Rechtspopulismus als „Bürgerbewegung“
Eine „Bürgerbewegung“ als neue rechtspopulistische Partei – das Modell „pro“-Köln soll bundesweit exportiert werden.
Das lateinische Wörtchen „pro“ ist positiv besetzt, wird es doch zumeist in dem Sinn verwendet, dass sich Menschen aktiv „für“ etwas einsetzen. So wie sich beispielsweise „Pro Familia“ für Familien stark macht. Doch mittlerweile setzen auch Organisationen aus dem extrem rechten Spektrum auf die Wirkung des „pro“. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Berlin-Brandenburg und München gibt es Ableger der so genannten „pro“-Bewegung. Der gerade erschienene Sammelband „Rechtspopulismus als ‘Bürgerbewegung’“ trägt nun Wissenswertes zu Vorgeschichte, Strukturen und Verbindungen dieser Organisationen zusammen.
Auch die von dem ehemaligen Hamburger Amtsrichter Ronald Schill 2000 gegründete rechtspopulistische Partei nannte sich zunächst PRO – „Partei Rechtsstaatliche Offensive“, und ebenso im rechtslastigen Parteienspektrum trat die Partei „Pro Deutsche Mitte – Initiative PRO-DM“ von Bolko Hoffmann an. Die in den letzten Jahren gegründeten „pro”-Gruppierungen verstehen sich selbst, so heißt es im Einleitungstext des Buches, als rechtspopulistisch und wollen als „Anti-Islam-Partei“ von rechts angesehen werden.
„Pro“-Köln, dem sich die Autoren Hans-Peter Killguss, Jürgen Peters und Alexander Häusler intensiv zuwenden, hat dabei seinen Ursprung im rechtsextremen Bereich; die vermeintliche Bürgerbewegung sei eine Parallelstruktur der Republikaner-Abspaltung Deutsche Liga für Volk und Heimat. Die nachfolgenden Gründungen von „pro“-NRW und „pro“- Deutschland verfolgten offenkundig die Absicht, eine neue rechtsextreme Partei „im Gewand einer Bürgerbewegung landes- und bundesweit zu exportieren“.
„Pro“-Köln hat sich bereits in der Vergangenheit auf Themen konzentriert, mit denen sich Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren lassen. Wurde vor einigen Jahren vor allem gegen Sinti und Roma oder gegen Asylbewerber gehetzt, so konzentriert sich die aktuelle Agitation auf den Islam sowie auf den geplanten Moscheebau in Köln-Ehrenfeld. Seit den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2004 ist „pro“ Köln mit zunächst vier, durch Übertritt inzwischen fünf Mandaten im Stadtrat vertreten.
Im Februar 2007 initiierte „pro“-Köln (Bürgerbewegung pro Köln) die Gründung des Vereins „Bürgerbewegung pro Nordrhein-Westfalen e.V.“ („pro“-NRW). Mit diesem Verein, so schreiben Jürgen Peters, Tomas Sager und Alexander Häusler, solle nicht nur das Modell „pro“-Köln auf weitere Städte in NRW übertragen werden, sondern sei auch die Voraussetzung geschaffen worden, dass die rechtspopulistische Partei bei den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen 2010 antreten könne. Zuvor will sich die „Bürgerbewegung“ bei den NRW-Kommunalwahlen 2009 profilieren.
Bei allen Versuchen, sich „bürgernah“ zu präsentieren können die diversen „pro“-Ableger ihre eigentliche Herkunft ebenso wenig verleugnen wie die intensiven personellen und organisatorischen Verbindungen ins rechtsextreme Lager. Alexander Häusler bewertet die Unterschiede als marginal, allerdings stellt er auch klar: „Rechtspopulistische Strömungen ordnen sich im Unterschied zu offen nationalrevolutionär auftretenden Parteien der extremen Rechten wie etwa der NPD selbst dem rechtskonservativen Spektrum zu und inszenieren sich mit propagandistischem Bezug auf Ängste und Vorurteile aktionsorientiert als ‘Anwälte des Volkes’.“
Neben Entstehung und Einbettung der „pro“-Bewegung in den Kontext anderer rechtspopulistischer Parteien in Europa enthält das 292 Seiten starke Buch außerdem Beiträge, die sich mit politischen Auseinandersetzungen rund um den Islam und Moscheebauprojekte in Deutschland befassen. Dabei wird die zwiespältige Rolle vieler Medien und Intellektueller gegenüber dieser Religion deutlich. Einen anderen Akzent setzt hier der Beitrag „Islam und Urbanität – Moscheen als multifunktionale Zentren in der Stadtgesellschaft“ des Sozialwissenschaftlers Rauf Ceylan.