„Phänomenaler Sieg“
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Mittwoch die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl gekippt. Rechtsaußen-Parteien jubeln.
Realistische Hoffnungen auf zumindest ein Mandat im EU-Parlament kann sich nach der Karlsruher Entscheidung die NPD machen. Würde sie ihr 1,3-Prozent-Ergebnis von der Bundestagswahl im vorigen Jahr halten, zöge Ex-Parteichef Udo Voigt nach Brüssel beziehungsweise Straßburg. Könnte die NPD ihr Ergebnis gar verbessern, hätte auch Olaf Rose, der als Mitarbeiter bei der sächsischen Landtagsfraktion beschäftigt ist, als Zweiter auf der Kandidatenliste noch Chancen. (bnr.de berichtete) In einer ersten per Facebook verbreiteten Stellungnahme nach der Urteilsverkündung geht die Partei von zwei sicheren Mandaten aus, macht sich aber sogar weitergehende Hoffnungen: „Es sind auch drei oder vier NPD-Vertreter in Straßburg möglich!“
NPD-Pressesprecher Frank Franz bejubelte einen „phänomenalen Sieg für die Nationaldemokraten und andere betroffene Parteien“. Zuversicht schöpft Franz aus den hohen Umfragewerten anderer europäischer Rechtsaußen-Parteien wie der FPÖ in Österreich und des Front National in Frankreich. Er zieht daraus den Schluss: „Die Zeit der nationalen Besinnung ist eingeläutet!“ Seinen Parteichef Udo Pastörs zitiert Franz mit den Worten, man werde sich jetzt „mit aller Kraft auf den Europawahlkampf konzentrieren. In Deutschland gibt es nur eine echte Opposition gegen das EU- und Eurokartell: die NPD“.
„Neues Wir-Gefühl“ in der NPD
Dabei setzt die NPD erneut darauf, gerade bei jüngeren Wählern punkten zu können. Die Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) kündigt aktuell einen Europakongress mit „verschiedenen Jugendgruppen aus mehreren Ländern“ an. Mitwirken sollen bei der Veranstaltung am 22. März auch Voigt und Rose. JN-Chef Andy Knape hofft auf ein „Neues Wir-Gefühl“ in der Partei, die in den letzten Jahren mehr durch persönliche und politische Streitigkeiten Schlagzeilen machte. Knape: „Was dieser Wahlkampf für die Gesamtpartei bedeutet, sollte mittlerweile auch jedes kleinste Organ innerhalb der Parteistrukturen verstanden haben.“
Auch rechtspopulistische Parteien zeigen sich nach der Urteilsverkündung optimistisch – nicht immer mit einem realistischem Hintergrund angesichts der eigenen Schwäche. Morgenluft wittern sogar die Republikaner, die sich seit zwei Jahrzehnten in einem kontinuierlichen Niedergang befinden. „Für uns REP wird es nach dem Einzug ins EU-Parlament darauf ankommen, mit den europäischen Partnern (z.B. der FPÖ) eine Fraktion zu bilden“, hieß es bei Facebook, als wäre ein Parlamentseinzug sicher oder auch nur wahrscheinlich. Bei der vorigen Bundestagswahl waren die REP auf gerade 0,2 Prozent gekommen.
„Weltanschaulich gefestigte Opposition von rechts“
Die rechtspopulistische Partei „pro NRW“ macht die Rechnung auf, dass „bereits rund 0,6 % der abgegebenen Stimmen in Deutschland reichen werden, um den ersten Abgeordneten stellen zu können“. Würde man das eigene Ergebnis von der Landtagswahl 2012 im Stammland Nordrhein-Westfalen (1,5 Prozent) wieder erreichen, seien bundesweit nur noch 30 000 bis 50 000 zusätzliche Stimmen erforderlich, „um als erste islam- und zuwanderungskritische Oppositionsbewegung aus Deutschland ins Europaparlament einzuziehen“, macht man sich Mut. Parteichef Markus Beisicht verrät schon einmal, mit wem seine „weltanschaulich gefestigte und gesund gewachsene Opposition von rechts“ im EU-Parlament zusammenarbeiten wolle. Er nennt die FPÖ, den belgischen Vlaams Belang, den Front National sowie die niederländische Wilders-Partei.
Christian Worchs Neonazi-Formation „Die Rechte“, für die die Europawahl eigentlich die erste Bewährungsprobe werden sollte, schafft es, in einer ersten Stellungnahme zur Karlsruher Entscheidung die eigene Partei mit keinem Wort zu erwähnen. Gut möglich, dass Parteigründer Worch die Hoffnung auf eine Wahlteilnahme bereits aufgegeben hat. Unlängst hatte er per Mail über den schleppenden Verlauf bei der Sammlung von Unterstützungsunterschriften geklagt. Spätestens am kommenden Montag bereits müssen die Unterlagen beim Bundeswahlleiter abgegeben worden sein. Dass „Die Rechte“ bis dahin die erforderlichen 4000 Unterstützer gefunden haben wird, erscheint unwahrscheinlich.