Schweinfurt / Dritter Weg
Protest gegen Immobilie in den Händen von Neonazis
In Schweinfurt haben gestern hunderte Menschen einem Aufruf von "Schweinfurt ist bunt" folgend gegen die Vermietung einer Immobilie an die neonazistische Kleinstpartei Dritter Weg protestiert. Dass die Neonazis Zugriff auf die kleine Bürofläche, laut Google Maps ein ehemaliger Hundesalon, haben, wurde erst kürzlich offiziell bekannt. Gerüchte gab es schon seit dem Frühjahr, ebenso lang wurden Renovierungsarbeiten beobachtet.
Nach einer kurzen Einordnung des Dritten Weg durch die Bündnisprecherin Marietta Eder und welche Aktivitäten zu erwarten sind, zogen die Bürger direkt zur Immobilie. Eder warnte vor sozialen Lockangeboten wie einer Kleiderkammern oder Essensspenden. "Auch ein Freibier von einem Nazi bleibt ein Bier von einen Nazi". Vermietet wurde der kleine Laden in der Hauptstraße des Stadtteils Oberndorf von einem lokalen Bürger, was auch am Samstag für deutlichen Unmut der Teilnehmenden sorgte. Ziel des III.WEGs sei es, so Eder, Menschen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung auszugrenzen. Was ausgegrenzt werden muss, sei die Ideologie der Neonazis, so die SPD-Stadträtin. Von Anhängern des III.WEGs sind immer wieder Gewalttaten begangen worden bis hin zu versuchten rechtsterroristischen Anschlägen, zuletzt etwa die langjährige Aktivistin Susanne Gemeinhardt-Seitz. Sie war zwar aus der Partei gedrängt worden, einzelne Kader hielten aber dennoch Kontakt. Bei der Anreise zu Demo am 1.Mai hatten Anhänger ein Zugabteil mit Gegendemonstranten mit Steinen beworfen.
An dem kurzen Zug mit viel Beseneinsatz beteiligten sich der Landrat von Schweinfurt, Florian Töpper, und der Bürgermeister von Schonungen, Stefan Rottmann (beide SPD). Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) blieb der Veranstaltung fern.
Erstes Büro in Bayern
Es ist offiziell das vierte „Parteibüro“ und das erste in Bayern. Früher hatte die neonazistische Kameraschaftsszene etwa Zugriff auf einen abgelegenen Gasthof in Oberprex im Landkreis Hof, der vor allem für Feiern intensiv genutzt wurde, etwa wenn Kader zur Haft antreten mussten oder aus dieser entlassen wurden. Der Gasthof wurde im Zuge des Verbots des Freien Netz Süd (FNS) beschlagnahmt, der Verwaltungsgerichtshof erklärte die Einziehung für unwirksam. Über die Rechtsmittel des Freistaats muss das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. In Stammheim-Kolitzheim gab es zudem eine kurzfristige Anmietung, wo angeblich „Die Rechte“ ihre Parteizentrale einrichten wollte.
Bis zum frühen Nachmittag fanden sich etwa 40 Parteianhänger ein, viele davon mit längerer Anreise. Darunter waren Matthias Fischer (inzwischen Brandenburg), der Parteivorsitzende, „Gebietsleiter West“ Julian Bender und die bayerische Landesvorsitzende Jasmin Eisenhardt (Cham). Neben den Funktionären und dem lokalen Aktivisten Thorsten Kukula ergriff am Nachmittag auch der Bamberger Kader Roger Kuchenreuther das Wort.
Nach Ausführungen zum Ukraine-Konflikt, Energie und Inflation gab er an, dass es ihm „auch um die Rasse“ ginge. Er bezog sich zustimmend auf das Verschwörungsnarrativ des „Großen Austausches“, das schon einigen Rechtsterroristen als Rechtfertigung für ihre Taten galt. Der Dritte Weg gilt als eine der Organisationen mit der größten Nähe zum NS-Rassengedanken.