Rechte Taktierer
Bei der Postenvergabe in verschiedenen städtischen Unternehmen haben die gewählten Ratsmitglieder von „pro NRW“ und NPD offensichtlich in mehreren Fällen für AfD-Vertreter gestimmt – auch „pro NRW“ hat mit Unterstützung den Einzug in diverse Ausschüsse und Aufsichtsräte geschafft.
Die AfD mochte nichts mit den Republikanern zu schaffen haben, die Republikaner nichts mit „pro NRW“, „pro NRW“ nichts mit der NPD und die NPD nichts mit „Die Rechte“. So weit und so klar die Aussagen rechter Parteien vor den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen vom 25. Mai. Nach den ersten Ratssitzungen ist klar: Vor allem, wenn es um Posten, Pöstchen und Geld geht, scheint die Halbwertszeit solcher Beteuerungen sehr limitiert zu sein.
Zum Beispiel Duisburg: Mehr als 14 Stunden lang, von 15.00 Uhr nachmittags bis 5.05 Uhr in der Früh, benötigte der neue Rat, um seine Ausschüsse zu besetzen und die Vertreter der Stadt für diverse Aufsichtsgremien, von der Sparkasse bis zum Verkehrsbetrieb, zu bestimmen. Wenn geheim votiert wurde, kam die vierköpfige „pro NRW“-Fraktion stets auf acht Stimmen. Die Vermutung liegt sehr nahe, dass NPD-Ratsfrau Melanie Händelkes und die drei Vertreter der AfD „pro NRW“ zur Seite standen – mit der Folge, dass die Fraktion der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei nun unter anderem sogar im örtlichen Polizeibeirat mitmischen kann.
Umgekehrt schaffte auch die AfD den Einzug in diverse Ausschüsse und Aufsichtsräte. „In Duisburg hat sich das Taktieren der Rechtsparteien – unter tatkräftiger Unterstützung der Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) – jedenfalls ausgezahlt“, kommentierte die „Rheinische Post“. „Die rechtsextremistische Pro NRW-Fraktion galt schon im Vorfeld für die demokratischen Parteien nicht als Gesprächspartner, die AfD hat sich mit ihrem Verhalten in der zweiten Ratssitzung ebenfalls in Abseits gestellt.“ Bei der AfD hieß es, die Wahlen seien geheim gewesen. Wer wie gewählt habe, sei nicht bekannt.
AfD hat sich „demaskiert“
Duisburg ist kein Einzelfall. In Bochum votierten die Ratsmitglieder von „pro NRW“ und NPD bei der Besetzung eines wichtigen Ausschusses für den Vorschlag der AfD. In Bochums Nachbarstadt Essen hatte es „pro NRW“ offenbar der Unterstützung durch NPD-Vertreter Stefan Anthofer zu verdanken, dass man bei der Vergabe von Aufsichtsratsposten drei Mal mit den Linken gleichzog. Beim anschließenden Losentscheid waren die Rechtspopulisten in allen drei Fällen erfolgreich. Die AfD habe sich „demaskiert“, notierte das WAZ-Internetportal „derwesten“ nach der letzten Ratssitzung in Gelsenkirchen: „Entweder stimmte Pro NRW für den AfD-Vorschlag oder umgekehrt.“
In der Landeshauptstadt Düsseldorf freuten sich Republikaner und AfD-Ratsherr Ulrich Wlecke gleichermaßen, dass man „Die Linke“ aus dem Integrationsausschuss der Stadt verdrängt habe. Möglich wurde dies, weil AfD und Republikaner gemeinsam mit den populistischen „Freien Wählern Düsseldorf“ votierten, deren Stadtverordneter mit der Vertreterin der „Tierschutzpartei“ eine Ratsgruppe bildet.
Über ein gemeinsames Verhalten bei Abstimmungen hinaus geht die Zusammenarbeit extrem rechter Parteien in Wuppertal und Dortmund. In Wuppertal wollen die beiden „pro NRW“-Vertreter Claudia Gehrhardt und Gerd Wöll gemeinsam mit dem REP-Ratsmitglied Thomas Kik eine Fraktion bilden. Sie könnte mit jährlich 90 000 Euro aus der Stadtkasse rechnen. Bisher verweigert Wuppertals Stadtverwaltung dem Trio aber noch die Anerkennung als Fraktion – Gerichte werden entscheiden müssen. In Dortmund haben NPD und „Die Rechte“ das Kriegsbeil begraben. Dort winkt der gemeinsamen Ratsgruppe, bestehend aus Axel Thieme und Dennis Giemsch, ein jährlicher Zuschuss von rund 40 000 Euro.
„Anti-Rechts-Kämpfern einen Schuss vor den Bug“
Bei der „Rechten“, der NPD und „pro NRW“ freut man sich über aufbrechende Fronten rechtsaußen. „Ab sofort spricht die nationale Opposition im Dortmunder Stadtrat mit einer Stimme!“, jubelt die NPD in Dortmund. Und ihr Landesvorsitzender Claus Cremer freut sich über die Schlagzeilen, die sein eigenes Votum im Bochumer Stadtrat zugunsten der AfD gemacht hat. Dabei betont er aber, dass er „taktisch“ gewählt habe: „Die NPD hat nicht für die AfD-Liste gestimmt, weil ihr die Partei an sich so gut gefällt, sondern weil man mit einfacher Mathematik herausbekommen konnte, dass bei einer solchen Konstellation die Anti-Rechts-Kämpfer der Grünen einen Schuss vor den Bug erhalten.”
„Pro NRW“-Chef Markus Beisicht meint derweil, es sei „sehr erfreulich, dass es uns gelungen ist, auch durch Unterstützung anderer Parteien unsere Kandidaten in eine Reihe von Aufsichtsräten städtischer Unternehmen in Duisburg, Gelsenkirchen und Essen zu platzieren“. Ganz undogmatisch habe man „mit anderen demokratischen Gruppierungen kooperiert“. Die NPD erwähnte er in diesem Zusammenhang nicht.
Hans Friedrich Rosendahl, Koordinator für Kommunalpolitik im Landesvorstand der AfD, mochte in einer ersten Bilanz der Ratsarbeit nicht auf das umstrittene Abstimmungsverhalten einiger seiner Parteifreunde eingehen. Stattdessen beklagte er sich, in Duisburg und Bochum würden die neuen AfD-Ratsmitglieder „geschnitten und ausgegrenzt“. (rr/ts)