Polizeikarriere von Neonazi beendet

Die 27-jährige Polizeikarriere eines Berliners ist beendet. Das Bundesverwaltungsgericht entschied heute, dass das Land Berlin Andreas T. aus dem Beamtenverhältnis entfernen darf. Dem einschlägig bekannten Neonazi fehle die notwendige Verfassungstreue.

Freitag, 17. November 2017
Redaktion
Auf der Seite der Polizei wird Andreas T. zukünftig nicht mehr auf Neonazi-Demos anzutreffen sein; Symbolfoto
Auf der Seite der Polizei wird Andreas T. zukünftig nicht mehr auf Neonazi-Demos anzutreffen sein; Symbolfoto
Tätowierungen mit in Deutschland verbotenen Zeichen, Fotos mit Hitlergruß und Hakenkreuzfahne, einschlägige Devotionalien, dazu ein früheres, wenngleich eingestelltes Ermittlungsverfahren reichten dem Verwaltungsgericht Berlin und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht, Andreas T. aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen. Bereits 1990 war T. in den Polizeidienst des Landes Berlin eingetreten, seit 2001 war er Beamter auf Lebenszeit, zuletzt nach einer Gesetzesänderung als Polizeikommissar. Vor zehn Jahren geriet der Polizist selbst in das Visier der Justiz: T. stand im Verdacht, an der Erstellung des Booklets einer Split-CD der Neonazi-Bands „X.X.X.“ und „Burn Down“ beteiligt gewesen zu sein, in dem strafrechtlich relevante Inhalte vorhanden wären. Ende März 2011 wurde er von diesem Vorwurf freigesprochen. Zur Begründung hieß es seinerzeit, das Strafgericht habe nicht „mit der gebotenen Eindeutigkeit feststellen können, dass sich das beanstandete Schmählied auf das Tagebuch der Anne Frank“ bezogen habe. Eingestellt wurde außerdem die Ermittlungsverfahren wegen der Tattoos sowie wegen des Zeigens des Hitlergrußes. Es sei nicht nachweisbar, dass die Taten öffentlich bzw. in Deutschland erfolgt seien. In der Gesamtschau kommt das Bundesverwaltungsgericht indes zu einem anderen Urteil.

Neonazi feht Verfassungstreue

„Die Beurteilung, ob ein Beamter seine Treuepflicht verletzt hat, setzt eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens voraus. Dies gilt bei Tätowierungen angesichts des oft nicht eindeutigen Aussagegehalts bildhafter Gestaltungen in besonderer Weise“, heißt es aus Leipzig. Da der Beklagte nicht nur Tätowierungen von Runenzeichen und Emblemen rechtsextremistischer, rassistischer Musikgruppen trage, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt, mit einer Hakenkreuzflagge posiert und nationalsozialistische Devotionalien in seiner Wohnung verwahrt habe, sei sein durch die Tätowierungen dokumentiertes Bekenntnis als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von den Prinzipien der Verfassungsordnung zu werten. Deshalb dürfe T. aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, befand die Kammer. Bereits 2007 war der Neonazi vorläufig des Dienstes enthoben worden – bei vollen Bezügen. T. hatte eine rechtsextreme Einstellung stets bestritten (BVerwG 2 C 25.17). Auch während dieser Verhandlung gab er sich ahnungslos. Der Richter Ulf Domgörgen fragte ihn, ob er denn wisse, welche Melodie die tätowierten Noten auf seiner Brust, die einen Totenkopf umrahmen, bedeuten: „Hier auf der Richterbank sitzen mehrere Kollegen, die Noten lesen können, die Klavier spielen und die auch Geschichtswissen haben. Es handelt sich um das Horst-Wessel-Lied.“ T. sagte, das sei ihm „neu“. Vor zehn Jahren hatten Polizeibeamte bei einer Razzia in Ts. Berliner Zwei-Zimmer-Wohnung zahlreiche Szene-Devotionalien wie einen Trinkbecher mit der Aufschrift „Rudolf Hess 1894-1987 Forever in our hearts“ und gerahmte Abbildungen von Adolf Hitler, Rudolf Heß und Horst Wessel gefunden. Außerdem fielen den Beamten mehrere Neonazi-CDs, Band-T-Shirts sowie einschlägige Literatur in die Hände. Ebenfalls durchsucht wurde die Wohnung der damaligen Lebensgefährtin des Neonazis, einer seinerzeitigen NPD-Funktionärin. Bei der Frau handele es sich um Michaela Z., die Witwe des früheren Bundesführers der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HdJ), Alexander Scholz. Ganz ungeschoren war T. aus den vorherigen Verfahren indes nicht herausgekommen. Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichtes Berlin verhängte eine Geldbuße in Höhe von 300 Euro, da er eine Nebentätigkeit ohne vorherige Genehmigung betrieben habe (AZ 80 K 22.12 OL).
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