“ versammelte. Von Besuchern wird am Wochenende Eintritt kassiert, für einzelne Seminare sogar noch einmal zusätzliche Gebühren. Standbetreiber und Seminaranbieter zahlen ebenfalls nicht wenig. Gerechnet wird mit überregionalem Zuspruch, daher ist eine Mitfahrbörse eingerichtet. Hinweise auf Corona-Hygienevorschriften: Fehlanzeige. Laut KRD existieren im selbst ausgerufenen Fantasiestaat „die ganzen bekloppten Corona-Maßnahmen“ nicht.
Es ist wohl auch der Personen-Mix, der seit Monaten bei Protesten gegen Corona-Anordnungen auf die Straße geht, der zur Zielgruppe von Fitzek gehört und für eine Angebotspalette von Systemkritik bis zur Scharlatanerie empfänglich ist. Ein klassisches Thema für so genannte „Reichsbürger“ soll diesmal unter dem Titel „Ärger mit der BRD-Justiz?“ bedient werden.
Nikolai Nerling lädt zum Volkstanz ein
Im Vorjahr war als Gast der rechte Esoteriker Jo Conrad von „Bewusst TV“ der heimliche Messe-„Star“. Ein Video des in Holocaustleugner-Kreisen aktiven Rechtsextremisten Nikolai Nerling aus Berlin, szenebekannt als „Der Volkslehrer“, über seine Wittenberger Stippvisite 2019 zeigt, dass vor Ort umfänglich Werbung über die rechts-esoterisch und antisemitische „Anastasia-Bewegung“ gemacht wurde. Auch Literatur von Autoren wie Michael Winkler, der Beiträge fürs 2016 verbotene neonazistische Internetportal „Altermedia“ oder für die Periodika „Recht und Wahrheit“ lieferte, wurde feilgeboten. Das Thema „Germanische Neue Medizin“ des 2017 verstorbenen Ryke Geerd Hamer, der sich zwischen alternativer Pseudo-Medizin und antisemitischer Verschwörung bewegte, findet auf der Messe ebenso Interessenten.
Nerling hat an Fitzeks System-Kritik und dessen Provokationen offenbar so viel Gefallen gefunden, dass er sich dieses Jahr selbst aktiv einbringen will und im Rahmen der Messe zum Volkstanz einlädt. Entsprechende Meetings waren in der Vergangenheit schon mehrfach unter dem Motto „Für Deutsche Kultur in Deutschland“ ein steter Anziehungspunkt für Reichsideologen und völkische Aktivisten der rechten Szene.
Angeblich 80 Unternehmen unter dem Dach des KRD
Fitzek selbst hat sich in den vergangenen Jahren mehrere Male vor Gericht verantworten müssen. Wegen verschiedener Delikte im Zusammenhang mit seinem Fantasiestaat und der Nutzung eines selbst aufgelegten Banken-, Versicherungs- und Rentenmodells saß der gelernte Koch und Karatelehrer bereits im Gefängnis. Unter anderem hatte er 2012 seinen Führerschein abgegeben, weil er die Gesetze der Bundesrepublik nicht akzeptiert. In der Folge wurde er ohne Fahrerlaubnis aber immer wieder am Steuer eines Kfz angetroffen.
Nach Fitzeks Angaben haben sich bereits über 80 Unternehmen unter das Dach des KRD und dessen Souverän einer eigenen Verfassung begeben. Diese sind bundesweit angesiedelt, und viele davon nutzen die Messe als willkommenes Präsentationsfenster unter Gleichgesinnten. Ende Juli wurde ein Fall eines Kölner Restaurants bekannt, dessen Betreiber sich zum KRD zählen und von Ordnungsamt und Polizei aufgesucht wurden. Bereits seit einigen Jahren beobachtet der Thüringer Verfassungsschutz ein weiteres Restaurant in Saalfeld, das sich zum KRD bekennt. Fitzek behauptet, dass sein KRD-Zusammenschluss mittlerweile 1600 Personen umfasse. Anfang September hat er in Ulm im Beisein beobachtender Polizei und Presse unter dem Namen „Gemeinwohl Kasse“ eine „Bankfiliale“ eröffnet.