Rechte Mischung bei Berliner „Großdemo“
Weniger Teilnehmer als erwartet versammelten sich am Samstag zum zweiten extrem rechten „Merkel muss weg!“-Aufmarsch in Berlin – ein Politiker der Linkspartei wurde von Neonazis attackiert.
Nach Schätzungen der Polizei versammelten sich am Samstag knapp 1800 Rechte verschiedener Spektren zur zweiten „Großdemo Merkel muss weg“ des „pro-Deutschland“- Funktionärs Enrico Stubbe. Damit blieb die Teilnehmerzahl nicht nur deutlich unter den angemeldeten 5000 Personen, sondern war sogar noch schlechter besucht als die erste Versammlung am 12. März unter dem gleichen Motto. (bnr.de berichtete)
Erneut hatten sich eine Mischung aus Neonazis, Hooligans, Reichsbürgern, Putin-Fans, Flüchtlings- und Islamfeinden sowie rechtspopulistischen Gruppierungen am Berliner Hauptbahnhof versammelt. Wieder waren Abordnungen diverser lokaler Pegida-Ableger aus verschiedenen Bundesländern angereist, wie „Bürgerprotest Hannover“, „Bürgerbündnis Havelland“ oder „Karlsruhe wehrt sich“. Vielen Teilnehmern war offensichtlich überhaupt nicht daran gelegen, ihre braune Gesinnung zu verbergen: Offen zeigten Neonazis aus Frankfurt/Oder ihre T-Shirts vom „III. Weg“, andere klebten sich NPD-Aufkleber auf die Kleidung oder trugen bekannte rechte Szenemarken. Auch Neonazi-Gruppen wie die „AG Nordheide“ aus Niedersachsen, die „Freien Kräfte Parchim“ oder die „Brigade Magdeburg“ konnten ihre Devotionalien präsentieren.
Transparent der „Patriotischen Plattform“
Neben Deutschland- und Gruppenfahnen war die große Anzahl an Russland-Flaggen auffällig. Auch eine Fahne und ein Transparent der rechten AfD-Gruppierung „Patriotische Plattform“ waren zu sehen. Die AfD hatte sich vor zwei Monaten noch von der Veranstaltung distanziert, diesmal dazu einfach geschwiegen.
Unter den Teilnehmern am Samstag war auch der Vorsitzende des „Internationalen Konvent der Russlanddeutschen“, Heinrich Groth. Mit seinem rechtslastigen Verein hatte er im Januar nach einem Vergewaltigungsgerücht in Berlin versucht, mit einer flüchtlingsfeindlichen Kundgebung vor dem Kanzleramt in der russlanddeutschen Community rassistische Stimmung zu machen. (bnr.de berichtete) Groth lief zusammen mit dem Berliner NPD-Funktionär Uwe Meenen hinter einem Transparent der neurechten Initiative „Ein Prozent“. (bnr.de berichtete) Auch der rechte Netzwerker und ehemalige Berliner NPD-Kandidat Hans-Ulrich Pieper, bekannt durch seine „Dienstagsgespräche“, beteiligte sich am Aufzug.
Provokation am Deutsch-Russischen Museum
Durchgängig herrschte bei den Teilnehmern eine aggressive Grundstimmung: Kamen Gegendemonstranten in Sichtweite, versuchten nicht wenige, zu diesen vorzudringen, woran sie Polizei und Ordner jedoch hinderten. Journalisten am Rande wurden aus dem Aufzug wahlweise als „Lügenpresse“ oder „Judenpresse“ beschimpft, in mindestens zwei Fällen kam es sogar zu körperlichen Angriffen. Auch Hakan Tas, Mitglied der Links-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wurde im Hauptbahnhof von zwei Neonazis attackiert. Die Polizei nahm die beiden kurzzeitig fest. Die Täter gehörten zu einer vergleichsweise neuen Gruppierung von „Autonomen Nationalisten“ aus Berlin um den ehemaligen NPD-Kandidaten Kai S., die während des Aufmarsches am Samstag mit Regenschirmen, auf denen sie Parolen gegen die Antifa gemalt hatten, aufgetreten waren.
S. und seine Gefolgschaft beteiligten sich auch am darauffolgenden Tag an einer Mini-Kundgebung des Neuköllner NPD-Kandidaten Jens Irgang, der vor dem Deutsch-Russischen Museum in Berlin-Karlshorst eine Kundgebung anlässlich des 8. Mai angemeldet hatte. Dazu waren allerdings lediglich 14 Rechtsextreme erschienen. Rund zwei Dutzend Besucher des Museumsfestes, das dort jedes Jahr zum „Tag der Befreiung“ stattfindet, protestierten spontan gegen die rechte Provokation.