Provokationen am rechten Rand
Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus konkurrieren die Rechtspopulisten von „pro Deutschland“ und der „Freiheit“ miteinander und mit der rechtsextremen NPD – keine der drei Parteien dürfte auch nur annähernd in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde gelangen.
Das Banner auf der Internetseite der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ erinnert an ein Konzert-Plakat. „Die Freiheit präsentiert“, heißt es in der Titelzeile – und darunter in großen Lettern: „Geert Wilders“. Am 3. September soll der niederländische Rechtsausleger dem Berliner Wahlkampf der Partei von Ex-CDU-Abgeordnetenhausmitglied Rene Stadtkewitz Schwung verleihen. „Der Ticket-Vorverkauf beginnt in wenigen Tagen“, kündigt die Partei an.
Wilders ist die Aufgabe zugedacht, die Partei, von deren (Vor-)Wahlkampf bislang nicht viel zu spüren ist, zwei Wochen vor der Abstimmung in die Schlagzeilen bringen – so wie im vorigen Herbst, als der Chef der „Partij vor de Vrijheid“ das erste Mal auf Einladung von Stadtkewitz in der Bundeshauptstadt auftrat. Neben Wilders sollen bei der Veranstaltung auch der US-Autor und Religionswissenschaftler Robert Spencer und der SVP-Politiker Oskar Freysinger auf der Bühne stehen. Deren Bekanntheitsgrad freilich hält sich in engen Grenzen. Antiislamisch sind beide unterwegs. Wobei Freysinger in der Bundesrepublik noch im vorigen Jahr als Ansprechpartner nicht „Die Freiheit“, sondern „pro NRW“ bevorzugte, für deren Gelsenkirchener „Anti-Minarett-Konferenz“ er ein Grußwort beisteuerte.
Veranstaltungs-„Highlight“ ohne Terminhinweis
Während „Die Freiheit“ bei der Planung ihres Wahlkampfhöhepunkts immerhin vorangekommen zu sein scheint, hält sich „pro Deutschland“ bedeckt, was den vor Monaten vollmundig angekündigten Berliner „Antiislamisierungskongress“ anbelangt. Stattfinden sollte er Ende August. Doch seit Monaten vermeidet es „pro Deutschland“, auf den Termin hinzuweisen. Lediglich bei „pro NRW“ und dem Umfeld der selbst ernannten „Bürgerbewegung“ aus dem Rheinland wird aktuell auf das Veranstaltungs-„Highlight“ hingewiesen.
Sang- und klanglos verworfen wurden bei „pro D“ auch die Überlegungen, ähnlich wie bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine Bustour durchs Wahlgebiet zu starten. In 100 Stadtvierteln sollte der Wahlkampfbus eigentlich Station machen. Doch eine neue Bescheidenheit ist bei „pro D“ eingezogen, seit der vormalige Landesvorsitzende Patrik Brinkmann sich aus der Berliner Alltagsarbeit zurückgezogen hat und nur noch als „Internationaler Sekretär“ der „Pro-Bewegung“ fungiert.
„Punktsieg über die Stadtkewitzpartei“
Dennoch sieht man sich bei „pro“ als „Marktführer“ im rechtspopulistischen Spektrum der Hauptstadt. Tatsächlich fiel es der angeblichen „Bürgerbewegung“ leichter als der Konkurrenz von der „Freiheit“, die formalen Voraussetzungen für die Wahlteilnahme zu erfüllen. „Pro D“ steht bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus mit der Landesliste, in 77 von 78 Wahlkreisen mit Direktkandidaten sowie für alle zwölf Bezirksverordnetenversammlungen auf den Stimmzetteln. Die „Freiheit“ sammelte zwar ausreichend Unterstützungsunterschriften für die Landesliste, konnte aber letztlich nur 30 Wahlkreise besetzen und scheiterte bei der Kandidatur für eine BVV – die in Tempelhof-Schöneberg. „77 zu 30 – Deutlicher Punktsieg der Pro Bewegung über die Stadtkewitzpartei“ titelte daraufhin das maßgeblich von „pro NRW“-Öffentlichkeitsarbeiter Andreas Molau initiierte Blog „freiheitlich.org“, als wäre in Berlin schon eine irgendeine Entscheidung gefallen.
Vor allem Manfred Rouhs dürfte es „pro D“ zu verdanken haben, dass man bei der Kandidatenaufstellung besser abschnitt als die Konkurrenz. Rouhs ist zwar als Spitzenkandidat seiner Partei ohne jedes Charisma, gilt aber als Organisationsprofi und hat in NRW in mehr als zwei Jahrzehnten in der extremen Rechten reichlich Wahlkampferfahrung gesammelt. Dazu gehört, dass er die rechtspopulistische Grundmaxime beherrscht, mit Provokationen in die Medien zu gelangen – und sei es mit einer „Mahnwache“ vor der norwegischen Botschaft drei Tage nach den Anschlägen in Oslo und auf Utoya, bei der Wahlplakate in den Himmel gereckt werden.
Profilierung mit Law and Order-Parolen
Organisatorische Defizite – erkennbar unter anderem am späten Start der Unterschriftensammlung – versucht „Die Freiheit“ derweil durch Anleihen bei amerikanischen Wahlkämpfen auszugleichen. Am vorigen Mittwoch startete die Partei eine „Moneybomb“-Aktion. Konzentriert auf einen Tag warb sie um Kleinspenden, die online überwiesen werden konnten. Rund 58.000 Euro kamen nach Angaben der Partei innerhalb von 24 Stunden zusammen, angeblich knapp 1900 Einzelspenden. Nachprüfen lässt sich freilich nicht, ob es sich dabei tatsächlich nur um Kleinspenden handelte und ob nicht ohnehin geplante Überweisungen lediglich auf einen Tag konzentriert wurden. „Ich bin mir sicher, dass wir mit dieser Kraft durch den Wahlkampf gehen und direkt ins Berliner Abgeordnetenhaus einziehen“, zeigte sich DF-Chef Rene Stadtkewitz gleichwohl zufrieden.
Neben antiislamischen Tönen soll vor allem die Profilierung als „Law & Order“-Partei helfen. Geplant ist unter anderem eine Demonstration, die DF am kommenden Mittwoch unter dem Motto „Für mehr Sicherheit in unserer Stadt – Berliner Polizei braucht Unterstützung“ mit einer Abschlusskundgebung vor dem Amtssitz des Innensenators plant.
Dass es einer Partei rechts der Union diesmal gelingen könnte, bei der Wahl des Berliner Landesparlaments auch nur in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde zu gelangen, erscheint unwahrscheinlich. Umfrageergebnisse, die in diesem Monat veröffentlicht wurden, taxieren alle 17 sonstigen Parteien zusammen auf sieben bis zehn Prozent. 2006 hatten noch fast 14 Prozent der Berliner für eine der „Sonstigen“ votiert. Viel eher dürfte sich der Blick der Rechtsausleger erneut auf den Einzug in einzelne Bezirksverordnetenversammlungen richten.
Lösungswort „Adolf“
Dies gilt auch für die NPD, die vor fünf Jahren bei der Abgeordnetenhauswahl mit 2,6 Prozent scheiterte, aber immerhin den Einzug in vier BVVs schaffte. Ihr Wahlkampf ist auch parteiintern nicht unumstritten. Nicht zuletzt, seit sie Zeitung vorstellte, mit der sie werben will. Sie enthält ein Kreuzworträtsel, bei dem als Lösungswort („Gesucht wird ein deutscher Vorname, der etwas aus der Mode gekommen ist“) ganz NPD-geschichtsbewusst „Adolf“ gefragt wird.
Fürs seriösere Image ist bei der Partei der Unternehmensberater Hans-Ulrich Pieper zuständig, der Organisator der „Dienstagsgespräche“, bei denen Vertreter der unterschiedlichsten Rechtsaußen-Fraktionen an einen Tisch geholt werden. Für die NPD soll „er ein Bindeglied zu den vielen von der CDU und FDP enttäuschten Nationalkonservativen und Nationalliberalen“ darstellen. Mit Sebastian Schmidtke wiederum wird der radikale Flügel des Kameradschaftsspektrums abgedeckt, bis hin zu den „Autonomen Nationalisten“. Auch für den bei der Bürgerschaftswahl in Bremen gescheiterten Ex-DVU-Vorsitzenden Matthias Faust fand sich noch ein Platz. Er tritt als BVV-Spitzenkandidat in Friedrichshain-Kreuzberg an.