Rechte Putin-Freunde
Im extrem rechten Lager herrscht zum Teil ein ausgeprägter Putin-Faible vor. Eine aktuelle Studie befasst sich mit den Hintergründen und Strategien von Kontakten zwischen dem Kreml und Rechtsaußen-Akteuren aus Westeuropa.
Wie stehen eigentlich Rechtsextremisten und Rechtspopulisten mit Russland in Verbindung? Dazu gibt es immer mal wieder Artikel in den Zeitungen, wenn von einzelnen Kontakten, Kooperationen und Verbindungen berichtet wird. Ein Beispiel dafür ist die FPÖ, die bereits 2016 ein Kooperationsabkommen mit der Kreml-Partei „Einiges Russland“ geschlossen hatte. Der Politikwissenschaftler Anton Shekhovtsov ist Visiting Fellow am Institute for Human Sciences in Österreich. Die Kenntnis um die dortigen Kontakte haben ihn möglicherweise zu seiner Studie „Russia and the Western Far Right“ veranlasst. Das Cover zeigt indessen Marine Le Pen und Vladimir Putin, die sich die Hände bei einem Treffen schütteln. Auch hier bestanden und bestehen demnach beachtenswerte Kontakte. Doch welche Hintergründe und Strategien stehen für solche Verbindungen? Denn eigentlich wäre doch ein ideologisch motiviertes Konfliktverhältnis eher vorstellbar, etwa als eine Feindbild-Fortsetzung noch gegenüber der Sowjetunion.
Bedeutende Rolle von Alexander Dugin
Der Autor macht indessen deutlich, dass dies auch historisch eine Fehlwahrnehmung wäre. Denn bestimmte Bereiche der deutschen extremistischen Rechten hatten in der Weimarer Republik durchaus positive Vorstellungen, sahen sie doch in der Sowjetunion einen antiwestlichen Verwandten. Dies galt in Ansätzen sogar für den „linken“ Flügel der NSDAP. Nach der Auflösung der Sowjetunion stellten dann ideologische Unterschiede keinen politischen Widerspruch mehr dar. Bereits in den 1990er Jahren spielte der einflussreiche extrem rechte Intellektuelle Alexander Dugin auch für die westeuropäischen Rechtsextremisten eine bedeutende Rolle. Und zwischen der Deutschen Volksunion (DVU) und Vladimir Zhirinovsky gab es bereits damals enge Verbindungen. Erleichtert wurde all dies für den Autor durch die Entstehung von Putin-Russland, entstanden doch unter dem neuen Präsidenten immer autoritärere Strukturen und gleichzeitige eskalierte das Konfliktverhältnis zum Westen. Dies bot dann auf weiteren Ebenen noch mehr Kontaktmöglichkeiten zwischen den europäischen „Rechten“ und dem Putin-Russland.
Rechte Parlamentarier als Wahlbeobachter
Der Kreml nutzte auch deren Parlamentarier gern als Wahlbeobachter, die dann die „korrekte Durchführung“ in Krisenregionen bekundeten. Dann weist der Autor auf die Bemühungen der russischen Regierung hin, politischen Einfluss auf die Massenmedien im Westen zu nehmen. Hier findet man dann auch Ausführungen zu einzelnen Personen wie etwa Manuel Ochsenreiter, einem früheren „Junge Freiheit“-Redakteur und gegenwärtigen Chefredakteur von „Zuerst!“. Die Bedeutung von „Russia Today“ wird ebenfalls hinsichtlich der Wirkung hervorgehoben. Dem folgen noch besondere Ausführungen zu den Pro-Moskau-Organisationen, die es in verschiedenen Ländern in der politischen Rechten gibt. Hier finden sich kurze Fallstudien zu Frankreich, Italien und Österreich. Shekhovtsov erinnert auch an ein Putin-Strache-Treffen von 2007. Und abschließend geht es noch um die Moskau – Straßburg – Brüssel – Achse, also die Kooperationen, welche mit EU-Institutionen und den dortigen Parlamentariern der Rechten und deren Stimmverhalten in Zusammenhang stehen.
Begeisterung für autoritäre Politikgestaltung
Die von Shekhovtsov vorgelegte Studie liefert demnach viel Hintergrundwissen, um die bekannten und vielleicht noch unbekannten Verbindungen besser einschätzen zu können. Der Autor ist bezüglich von Spekulationen sehr zurückhaltend. Er beschreibt mehr das, was durch Fakten über Kontakte auch gut belegbar ist. Das spricht für die Seriosität seines Vorgehens. Indessen gehen dabei einige analytisch interessante Aspekte etwas unter, wobei kritikwürdige Mutmaßungen gar nicht nötig gewesen wären. Auffällig ist ein ausgeprägter Putin-Faible im rechtsextremistischen Lager, der sich eben mit der Begeisterung für eine autoritäre Politikgestaltung durch den russischen Präsidenten erklärt. Deutlich wird auch seine Bereitschaft zur politischen Förderung der Gemeinten, wofür das Cover mit dem Le Pen-Putin-Treffen steht. Shekhotsov deutet die Interessen des Kremls bei solchen Verbindungen zwar an. Hierzu hätte man aber gern auch mehr gelesen. Gleiches gilt für die direkte und indirekte Förderung von Rechtsextremisten aus und durch Russland.
Anton Shekhovtsov, Russia and the Western Far Right, London – New York 2018 (Routledge), 262 Seiten.