Rechtspopulisten auf dem Vormarsch
Eigentliche Gewinnerin der gestrigen Nationalratswahl ist die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ). Laut vorläufigem Ergebnis erlangte sie ein Ergebnis 21,40 Prozent (883.258 Stimmen) und wurde erneut drittstärkste Kraft im Wiener Parlament.
Die rechtspopulistische Partei ist wieder so stark wie zuletzt in den 90er Jahren unter der Führung von Jörg Haider. Die „Freiheitlichen“ erzielten einen Zuwachs von 3,87 Prozent (2008: 17,5 Prozent). Unter der Führung des seit April 2005 amtierenden FPÖ-Bundesobmanns (= Bundesvorsitzender) Heinz-Christian Strache (Jg. 1969), einem Ziehsohn Haiders, ging die Partei mit ausländerfeindlichen und EU-kritischen Parolen auf Stimmenfang. Slogans wie „Daham statt Islam“ sowie „De solln sich schleichen“ gegen „Radikalislamisten“ und EU bestimmten den FPÖ-Wahlkampf. Die demagogische Wahlkampagne ging auf. Die FPÖ wurde Stimmengewinnerin bei den Arbeitern. Bei den Angestellten kam die FPÖ auf Platz zwei.
Das Team Stronach, eine Anti-Euro-Parteigründung des 81-jährigen austrokanadischen Milliardärs Frank Stronach, dem es in kurzer Zeit gelang, in die Landtage Niederösterreichs, Kärntens und Salzburg mit jeweils um die zehn Prozent einzuziehen, erreichte 5,79 Prozent (239 075 Stimmen). Trotz Rekordausgaben für den Wahlkampf blieb das Team Stronach unter der Erwartung. Aus FPÖ-nahen Kreisen wurde immer wieder vor Stronach gewarnt. Dieser sei, so der „gut vernetzte“ („Der Spiegel“) Burschenschafter Jan Ackermeier, lediglich eine „Scheinalternative“, warnte er Gleichgesinnte in der Monatszeitschrift „Der Eckart“, dem Sprachrohr der Österreichischen Landsmannschaft. Stronach, so Ackermeier, habe „zweifelhafte Ansichten und noch zweifelhaftere Partner.“
Antisemitische Karikatur auf der Facebook-Seite
Das 2005 als Abspaltung von der FPÖ von dem 2008 tödlich verunglückten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider gegründete Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) unter Josef Bucher scheiterte mit 3,63 Prozent (149 740 Stimmen) an der in Österreich geltenden 4-Prozent-Hürde. Gegenüber der letzten Nationalratswahl verlor das rechtskonservative BZÖ 7,07 Prozent Stimmen, die überwiegend zur FPÖ gingen.
Der Burschenschafter Heinz-Christian Strache, einst jüngster Bezirksrat Wiens, ist seit Jahrzehnten im extrem rechten Milieu verankert. Im Sommer 2012 zeigte der FPÖ-Vorsitzende auf seiner Facebook-Seite eine antisemitische Karikatur eines Bankers mit Hakennase und wie Davidsterne gezeichneten Manschettenknöpfen, der sich auf Kosten des Volkes durchfrisst. Strache kommentierte dies mit den Worten: „So sieht die Umverteilung von Rot-Schwarz mit ihren grünen Helferleins in Wahrheit aus! Sie verteilen unser hart erarbeitetes und erwirtschaftetes österreichisches Steuergeld in Richtung der EU-Bankspekulanten mittels ESM-Diktat und Österreich-Verrat!“ Die Israelitische Kultusgemeinde verurteilte die Zeichnung und zog Parallelen zum „damaligen Stürmer in den dreißiger und vierziger Jahren“.
Ebenfalls im Sommer vergangenen Jahres lobte Strache in der rechtsextremen Monatszeitschrift „Die Aula“ die Zusammenarbeit zwischen der FPÖ und den Rechtsaußen-Parteien Vlaams Belang (Belgien), Front National (Frankreich) und Ataka (Bulgarien). Für Schlagzeilen hatte Strache wenige Monate zuvor gesorgt, als er Proteste gegen einen Burschenschafts-Ball in der Wiener Hofburg mit der Reichspogromnacht verglich und von „den neuen Juden“ sprach. Über den Tod des FPÖ-„Urgesteins“ Otto Scrinzi im Januar 2012 zeigte sich Strache „tief betroffen“ und gab kund, dass dieser „die Werte unserer Gesinnungsgemeinschaft immer gelebt hat“. Scrinzi war einst SA-Sturmführer und NSDAP-Mitglied sowie später Unterzeichner des Aufrufs der „Deutschen National-Zeitung“ für eine Generalamnestie für NS-Verbrecher.
Gewisse „Nähe zu nationaldemokratischem Gedankengut“
Einschlägig aktenkundig war Strache 1989 geworden. Am 31. Dezember 1989 wurde er in Dippach nahe der Ortschaft Hilders im Landkreis Fulda gemeinsam mit weiteren Gesinnungskameraden von der Polizei in Verwahrung genommen. Strache nahm an einer verbotenen Veranstaltung der HJ-Imitation „Wiking-Jugend“ (WJ) teil. 1990 war Strache einer der Teilnehmer der DVU-Veranstaltung in der Nibelungenhalle im bayerischen Passau. Ein Schreckschussrevolver, den er mit sich führte, nahm ihm die Polizei ab. Wegen Verstoßes gegen das bayerische Versammlungsgesetz musste Strache eine Geldstrafe zahlen. Mit Strache war aus Österreich unter anderem Norbert Burger, Gründer der 1988 wegen NS-Wiederbetätigung verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP), angereist.
Im Januar 2007 tauchten Fotos auf, die Strache Ende der 80er Jahre bei wehrsportähnlichen Aktivitäten in den Kärntner Bergen zeigen. Bereits im Jahr 2004 hatte das Oberlandesgericht Wien in einem Prozess festgestellt, dass Strache in seiner Geisteswelt und Diktion seit seinem Einstieg in die Politik stets eine gewisse „Nähe zu nationaldemokratischem Gedankengut“ habe erkennen lassen.