Ukraine

Putins Weg als Vorbild für die „Freien Sachsen“

Putin hat in der Ukraine einen offenen Krieg begonnen. Seit Tagen beschäftigen sich auch Rechtsextreme in Deutschland mit den jüngsten Entwicklungen. Die „Freien Sachsen“ nutzen den Konflikt für die Verfolgung ihrer eigenen politischen Agenda. Auch andere rechte Akteure positionieren sich.

Samstag, 26. Februar 2022
Florian Schäfer
Rechtsextreme mit Russland-Flagge im Sommer 2020 in Berlin
Rechtsextreme mit Russland-Flagge im Sommer 2020 in Berlin

Nachdem der russische Präsident Wladimir Putin am Montagabend die ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannte, ließen Solidaritätsbekundungen von sächsischen Rechtsextremen nicht lange auf sich warten. Die Kleinstpartei „Freie Sachsen“, seit einigen Monaten vom Verfassungsschutz auch offiziell als rechtsextreme Bestrebung eingestuft, gratulierte auf ihrem Telegram-Kanal den „souveränen Volksrepubliken“ zur Anerkennung. Die vor etwa einem Jahr gegründete Partei hat maßgeblich für die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Sachsen mobilisiert und nutzt die Proteste für die Verfolgung ihrer eigenen rechtsextremem Agenda.

In ähnlicher Weise wird nun auch die Rede des Autokraten Putin bemüht, um ihr politisches Anliegen deutlich zu machen: das Streben nach mehr Autonomie des Freistaates und notfalls ein sogenannter Säxit.

Delegitimierung der Regierung als Anknüpfungspunkt

In einer ersten Stellungnahme Anfang der Woche erklärten die „Freien Sachsen“, dass die „Kriegspropaganda der NATO-Staaten“ verantwortlich für die Spannungen sei. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf das Staatsgebiet der Ukraine am Donnerstagmorgen veranlasste die Rechtsextremen auf ihrem Telegram-Kanal zu einer weiteren Positionierung. Dort wird neben der angeblichen Schuld des Westens betont, dass beide Seiten, Russland und die Ukraine, für die Eskalation in die Verantwortung zu nehmen seien. Weiterhin sprechen sich die "Freien Sachsen" gegen jedwede Sanktionen gegenüber Russland aus. Angesichts der gestiegenen Energiepreise liegt bei der Kleinstpartei hier der Fokus auf dem vorläufigen Zertifizierungs-Stop der Gas-Pipeline Nord Stream 2. Es sei Zeit, „der Berliner Zentralregierung aufzuzeigen, dass wir Bürger diesen Wahnsinn nicht mehr mitmachen“.

Die Rede von einer „Zentralregierung“ verweist dabei auf die eigentliche Motivation der Kleinstpartei: die eigenen Sezessionsbestrebungen. Auf ihrer Website ist diesbezüglich in Anlehnung an autonome Regionen wie Südtirol und das Baskenland zu lesen, dass Sachsen „wichtige Fragen seiner Gegenwart und Zukunft […] wieder selbst bestimmen“ sollten. Man wäre befugt, im Falle eines Nichteinlenkens der „Zentralregierung“ als „äußerstes Mittel vom Kündigungsrecht Gebrauch zu machen“.

USA als beliebter Sündenbock in der rechten Szene

Die „Freien Sachsen“ sind aber nicht die einzigen Akteure in der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Szene, die in dem Konflikt Stellung beziehen. In einem am Donnerstag veröffentlichten und ebenfalls im Telegram-Kanal der „Freien Sachsen“ geteilten Artikel macht der Chefredakteur des rechtsextremen Compact-Magazins, Jürgen Elsässer, ebenfalls die NATO als Aggressor aus. Er würde eine „erneute Spaltung der Welt in einen US-geführten und einen prorussischen Block“ begrüßen, könnte dadurch doch der „zerstörerische Globalismus“ zum Stillstand kommen. Der Begriff „Globalismus“ ist in diesem politischen Kontext als antisemitische Chiffre zu verstehen.

Die rechtsextreme Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ hingegen positioniert sich weniger einseitig. Zwar wird auch hier gegen einen „US-amerikanischen Globalismus“ Stellung bezogen, doch lehnt man in antikommunistischer Manier gleichzeitig einen „russischen Imperialismus mit dem Ziel der Wiederherstellung einer Sowjetunion“ ab.

Agenda der Corona-Proteste soll erweitert werden

Auf der Webseite der Zeitschrift „Sezession“ um Chefredakteur Götz Kubitschek wird ebenfalls die USA als eigentlich Verantwortlicher für den Krieg ausgemacht. In einem Artikel von Erik Lehnert ist zu lesen: „Ein dauerhafter Krieg […] würde die Position der USA nachhaltig stärken.“

Und auch die AfD gibt ein Statement ab: Ein russischer Angriff sei durch nichts gerechtfertigt, die Kampfhandlungen seien umgehend einzustellen, heißt es am Donnerstag von Alice Weidel und Tino Chrupalla. Gleichzeitig werden auch hier jegliche Sanktionen gegen Russland abgelehnt. Dass es neben der Position der Parteispitze auch gegenläufige Meinungen gibt, lässt sich am AFD Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider aus Sachsen-Anhalt aufzeigen. Dieser deutet in einem Tweet den von Putin initiierten Angriffskrieg in einen Verteidigungskrieg um.

Im Telegram-Kanal der „Freien Sachsen“ strebt man nun eine Verbindung des Betätigungsfeldes Coronaprotest und der neu entstandenen internationalen Krisensituation an. Dort plädieren die Rechtsextremen dafür, Proteste gegen den Krieg und die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu bündeln.

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