Phantom-Partei im Norden
Kommunalwahl-Ausbeute: Viermal ein Mandat für NPD & Co. in Schleswig-Holstein.
Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein erzielten die NPD, eine von ihr ins Rennen geschickte Tarnliste sowie eine rechtsgerichtete Abspaltung der Partei insgesamt vier Mandate. In keinem Fall hat es für einen Fraktionsstatus gereicht. In allen Fällen kamen das Nichtvorhandensein einer Fünf-Prozent-Klausel und eine extrem niedrige Wahlbeteiligung den rechtsextremen Kandidaten zugute.
In Neumünster zieht Mark Proch für die NPD in die Ratsversammlung. 408 Stimmen von 63 699 Wahlberechtigten, das waren am Ende 1,64 Prozent der Stimmen, reichten für das Mandat, weil die Wahlbeteiligung gerade mal knapp 40 Prozent lag. Ein einziger öffentlicher Infostand, eingekreist von Polizeikette und Protestlärm, sowie ein Briefkastenwahlkampf bei Verzicht auf jegliche Wahlkampfplakate – mit relativ minimalem Aufwand, weil das Budget der Partei auch nicht mehr hergibt, agierte die NPD.
Bei ihrem mit rund 20 Parteigängern, die mit Taxis an- und abreisten, unterstützten Infostand Anfang Mai trauten sich nicht einmal alle Kandidaten, öffentlich ihr Gesicht zu zeigen. Dafür rückte der Landesvorstand mit mehreren auswärtigen Aktivisten an, allen voran der Landesvorsitzende Ingo Stawitz und sein Stellvertreter Jens Lütke, der sich in der Innenstadt an einem Stand von Salafisten bei einer Koran-Verteilaktion bediente. Es bleibt das Bild einer Phantom-Partei, die im Kommunalwahlkampf unter anderem das Thema „Raus aus dem Euro“ in den Fokus rückte, obwohl dies eindeutig auf einer ganz anderen politischen Ebene entschieden wird.
Spitzenkandidat auf NPD-Tarnliste
Proch versuchte mit seiner ebenfalls kandidierenden Frau Sonja bereits im vergangenen Herbst und in der Folge mit einer Kampagne gegen Sexualstraftäter, ohne jegliche Parteiverbindung, öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Eheleute beteiligten sich allerdings im Vorjahr am 1. Mai an dem von der Polizei aufgelösten NPD-Aufzug in Neumünster.
Für den Einzug in den Kreistag des Kreises Pinneberg und ins Stadtparlament von Uetersen, dem Heimatort von Stawitz, reichte es am Wahlsonntag dann allerdings nicht. Auch der dortige Wahlkampf war vom offenkundigen NPD-Auflösungsprozess in Schleswig-Holstein gekennzeichnet. Ein für den Samstag vor der Wahl angemeldeter Infostand in der Fußgängerzone von Uetersen wurde beispielsweise kurzfristig ohne Begründung wieder abgesagt. Dafür schaffte der bisherige Kieler NPD-Ratsherr Hermann Gutsche den Wiedereinzug ins Rathaus, wenn auch diesmal als Spitzenkandidat der NPD-Tarnliste mit dem Namen „Wahlalternative Kieler Bürger“. Ihm reichten 1,1 Prozent der Stimmen (810 Stimmen).
Schließlich gelang auch Kay Oelke der Wiedereinzug in den Ratzeburger Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg. Er saß dort bereits fünf Jahre für die NPD, ehe er sich kurz vor dem Wahltermin von der Partei lossagte und den Spitzenkandidaten der „Rechtsstaatlichen Liga“ mimte, die inhaltlich genauso rechtsaußen zu verorten ist wie die Nationaldemokraten. Mit 1,6 Prozent der Stimmen (1209 Stimmen) sitzt Oelke als Einzelkämpfer auch im künftigen Kreistag und holte sich mit 1,9 Prozent auch noch ein Mandat im Stadtparlament seiner Heimatstadt Geesthacht.