Rechte Riege bei der Niedersachsen-AfD

Der niedersächsische AfD-Landesverband verfügt kurz vor den Kommunalwahlen im Herbst über eine ganze Reihe von  Aktivisten mit fragwürdigem Background.

Donnerstag, 12. Mai 2016
Andrea Röpke

Früher nannte sich Andreas-Dieter Iloff „Adrich“. Heute fungiert er mit seinem richtigen Namen als stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD im ländlich geprägten Landkreis Diepholz. Iloff ist ein umtriebiger Mann, Hufschmied mit einer Vorliebe für Körperkult und Riefenstahl-Ästhetik.  Bevor Iloff bei der AfD landete, besuchte er mit Neonazis die „Hooligans gegen Salafisten“-Kundgebung (HoGeSa) in Hannover oder nahm an einem konspirativen Treffen auf dem Anwesen des Thüringer Neonazis Thorsten Heise teil. Zum 25. Juni 2011 hatten ein Aktivist der Rassistensekte „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ sowie der wegen Volksverhetzung verurteilte Rechtsextremist Rigolf Hennig eingeladen. Es sollte anscheinend eine kleine Vorstellungsrunde für die neu entstehende braune „Europäische Aktion“ werden. Unter den Anreisenden damals war auch „Aueschmied“ Iloff.

Bereits im Jahr 2000 fanden dessen Aktivitäten und die des „Freundeskreises Deutschland e.V.“ Erwähnung im niedersächsischen Verfassungsbericht. Seit 1989 betreibt Iloff den abgelegenen „Auehof“ bei Kirchdorf als „gänzlich unamerikanische Gemeinschaft“. Traditionell fanden auf dem Gelände in der Nähe von Kirchdorf auch heidnische Sonnenwenden mit „germanischem Fünfkampf“ statt. 2013 wurden in einer nahe gelegenen Sandgrube zahlreiche Zelte errichtet, Fahnen gehisst und Wachen mit Ferngläsern aufgestellt. Die Polizei kontrollierte das entlegene Treiben.

Revanchisten und Parteienhopper

Andreas-Dieter Iloff scheint nicht der einzige niedersächsische Lokalpolitiker der AfD mit rechtem Background. Unter Führung des ehemaligen Journalisten Armin Paul-Hampel versammelt sich eine ganze Riege von Revanchisten und Parteienhoppern.

Einige Beispiele:  Bernhard Knapstein aus dem AfD-Kreisverband Rotenburg-Heidekreis war JLO-Vorsitzender. Lange Zeit organisierte die Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) die alljährlichen Neonazi-Treffen zur Bombardierung Dresdens im Februar, an denen auch die Spitzen der NPD teilnahmen. Der Schneverdinger Knapstein schrieb für die neu-rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“.

AfDler Wolfram Bednarski aus Springe war bereits 1994 Landtagskandidat der Republikaner und später bei der ÖDP aktiv. Doch seine politische Tätigkeit reicht bis weit ins neonazistische Milieu: 2004 trat Bednarski nach Gründung dem Verein „Bauernhilfe e.V.“ aus dem Kreis der Holocaust-Leugner Ursula Haverbeck und Horst Mahler bei. 2008 wurde die „Bauernhilfe“ verboten. Der extrem rechten Zeitschrift „Umwelt und Aktiv“ gab Bednarski noch 2013 ein Interview.

Bei „Bragida“-Märschen in Braunschweig dabei

Wilhelm von Gottberg, Bürgermeister von Schnega, war jahrelang Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV) sowie Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen. Er wechselte von der CDU zu den Rechtspopulisten. Die scheint es nicht zu stören, dass von Gottberg dem Beirat der Hamburger „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ (SWG) angehörte und vor der extrem rechten Münchener Burschenschaft Danubia referierte. In der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ stellte Gottberg 2005 fest, dass sich „Millionen Zeitzeugen“ der „Geschichtsklitterung“ des 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung „widersetzen“ würden und beklagte, dass dem besiegten Deutschen Reich „die Identität genommen“ wurde.

Im April kritisierten die niedersächsischen Jusos das „rechtsextreme Gedankengut“ des Peiner AfD-Kandidaten Andreas Tute. Der Schatzmeister der Partei hatte mehrfach äußerst zweifelhafte Inhalte mitverbreitet. So teilte er einen Betrag der militanten Neonazigruppe „Freies Netz Saalfeld“ zum 8. Mai, wonach dieser kein Tag der Befreiung sei. Auch einen Kondolenzbeitrag für einen verstorbenen Oberscharführer der Waffen-SS fand der AfD-Mann gut. Tute ist nicht nur Schatzmeister im Bereich Gifhorn-Peine, sondern auch Ansprechpartner für den Bezirksverband Braunschweig der „Jungen Alternative“ (JA). Zuvor war er bereits bei „pro Deutschland“ und nahm mehrfach an Aufmärschen des aggressiven Pegida-Ablegers „Bragida“ in Braunschweig teil.

Die Vorsitzende des Stadtverbandes Lüneburg, Susanne Ulber, musste die Partei dagegen verlassen, nachdem Antifaschisten deren radikale politischen Ansichten publik machten.  Ulber hatte 2015 bei Facebook geschrieben, dass der Holocaust „die
größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte“ sei.

„Panorama“ enttarnt Behauptung von AfD-Mann als Lüge

Einiges lief bereits peinlich für den Landesverband der AfD in Niedersachsen. Nach Recherchen der „Jungle World“ wirkten Landeschef Armin-Paul Hampel und Sören Hauptstein, der Landesvorsitzende der JA, in Zusammenarbeit mit Marco Pino, einem ehemaligen Autoren des Weblog „Politically Incorrect“, bei dem  Film „Der Gender-Plan  – Revolution durchs Klassenzimmer“ mit, in dem sie vor der „Gender-Ideologie“ an Schulen warnten. Pino war zuvor stellvertretender Bundesvorsitzender der antimuslimischen Partei „Die Freiheit“. Das Projekt gegen die rot-grünen Bildungspläne floppte.

Richtig peinlich wurde es im November 2015 für den AfD-Kreisvorsitzenden Uwe Wappler, zuständig für die Landkreise Osterholz-Scharmbeck und Verden. Um die Stimmung gegen ein zentrales Aufnahmelager für Asylsuchende in Schwanewede noch anzuheizen, lud die AfD in den Ort an der Landesgrenze zu Bremen ein. Parallel waren Aktivisten einer rechten Bürgerinitiative dabei, eine Bürgerwehr in Schwanewede zu gründen. Wappler behauptete bei der Parteiveranstaltung, Flüchtlinge hätten im Bereich Unterweser ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt und die Behörden hätten weggeschaut. Wappler legte nach, wenn Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter nicht ihren Pflichten nachkämen „und wenn niemand in diesem verdammten Laden seine Aufgabe erfüllt, dann werden wir das machen.“ Das Publikum johlte. Doch kurze Zeit später enttarnte das  ARD-Politmagazins „Panorama“  die Behauptung als Lüge. Der AfD-Mann räumte ein, seine Darstellung sei nicht korrekt gewesen, er habe die Geschichte mit einem anderen Fall verwechselt. Er bedauere seinen Fehler und bat darum, den TV-Beitrag aus dem Programm zu nehmen.

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