Rechter „Großaufmarsch“ im Niedergang

Teilnehmerzahlen bei Berliner „Merkel muss weg“-Aufzug bleiben erneut deutlich hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. Versammelt hat sich am Samstag wieder ein bunter Mix aus der extremen Rechten.

Montag, 06. März 2017
Theo Schneider

Zum mittlerweile fünften Mal haben sich am vergangenen Samstag hunderte Neonazis und Flüchtlingsfeinde in Berlin zum Aufmarsch unter dem Motto „Merkel muss weg“ versammelt. Mit rund 700 Besuchern blieb die Teilnehmerzahl erneut deutlich unter den Erwartungen der Veranstaltenden der extrem rechten Gruppe „Wir für Berlin – Wir für Deutschland“ um den ehemaligen „pro-Deutschland“-Funktionär Enrico Stubbe.

Nach dem überraschenden Mobilisierungserfolg für die extremen Rechten im März 2016, bei dem fast 3000 Menschen kamen (bnr.de berichtete), sanken die Teilnehmerzahlen bis zuletzt kontinuierlich in den dreistelligen Bereich. (bnr.de berichtete)

„Schuldkult“ und „Holocaust-System

Schon im Vorfeld deutete sich an, dass das Interesse an dem rechten Event in der Szene offenbar sinkt.  So konnten offenbar keine in diesem Spektrum namhaften Redner mehr angeworben werden, die nicht zum Dunstkreis der Veranstaltenden gehören wie der Schweizer Rechtspopulist Ignaz Bearth und der Pegida-Aktivist Kay Hönicke oder eben Enrico Stubbe. Hinzu kamen völlig unbekannte Personen als Rednerinnen wie Amy Bianca aus Österreich und Lilly Steup, die dem „Bündnis Deutscher Patrioten“ zuzurechnen ist. Als musikalische Einlage war zudem der Berliner Rechtsrapper Patrick Killat (alias „Villain051“) aufgetreten.

Auch Viktor Seibel aus Kassel hielt eine Rede, beklagte in antisemitischer Manier die vermeintliche Herrschaft „einer kleinen internationalen Clique“ und sprach von „Schuldkult“ und „Holocaust-System“. Seibel trug dabei einen Pullover der „Deutsch-Russischen Bruderschaft“. Nicht nur er präsentierte am Samstag seine Sympathie zu Russland, wie bei den anderen Aufmärschen zuvor wurden auch am Samstag mehrere Russlandfahnen und pro-russische Schilder getragen und „Merkel nach Sibirien, Putin nach Berlin“ gefordert. Ignatz Bearth animierte die Teilnehmer sogar zu „Putin, Putin“-Rufen. Der Neonazi Patrick Krüger schien sich daran nicht zu stören, obwohl er einen Pullover mit der Aufschrift „Deutsch-Ukrainische Waffenbrüder“ trug, auf dessen Rückseite das Logo des ukranischen Neonazi-Regiments „Asow“ prangte.

„Identitäre“, Hooligans und Neonazis

Erneut war die Veranstaltung ein bunter Mix aus fast allem, was die extreme Rechte in Deutschland derzeit zu bieten hat. Anhänger der „Identitären Bewegung“, „Reichsbürger“ wie Mario Heinz Romanowski, AfD-Politiker wie Heribert Eisenhardt und vermeintliche Hooligans vom „Bündnis Deutscher Hooligans“ (B.D.H) sowie diverse flüchtlingsfeindliche Initiativen und Neonazis beispielsweise aus der NPD waren vor Ort.

Einen eigenen Block mit zahlreichen Fahnen und einem Transparent stellte die „Sektion Nordland“ aus Hamburg, deren Name auf eine gleichnamige SS-Freiwilligen-Division anspielt. Zwar wurden am Rande immer mal wieder Pressevertreter und Gegendemonstranten bedrängt, insgesamt verlief der extrem rechte Aufzug aber ohne größere Zwischenfälle und endete am Alexanderplatz in Berlin-Mitte.

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