Rassistische Hetzer

Die rechtsextreme slowakische „Volkspartei – Unsere Slowakei“ wird nicht verboten. Das hat das Oberste slowakische Gericht am gestrigen Montag entschieden.

Dienstag, 30. April 2019
Anton Maegerle

Das Oberste slowakische Gericht in der Hauptstadt Bratislava hat am 29. April einen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme Partei „Ľudová strana Naše Slovensko“ (ĽSNS; „Volkspartei – Unsere Slowakei“) abgelehnt. Aus Sicht der Richter ist der Verbotsantrag nicht ausreichend begründet.

Den Verbotsantrag gegen die seit dem März 2016 im Parlament mit 14 Abgeordneten (insgesamt 150 Parlamentssitze) vertretene Partei, hatte im Mai 2017 Generalstaatsanwalt Jaromir Ciznar eingebracht: L‘SNS „verletze die Verfassung, Gesetze und internationale Verträge“, erklärte Ciznar in seiner Begründung. Die Staatsanwaltschaft stützte ihren Verbotsantrag auch auf die Roma-feindliche Rhetorik und die geplante Bildung einer paramilitärischen Miliz der „Volkspartei“. Die Partei verunglimpft regelmäßig die Roma-Minderheit mit Schimpfworten wie „Zigeunerterror“ und „Zigeunerkriminalität“.

10,39 Prozent bei den Präsidentschaftswahlen

Gründer und Parteiführer der ĽSNS ist Marian Kotleba (Jg. 1977). Die rechtsextreme Partei verherrlicht den mit NS-Deutschland verbündeten Slowakischen Staat und fordert nach eigenen Angaben die Errichtung eines „neuen slowakischen Ständestaats auf nationaler, christlicher und sozialer Basis". Die Politik der Partei beruht laut Kotleba „auf drei Pfeilern. Sozial, national und christlich“. Kotleba: „Wir verweigern uns dem Diktat der Europäischen Union und fordern den Austritt aus der Verbrecherorganisation NATO“.

Bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen in der Slowakei am 16. März dieses Jahres erhielt der ĽSNS-Kandidat Kotleba 10,39 Prozent der Stimmen. Kotleba war bereits Anführer der 2006 verbotenen „Slowakischen Gemeinschaft – nationale Partei“ (Slovenska pospolitost – Narodna Strana; SP); bislang die einzige Partei, die seit der slowakischen Unabhängigkeit verboten wurde. Mitglieder der 1995 gegründeten SP traten häufig bei ihren Aufmärschen in an den slowakischen Ständestaat (1939–1945) erinnernden schwarzen Uniformen auf. Bei Demonstrationen wurde gegen Roma und Ungarn gehetzt, „Liberale, Zionisten und Freimaurer“ als „Feinde der slowakischen Nation“ bezeichnet. Die SP forderte in ihrem Programm unter anderem die Aufhebung der parlamentarischen Demokratie. 

APF-Delegation zu Gast beim Bezirksgouverneur

Die ĽSNS hatte Kotleba nach dem Verbot der Vorgängerpartei SP im Februar 2010 gegründet. 2013 sorgte ĽSNS europaweit für Schlagzeilen, als Kotleba bei den Regionalwahlen zum Gouverneur des Bezirks Banska Bystrica gewählt wurde. Im Selbstverwaltungskreis Banská Bystrica leben mehr als ein Zehntel der Gesamtbevölkerung der Slowakei. Das Amt des Gouverneurs ist vergleichbar mit dem eines deutschen Ministerpräsidenten, jedoch mit wesentlich weniger Kompetenzen.

Im Sommer 2015 stattete eine Delegation der im Februar 2015 im Brüsseler Europaparlament gegründeten „Alliance for Peace and Freedom“ (APF), ein rechtsextremes Parteienbündnis auf europäischer Ebene, dem Regionalpräsidenten Kotleba einen Besuch ab. Zugegen von der APF waren deren Vorsitzender Roberto Fiore (Italien) und der Generalsekretär Jens Pühse, zugleich NPD-Auslandsbeauftragter. Bei den Regionalwahlen im November 2017 wurde Kotleba als Gouverneur nicht wiedergewählt.

Als Redner beim NPD-Europaparteitag

2016 lieferte die ĽSNS erneut europaweite Schlagzeilen. Mehrfach organisierte die Partei private Patrouillen in Zügen, nachdem über einen Raubüberfall durch einen Roma-Angehörigen berichtet worden war. Im Oktober 2016 wurden die „Eisenbahnwachen“ vom Parlament verboten. In einem Interview mit dem NPD-Parteiorgan „Deutsche Stimme“ (Oktober 2017) führte Kotleba auf die Frage nach „außerparlamentarischen Aktivitäten bezüglich der öffentlichen Sicherheit“ aus, dass die Zugpatrouillen ins Leben gerufen wurden, „als die Polizei sich als unfähig erwies, Zuggäste wirkungsvoll gegen die um sich greifende Zigeuneraggression zu schützen“.

Der seit den 90er-Jahren politisch aktive Kotleba war in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen Rassismus und rechtsextremer Aktivitäten angeklagt, aber nie rechtskräftig verurteilt worden. Das Gericht stellte mit teils abstrusen Begründungen die Verfahren ein: So darf Kotleba das Schimpfwort „Zigeunerparasiten“ ungestraft verwenden – das Oberste Gericht der Slowakei konnte im Mai 2013 darin nichts Roma-feindliches erkennen.

Spitzenkandidat der ĽSNS bei der Wahl zum Europäischen Parlament ist der Parlamentsabgeordnete und Parteivize Martin Belusky. Belusky gehört dem Vorstand der „Alliance for Peace and Freedom” (APF) an. Im November 2018 war der slowakische Rechtsextremist einer der Redner beim NPD-Europaparteitag im hessischen Büdingen.

Kategorien
Tags