Rechter Verein „Aufbruch Gera“ gegründet

Zur Vereinsgründung in einer Geraer Gaststätte kamen etwa 100 Personen aus dem Spektrum der rechten Montagsdemos. Was als Aufbruch in eine „neue Ära des Widerstandes“ angekündigt wurde, entpuppte sich als Versuch der politischen Einflussnahme zweier Rechtsextremisten, die von der AfD verstoßen wurden.

Freitag, 31. März 2023
Sebastian Stein
Christian Klar und André Poggenburg mit dem neuen Vereinsauftritt
Christian Klar und André Poggenburg mit dem neuen Vereinsauftritt

Eingeladen hatten der Geraer Rechtsextremist Christian Klar sowie der Ex-AfD-Politiker André Poggenburg. Beide hatten in den vergangenen Monaten eng zusammengearbeitet. Poggenburg ist mehrfach auf den von Christian Klar organisierten Veranstaltungen in Gera aufgetreten. Klar ist Anmelder der rechten Montagsdemos. Unterstützung erhält er dabei auch aus der AfD, der er im letzten Jahr beitrat. Mehrfach nahm Björn Höcke an seinen Veranstaltungen teil.

Die Veranstaltung beginnt mit einem Rückblick. Nach der Begrüßung werden Videos vergangener Aktionen der rechten Demonstranten gezeigt. Klar kommentiert die Videos. Eine Demo im Januar 2022 führte zum Wohnhaus des Geraer Oberbürgermeisters Vonarb. Klar behauptet, dass es eine Falle der Polizei gewesen sei, die die Demonstranten absichtlich dort entlang geführt habe. Ein späteres Video kündigt Klar dann allerdings mit den Worten „dann war nochmal geplant […], dass wir den Bürgermeister mit Fackeln zuhause besuchen“ an.

Man hatte sich bereits versammelt, als ein Anruf kam, dass man die Aktion doch bitte erst einmal lassen solle. Kurz entschlossen zog man stattdessen mit Fackeln zum Geraer Schloss. Im Video dieser Aktion sind etliche Feuerwerkskörper zu sehen. Klar hört sich ein wenig enttäuscht an, wenn er sagt, dass es auch schön gewesen wäre, wenn man die Rauchbomben, wie geplant, dem Bürgermeister in den Garten geschmissen hätte.

„Somit haben wir einen unabhängigen, parteilosen Kandidaten, der einer von uns ist.“

Nach diesem Video-Rückblick geht es um den neuen Verein „Aufbruch Gera“. Der Verein soll Teil von Poggenburgs Netzwerk „Aufbruch Deutschland 2020“ sein, im kommenden Jahr soll über „Aufbruch Gera“ an der Kommunalwahl in Gera teilgenommen werden. Klar spricht zudem von städtischen Unternehmern, die derzeit einen Bürgermeisterkandidaten aufbauen, welchen man unterstützen möchte. Auch die rechten Montagsdemos werden aus einem Unternehmernetzwerk heraus unterstützt. Kopf dieser „Unternehmer mit Herz“ ist Peter Schmidt aus Gera, der sich bereits Bühnen mit Björn Höcke und Frank Rennicke bei solchen Veranstaltungen teilte. Mehrfach gibt es zudem Andeutungen, dass „Aufbruch Gera“ auch an den Landtagswahlen teilnehmen könnte.

Im Oktober stand der Rechtsextremist Christian Klar in Gera noch zusammen mit Björn Höcke auf der Bühne
Im Oktober stand der Rechtsextremist Christian Klar in Gera noch zusammen mit Björn Höcke auf der Bühne

Klar betont, dass die Teilnahme an Wahlen kein Schritt gegen die AfD sei. „Wenn die AfD fünf Sitze verliert und wir haben fünf, sind trotzdem genauso viele Patrioten im Stadtrat, im Landrat, wo auch immer“. Die AfD dürfte das vermutlich anders sehen. Tatsächlich wird während der gesamten Veranstaltung heftige Kritik an der AfD geübt. Klar sagt aus, dass es die AfD in Sachsen nicht verdient habe, gewählt zu werden. Stattdessen sollten die Stimmen den „Freien Sachsen“ gehören, die ebenfalls anwesend sind. Poggenburg versucht sich als „wahre Opposition“ gegenüber der AfD abzugrenzen. Er fordert, es müsse mehrere Parteien rechts der CDU im Parlament geben.

AfD-Mitgliedschaft unter Druck geraten

Auch mehrere AfD-Politiker aus Gera sind anwesend. Irgendwann bittet der Landtagsabgeordnete Wolfgang Lauerwald um das Mikrofon. Er versucht zu beschwichtigen und gibt bekannt, dass er Björn Höcke bereits einige Tage zuvor über die Vereinsgründung informiert hat. Den Worten nach gehört Lauerwald auch selbst dem neuen Verein „Aufbruch Gera“ an. Später äußert er sich harsch gegenüber Poggenburg. Er spricht von einer „gewissen Befindlichkeit“ und äußert die Sorge, dass eine neue Partei gegründet werden könnte. Er wirkt ein wenig überrumpelt, von dem, was Klar und Poggenburg zuvor auf der Bühne äußerten. Muss er sich dann bei der nächsten Wahl entscheiden, ob er für die AfD oder „Aufbruch Gera“ kandidiert?

Der AfD-Politiker Lauerwald musste in letzter Zeit wohl viel parteiinterne Kritik einstecken, u.a. weil er am politischen Aschermittwoch teilgenommen hatte, den Christian Klar organisierte. Dann platzt es aus Christian Klar heraus: Er sei seit etwa einem Jahr Mitglied der AfD, ihm drohe jedoch der Parteiausschluss. Grund dafür sei ein Rechercheartikel auf einem Antifa-Portal. „Recherche Ostthüringen“ hatte im Oktober einen Artikel über die Vorstrafen des Rechtsextremisten veröffentlicht. Den Inhalt des Artikels selbst kritisiert Klar an diesem Tag nicht, lediglich die Tatsache, dass die Thüringer AfD eine Gegnerplattform als Quelle nutzt, um gegen die eigenen Leute vorzugehen. Schließlich verkündet Klar seinen Parteiaustritt und fügt hinzu, dass er nicht möchte, dass ihm die Hände gebunden sind, politisch aktiv zu sein.

Rechte Splitterpartei in Thüringen?

Auf Poggenburgs Blog „Ungetrübt Media“ wird später nachgelegt und die Thüringer AfD-Spitze stark kritisiert, gar offen gedroht: „Sollte die AfD Thüringen so weiter machen, könnte es auch dort patriotische Konkurrenz zur Landtagswahl geben, ähnlich der Situation in Sachsen.“

Bewahrheitet sich somit Lauerwalds Befürchtung einer Parteigründung? Vor Ort äußerten noch weitere Akteure ihre Sorgen darüber. Dem rechten Aktivisten Frank Haußner von den „Patrioten Ostthüringen“ fällt es schwer, Worte zu finden. Er betont seine guten Kontakte in die AfD und steht einer möglichen neuen Partei in Thüringen skeptisch gegenüber. Als die Frage aus dem Publikum kommt, ob die Vereinsgründung irgendwann in einer Parteigründung enden werde, bleibt Klar vage: „alles kann und nichts muss“. Poggenburg dagegen antwortet, dass er der Meinung ist, „man müsse jedes Instrument […] spielen.“

Wie geht es weiter?

Die Anwesenden wurden aufgefordert sich in Interessenten-Listen einzutragen. Laut „Ungetrübt Media“ soll der Verein als „Aufbruch Gera e.V.“ auftreten. Angeblich liegen etwa 60 Anfragen über den Vereinseintritt vor. Klar kündigte an, dass zudem eine Jugendorganisation gegründet werden soll. Er selbst plant außerdem im Juni einen Imbiss mit dem Namen „Zum Aufbruch“ in Gera-Leumnitz zu eröffnen, der als Anlaufstelle für Vereinsanliegen dienen soll.

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