Stuttgart
Querdenker wollen vor JVA für Freilassung von Michael Ballweg demonstrieren
Nach der Verhaftung des Querdenken-Gründers Michael Ballweg ist dieser innerhalb der Szene Gegenstand zahlreicher Solidaritätsbekundungen. Für Samstag wird nach Stuttgart mobilisiert - man möchte seine Freilassung erwirken.
Knapp eine Woche ist vergangen, seitdem die Stuttgarter Polizei im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen Betruges und Geldwäsche die Wohnungen und Geschäftsräume des „Querdenken 711“-Gründers Michael Ballweg durchsuchte. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft dem 47-Jährigen vor, „seit Mai 2020 durch öffentliche Aufrufe finanzielle Zuwendungen eingeworben zu haben und hierbei die Zuwendenden über die beabsichtigte Verwendung getäuscht zu haben“. Konkret habe man den Verdacht, dass der Tatverdächtige einen „höheren sechsstelligen Betrag […] zweckwidrig für sich verwendet“ habe.
Hintergrund ist der Umstand, dass Ballweg innerhalb der Szene immer wieder um finanzielle Unterstützung für sich und die Bewegung gebeten hatte. Diese sollten jedoch nicht als Spende, sondern stets als Schenkung deklariert werden – wohl vor allem, um den rechtlichen Konsequenzen bei Spenden, unter anderem einer Rechenschaftspflicht, zu entgehen. Da sich bei den durchgeführten Durchsuchungen „konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben hatten“, dass sich Ballweg „mit seinen Vermögenswerten in das Ausland“ absetzen wollte, befindet sich der Aktivist nun wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
Ein „politischer Gefangener der BRD“
Wenig überraschend führte dies in der Querdenken-Bewegung zu allerlei Solidaritätsbekundungen. So wird etwa in dem Telegram-Kanal von Ballwegs „711“-Gruppierung dazu aufgerufen, „ein Statement für die Freilassung“ zu setzen, in dem man sich ein „Free-Michael-Ballweg-T-Shirt“ fertigt. An anderer Stelle werden Verschwörungsgläubige aufgefordert, gemeinsam für den Verhafteten zu meditieren sowie solidarische Brief- und Postkartengrüße in die JVA Stammheim zu schicken. Auch gibt es musikalische Unterstützung – etwa durch den Impfgegner Björn Winter, aka „Björn Banane“, der Ballweg fast schon als Märtyrer besingt.
Außerdem wurde die Verhaftung szenetypisch in ein Narrativ der vermeintlichen Verfolgung Andersdenkender eingebettet. Der rechtsalternative Journalist Boris Reitschuster sprach am vergangenen Donnerstag auf seinem Blog gar von einer „neuen Eskalationsstufe beim Terrorisieren“ und fragt alarmierend, „wer ist als Nächstes dran?“ Der „Querdenken-Anwalt“ Ralf Ludwig, der die Hausdurchsuchung am Mittwoch letzter Woche auf Telegram bestätigte, bezeichnet die Vorwürfe als von einem „totalitären Regime“ konstruiert, „um die vermeintlich führenden Köpfe mit staatlicher Gewalt verfolgen zu können“.
„In einer Mannstärke, die Deutschland noch nicht gesehen hat“
Seit einigen Tagen wird bundesweit für eine Demonstration am Samstagnachmittag vor der Stuttgarter JVA mobilisiert. Nachdem sich bereits am Montag Ballweg-Anhänger vor dem Gefängnis sammelten, wurde für Samstag eine Kundgebung inklusive Aufzug angemeldet, auf der die Freilassung von Ballweg gefordert werden soll.
Die Notwendigkeit, seine Solidarität mit dem Inhaftierten zu zeigen, wird auch von dem nach Tansania abgetauchten Verschwörungsideologen Bodo Schiffmann betont. Nach diesem wäre es „wichtig, dass wir am 09.07. vor diesem scheiß Gefängnis stehen, […] in einer Mannstärke, die Deutschland noch nicht gesehen hat.“ Ob dieser Aufruf erfolgreich sein wird und ob die damit verbundenen Hoffnungen einzulösen sind, bleibt derweil offen – die Stadt Stuttgart erwarte lediglich „eine niedrige dreistellige Teilnehmerzahl“.